Entscheidungsstichwort (Thema)

Leibrente aus Erträgen eines Stiftungsvermögens

 

Leitsatz (redaktionell)

Gleichbleibende Leistungen aus den Erträgen eines Stiftungsvermögens, die die Ehefrau des verstorbenen Stifters aufgrund testamentarischer Anordnung und entsprechender Regelung in der Stiftungssatzung mit Vorrang vor allen anderen Zahlungen der Stiftung bis zu ihrem Lebensende bezieht, sind mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a) EStG als sonstige Einkünfte zu besteuern.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a)

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.07.2014; Aktenzeichen X R 41/12)

 

Tatbestand

Die Klägerin war die Ehefrau des am 24.02.2000 verstorbenen C. Dieser hatte bereits am 10.12.1984 die nicht rechtsfähige, von dem A-Verband für die Stadt B e.V. treuhänderisch verwaltete C-Stiftung gegründet, deren Aufgaben nach seinem Ableben aus dem dem A-Verband als Stiftungsträger hinterlassenen Vermögen erfüllt werden sollen, wobei gemäß § 3 Abs. 2 der Stiftungssatzung „entsprechend der letztwilligen Anordnung des Stifters aus den Erträgnissen vorweg 2.000 DM monatlich, höchstens jedoch im Jahr 10 v. H. der Erträgnisse” an die Klägerin lebenslänglich abzuführen waren. Dabei war dieser Betrag wertgesichert, nämlich an den Lebenshaltungskostenindex gekoppelt. Angesichts der voraussichtlichen Höhe des zu vermachenden Vermögens wurde die Stiftungssatzung am 27.03.1990 dahingehend geändert, dass für die Klägerin – ohne Bezugnahme auf die Erträgnisse – ein fester Betrag in Höhe von monatlich 5.000 DM (wertgesichert) ausbedungen wurde. Da das für die Stiftung anstehende Vermögen auch die in 1990 angenommene Höhe erheblich übersteigen sollte, wurde am 12.03.1997 die Stiftungssatzung erneut geändert und der Klägerin „entsprechend der letztwilligen Anordnung des Stifters … ein Betrag von jährlich 2 v.H. des dem A-Verband als Stiftungsträger hinterlassenen Vermögens, höchstens jedoch 120.000 DM” wertgesichert zugesagt. Eine entsprechende Vermächtnisanordnung enthält das notarielle Testament des Herrn vom Scheidt vom 14.01.1997.

Im Übrigen bestimmt die Stiftungssatzung seit 1984 unverändert in § 3 Abs. 3, dass das Stiftungsvermögen nach dem Ableben des Stifters unbeschadet der Bestimmung in Absatz 4 in seinem Wert ungeschmälert zu erhalten ist. § 3 Abs. 4 bestimmt, dass das Stiftungsvermögen nach dem Ableben des Stifters bis zu 10 vom Hundert seines Wertes in Anspruch genommen werden kann, wenn dies der Erfüllung des Stiftungszweckes dient und der mit der Inanspruchnahme verfolgte Stiftungszweck auf andere Weise nicht erreicht werden kann. In den folgenden Jahren ist dann das Stiftungsvermögen aus den Erträgen wieder auf seinen vollen Wert aufzufüllen, soweit die Abführung der Vorabbeträge gemäß Absatz 2 zu b) an die Ehefrau des Stifters und die Durchführung bereits eingeleiteter Maßnahmen hierdurch nicht beeinträchtigt wird. Wegen aller weiterer Regelungen wird auf die Stiftungssatzung vom 10.12.1984 und die Änderungen vom 27.03.1990 und 12.03.1997 Bezug genommen.

In ihrer am 08.11.2001 eingereichten Erbschaftsteuererklärung gab die Klägerin als zum Nachlass gehörende Renten oder andere wiederkehrende Bezüge einen „wertgesicherten Stiftungsbetrag” an, dessen Kapitalwert ausgehend von einem Jahreswert i.H. von 120.000 DM mit insgesamt 1.272.120 DM beziffert war. Unter Zugrundelegung dieses Werts errechnete das zuständige Finanzamt B einen der Klägerin von Todes wegen angefallenen Erwerb von insgesamt 2.686.646 DM, für den er mit geändertem Bescheid vom 13.04.2004 Erbschaftsteuer i. H. von 329.346 DM (= 168.391 Euro) festsetzte. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

In Erfüllung der testamentarisch verfügten Vermächtnisanordnung und der damit korrespondierenden Regelung in der Stiftungssatzung 1997 erhielt die Klägerin im Jahr 2001 (für 2000 und 2001 zusammen) 230.000 DM (= 117.591 Euro), im Jahr 2002 71.335 Euro, in den Jahren 2003 und 2004 jeweils 66.153 Euro sowie im Jahr 2005 67.300 Euro. Diese Zahlungen behandelte der Beklagte entsprechend den Angaben des damaligen Steuerberaters der Klägerin bei deren bestandskräftigen Einkommensteuerveranlagungen für 2001 bis 2003 als in vollem Umfang steuerpflichtige sonstige Bezüge (wiederkehrende Unterhaltsleistungen). Demgegenüber blieben die von der Stiftung geleisteten Zahlungen an die Klägerin – ausgehend von den abweichenden Erklärungsangaben ihrer nunmehr hinzugezogenen Steuerberaterin – bei der Einkommensteuerfestsetzung für 2004 gänzlich steuerfrei.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung der Klägerin und ihres (neuen) Ehemannes für das Kalenderjahr 2005 (Bescheid vom 21.09.2007) vertrat der Beklagte zunächst die Auffassung, die Zahlungen stellten (voll steuerpflichtige) Einnahmen aus Kapitalvermögen dar, in der Einspruchsentscheidung vom 05.06.2009 sodann wieder die Auffassung, bei den Zahlungen der Stiftung handele es sich um Versorgungs- und Unterstützungsleistungen, die gemäß § 22 Nr. 1 Satz 2a des Einkommensteuergesetzes (EStG) als wiederkehrende Bezüge voll zu best...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge