Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückabwicklung von Baukrediten: Vergleichsbeträge nur teilweise einkommensteuerpflichtig

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Vergleichsbetrag einer Bank an den Stpfl., der zivilrechtlich teilweise als Herausgabe von bzw. Wertersatz für Nutzungen (Nutzungsvorteile) zu qualifizieren ist, die die Bank aus laufenden Zins- und Tilgungszahlungen gezogen hat (Nutzungsersatz) und teilweise als Rückgewähr von Zinszahlungen zu qualifizieren ist, unterliegt nur in Höhe des Nutzungsersatzes der Besteuerung als Kapitaleinkünfte.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7; BGB §§ 492, 346 ff., § 357; EStG § 32d

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.11.2023; Aktenzeichen VIII R 30/19)

BFH (Aktenzeichen VIII R 30/19)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Zahlungen einer Bank aufgrund eines Vergleichs zwischen den Klägern und der Bank zur Abwicklung der gegenseitigen Ansprüche aus dem Widerruf von Darlehensverträgen der Kapitalertragsteuer unterliegen.

Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Ehegatten, die auch der Kirchensteuerpflicht unterliegen. Sie erzielten im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Abgeltungssteuer unterlagen. Letzteres ist unstreitig für inländische Kapitalerträge unter anderem aus Aktienveräußerungen in Höhe von 3.490,56 EUR. Weiter legten die Kläger im Rahmen ihrer Steuererklärung eine Steuerbescheinigung der …bank vor, nach der sie Kapitalerträge in Höhe von 4.225,00 EUR erzielten, auf die nach Berücksichtigung des in Anspruch genommenen Sparer-Pauschbetrags in Höhe von 1.115 EUR Kapitalertragsteuer i.H.v. 777,50 EUR und Solidaritätszuschlag hierauf in Höhe von 42,76 EUR entfielen. Die Kläger sind der Ansicht, dass die Erträge zu Unrecht als Kapitalerträge behandelt worden seien. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Kläger nahmen mit Darlehensverträgen vom 13.04.2004 (Kopien Bl. 52 – 55 und 77 – 80 der FG-Akte) bei der …Bank (nachfolgend Bank), einem Geschäftsbereich der …bank, ein auf mehrere Kontonummern (Hauptdarlehensnummer …, Endnummern 014, 022, 030) aufgeteiltes Immobiliendarlehen wie folgt auf:

Teildarlehen

014

022

030

Gesamt

Nominalbetrag EUR

100.000,00

107.500,00

8.750,00

216.250,00

Auszahlungsbetrag

99.700,00

107.500,00

8.750,00

215.950,00

Nominalzins p.a.

4,88%

4,88%

5,63%

Anfänglicher Effektivzins p.a.

4,97%

4,97%

5,78%

Tilgung p.a.

1,00%

1.250,00 EURab 02.03.2005 1 × jährlich

Zinsbindungsdauer

31.06.2014

30.06.2014

30.03.2011

Monatliche Leistung Kläger EUR

488,33 (Zins und Tilgung)

435,38 (Zins)

41,05 (anfänglich – Zins)

Prognostische Restvaluta Ende Zinsbindung EUR

87.291,51

107.500,00

194.791,51

Die Darlehen wurden zum 01.06.2004 ausgegeben. Im Mai und Juni 2004 lag der durchschnittliche Zins für Immobiliarkredite an private Kreditnehmer mit Zinsbindung und Laufzeit von über 5 bis 10 Jahren ausweislich der Zinsstatistik der Bundesbank bei 4,91% und 4,96%. Die Kürzung der Auszahlung des Teildarlehens 014 beruht auf der – trotz des angegebenen Auszahlungskurses von 100,00 EUR – erfolgten Verrechnung mit einer „Bearbeitungsgebühr” in Höhe von 300,00 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten der Teildarlehen 014, 022 und 030 wird auf die Darlehensverträge vom 13.04.2004 Bezug genommen. Soweit in der Vergleichsvereinbarung noch eine Darlehenskontoendnummer 049 erwähnt ist, liegen keine Unterlagen vor. Allerdings entspricht die in der Vereinbarung erwähnte Darlehensgesamtsumme von 216.250,00 EUR der Summe der Teildarlehen 014, 022 und 030.

Das Teildarlehen 030 wurde durch die jährlichen Tilgungen wie vorgesehen zum 30.03.2011 zurückgeführt, die Teildarlehen 014 und 022 wurden jeweils zum Ende der vorgesehenen Zinsbindungsdauer 30.06.2014 abgelöst, wobei die Kläger zu diesem Termin insgesamt einen Betrag in Höhe von 195.192,65 EUR entrichteten.

Mit Schreiben der von ihnen beauftragten Rechtsanwälte L vom 09.01.2019 (Kopie Bl. 96 der FG-Akte) machten die Kläger geltend, die Widerrufsbelehrung zu den 2004 geschlossenen Darlehensverträgen sei unwirksam. Gemäß §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346 BGB seien die empfangenen Leistungen aufgrund ihres Widerrufs zurückzugewähren. Zugleich machten sie einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung (Nutzungsersatz auf Zins- und Tilgungsleistungen) in Höhe von 23.522,75 EUR geltend. Dieser ergebe sich daraus, dass die Bank Zinsen für den Zeitraum vom 01.06.2004 bis zum 01.05.2014 auf die seitens der Kläger laufend entrichteten Zins und Tilgungsleistungen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz als Nutzungswertersatz zu leisten hätte. Die Berechnung, auf die in dem Schreiben Bezug genommen wird, wurde dem Gericht trotz Aufforderung nicht vorgelegt. Erstmals mit Schreiben vom 20.01.2017 (Bl. 95 der FG-Akte) bot die Bank im Interesse einer gütlichen Einigung an, einen Betrag in Höhe von 4.225,00 EUR zu zahlen. Dabei wies sie darauf hin, dass dieser „Erstattungsbetrag” ganz oder teilweise der Kapitalertragsteuer unterliegen könne.

Im weiteren Schrif...

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