Entscheidungsstichwort (Thema)

Finanzgericht Köln fordert EuGH zur Definition ausländischer "finaler Verluste" auf

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ist Art. 49 AEUV (Art. 43 EGV) so zu verstehen, dass er einer Regelung wie § 52 Abs. 3 EStG entgegensteht, soweit Ursache der Hinzurechnung in Höhe zuvor steuermindernd berücksichtigter Verluste aus einer ausländischen Betriebstätte die Veräußerung dieser Betriebstätte an eine andere Kapitalgesellschaft, die zu dem gleichen Konzern wie die Veräußerin gehört, und nicht die Erzielung von Gewinnen ist?

2) Ist Art. 49 AEUV (Art. 43 EGV) so zu verstehen, dass er einer Regelung wie Art. 23 Abs. 1a des DBA Deutschland/Österreich 2000, wonach von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer Einkünfte aus Österreich ausgenommen werden, wenn diese in Österreich besteuert werden dürfen, entgegensteht, wenn in einer österreichischen Betriebstätte einer deutschen Kapitalgesellschaft angefallene Verluste deshalb nicht mehr in Österreich berücksichtigt werden können, weil die Betriebstätte an eine österreichische Kapitalgesellschaft, die zu dem gleichen Konzern gehört wie die deutsche Kapitalgesellschaft, veräußert wird?

 

Normenkette

AEUV Art. 267; EGV Art. 43, 48; AEUV Art. 49, 54; EStG §§ 2a, 52; KStG § 8; DBA Österreich Art. 23, 7; FGO § 74

 

Nachgehend

EuGH (Urteil vom 17.12.2015; Aktenzeichen C-388/14)

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen des Verfahrens zur Körperschaftsteuer 2005 inhaltlich über die Berechtigung des Beklagten, in den Jahren 1997 und 1998 nach § 2a Abs. 3 Sätze 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. vor dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) bzw. dem Gesetz zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften – Steuerbereinigungsgesetz 1999 – vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2601) – EStG a.F. – bei der Besteuerung der Klägerin berücksichtigte Verluste aus ihrer österreichischen Betriebstätte nach § 2a Absätze 3 und 4 i. V. m. § 52 Absatz 3 EStG 2005EStG – i.V.m. § 8 Abs. 1 des KörperschaftsteuergesetzesKStG – wieder hinzuzurechnen, sowie außerdem über die Verpflichtung des Beklagten, Verluste der österreichischen Betriebstätte aus den Jahren 1999 bis 2004 im Hinblick auf die konzerninterne Veräußerung der Betriebstätte im Streitjahr zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist eine deutsche Kapitalgesellschaft. Sie gehört zu der französischen Unternehmensgruppe A, A Inc. in B (Frankreich). Ihre unmittelbare Anteilseignerin war im Streitzeitraum die Firma C International S.A. in B. Die Klägerin unterhielt seit dem 6. Oktober 1997 eine Vertriebs-Betriebstätte in Österreich, die zum 31. August 2005 entgeltlich auf die Firma D E-Produktions- und Handels-GmbH in F (Österreich) übertragen wurde, die zu dem gleichen Konzern wie die Klägerin gehört. Gegenstand des Kaufvertrages war insbesondere das Inventar. Der Kundenstock wurde zu einem Preis von 1 EUR übertragen, da die Kunden bereits Kunden der erwerbenden Schwestergesellschaft waren.

Die Betriebstätte in Österreich und die inländischen Teile der Klägerin erzielten in den hier interessierenden Jahren zwischen 1997 und 2005 folgende Ergebnisse:

Jahr

Gewinn insgesamt

Betriebstättengewinn Österreich

Gewinn ohne Betriebstätte Österreich

1997

-50.752,88 DM

-77.248,61 DM

26.495,73 DM

1998

-727.103,61 DM

-348.506,65 DM

-378.596,96 DM

1999

51.002,45 DM

-11.831,03 DM

62.833,48 DM

2000

7.486,40 DM

2.056,51 DM

5.429,89 DM

2001

13.498,71 EUR

-39.104,31 EUR

52.603,02 EUR

2002

22.896,68 EUR

-5.416,52 EUR

28.313,20 EUR

2003

179.933,42 EUR

-153.944,21 EUR

333.877,63 EUR

2004

-137.288,03 EUR

-188.333,99 EUR

51.045,96 EUR

2005

13.777,95 EUR

1.081,20 EUR

12.696,75 EUR

Der Verlust i.H.v. 39.496,59 EUR aus der österreichischen Betriebstätte im Jahr 1997 wurde auf Antrag der Klägerin zunächst mit dem inländischen Gewinn verrechnet und der überschießende Betrag zurückgetragen. Da im Jahr 1998 die inländische und die österreichische Betriebstätte Verluste erwirtschafteten, erfolgte auf Antrag der Klägerin ein Verlustrücktrag i.H.v. 178.188,62 EUR in das Jahr 1996.

Die nach § 2a Abs. 3 Satz 5 EStG a.F. für die Jahre 1997 und 1998 vorzunehmenden Feststellungen der Hinzurechnungsbeträge unterblieben. Auch für die Jahre 1999 bis 2005 kam es zunächst nicht zu den nach § 52 Absatz 3 EStG gebotenen Feststellungen entsprechend § 2a Abs. 3 Sätze 3, 5 und 6 EStG. Außerdem unterblieben die nach § 52 Abs. 3 i.V.m. § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG in den Jahren 2000 und 2005 vorzunehmenden Hinzurechnungen im Hinblick auf die geringfügigen Gewinne der österreichischen Betriebstätte. Letztlich unterblieb auch die nach § 52 Abs. 3 i.V.m. § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG gebotene Hinzurechnung im Jahr der Veräußerung der Betriebstätte.

Nachdem die Klägerin zunächst im Wesentlichen erklärungsgemäß veranlagt worden war, wurden nach einer steuerlichen Außenprüfung die Feststellungen für 1997 bis 2004 nachgeholt und für das Jahr 2005 eine Hinzurechnung nach § 2a Abs. 4 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 3 EStG im Umfang von 216.633,73 EUR vorgenommen. Di...

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