Entscheidungsstichwort (Thema)

Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und Abs. 3 S. 1,2 EStG 2005 sind Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Höchstbetrag von 20.000 als Sonderausgaben abziehbar. Der Gesetzgeber hat die Altersvorsorgeaufwendungen mit konstitutiver Wirkung durch § 10 Abs. 3 S. 5 EStG den Sonderausgaben zugewiesen und hierdurch eine Sperrwirkung gegenüber der generellen Regelung des § 10 Abs. 1 S. 1 EStG geschaffen.

2. Gegen die gesetzliche Zuweisung der Beiträge zur Rentenversicherung zu den Sonderausgaben und der damit einhergehenden beschränkten Abziehbarkeit bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1, §§ 9, 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 3 Sätze 1-2, 4-5

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 14.06.2016; Aktenzeichen 2 BvR 290/10)

BFH (Urteil vom 18.11.2009; Aktenzeichen X R 9/07)

BFH (Urteil vom 18.11.2009; Aktenzeichen X R 9/07)

 

Tatbestand

Strittig ist, ob die Beiträge der Klägerin zur gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe als vorweggenommene Werbungskosten im Hinblick auf zukünftige Renteneinkünfte abziehbar sind.

Die ledige Klägerin ist im Jahre 1977 geboren und war im Streitjahr 2005 als Angestellte nichtselbständig tätig. Von ihrem Arbeitslohn wurde ein Arbeitnehmeranteil (AN-Anteil) zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 2.692,65 EUR einbehalten. Der Arbeitgeber (AG) leistete einen steuerfrei belassenen Beitrag in gleicher Höhe, so dass die Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung insgesamt 5.385 EUR betrugen. Der Arbeitnehmeranteil an den übrigen Sozialversicherungsbeiträgen (Kranken-, Arbeitslosen- und Pflege-Versicherung) betrug 3.126 EUR. Daneben machte die Klägerin einen Beitrag zu einer privaten Unfallversicherung in Höhe von 99 EUR geltend.

Von den Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung (Altersvorsorgeaufwendungen) berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) einen Betrag in Höhe von 539 EUR, sowie von den übrigen Vorsorgeaufwendungen den Höchstbetrag von 1.500,– EUR als Sonderausgaben. Den als Altersvorsorgeaufwendungen abziehbaren Teil von 539 EUR ermittelte er, in dem er von den insgesamt geleisteten Rentenbeiträgen (AN + AG-Anteil 5.385 EUR) einen Anteil von 60 % (= 3.231 EUR) ansetzte und hiervon den steuerfreien Arbeitgeberanteil (2.692,– EUR) in Abzug brachte. Die Einkommensteuer wurde im Übrigen erklärungsgemäß bei einem zu versteuernden Einkommen von 24.450 EUR auf 4.109 EUR festgesetzt. Der Einkommensteuerbescheid vom 21.02.2006 ist nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig hinsichtlich der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 3, 4 und 4a Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Klägerin erhob Einspruch und beantragte unter Hinweis auf das beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Revisionsverfahren X R 11/05 (gegen das Urteil des FG Düsseldorf vom 17.03.2005 – 11 K 6920/02 E) das Ruhen des Einspruchsverfahrens bis zur Klärung der Frage, ob die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als vorweggenommene Werbungskosten bei den zukünftigen Renteneinkünften abziehbar sind.

Das FA verwies darauf, dass das angeführte Revisionsverfahren nur Veranlagungszeiträume bis 2004 betreffe und der BFH in seinem Beschluss vom 01.02.2006 X B 166/05 zu den ab dem Veranlagungszeitraum 2005 im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) geltenden Regelungen bereits grundsätzlich Stellung genommen hat.

Die Klägerin hielt weiter an ihrem Antrag fest, weil der BFH-Beschluss X B 166/05 in einem vorläufigen Verfahren (Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte) ergangen ist.

Das FA wies den Einspruch mit Entscheidung vom 18.05.2006 zurück. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, das von ihr angeführte Revisionsverfahren X R 11/05 betreffe nicht nur die Veranlagungszeiträume bis 2004, sondern auch das Streitjahr 2005. Durch das System des Sonderausgabenabzugs werde eine Doppelbesteuerung der zukünftigen Renteneinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vermieden. So seien im Veranlagungszeitraum 2005 im Ergebnis nur 20% ihres geleisteten Arbeitnehmeranteils an den Rentenversicherungsbeiträgen abziehbar. Ihre Aufwendungen dienten aber in voller Höhe dem Erwerb späterer Einnahmen. Sie verweist auf den rechtskräftigen Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 23.05.2005 – 7 S 4/03, EFG 2005, 1184 sowie darauf, dass gegen das BFH-Urteil vom 21.07.2004 X R 72/01 unter dem Az. 2 BvR 2299/04 eine Verfassungsbeschwerde anhängig ist. Sie beantragt, das Klageverfahren ruhend zu stellen.

Das FA ist mit einer Verfahrensruhe nicht einverstanden und will das Klageverfahren als Musterverfahren führen. Hierauf wurde die Klägerin mit Schreiben des Gerichts vom 11.09.2006 hingewiesen und ihr Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme gegeben. Auf ihren Schriftsatz vom 22.11.2006 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den angefochtenen Einkommen...

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