Entscheidungsstichwort (Thema)

§ 50d Absatz 3 EStG in der aktuellen Fassung europarechtswidrig?

 

Leitsatz (redaktionell)

Es bestehen Bedenken, ob § 50d Abs. 3 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG vom 7.12.2001 mit der Niederlassungsfreiheit als primären Gemeinschaftsrecht und mit der Mutter-Tochter-Richtlinie als sekundärem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.

 

Normenkette

AEUV Art. 49; EStG § 50d Abs. 3

 

Tatbestand

A.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin im Hinblick auf Dividendenausschüttungen ihrer in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaft in 2013 ein Anspruch auf Erstattung von Kapitalertragsteuer zusteht. Dabei ist insbesondere streitig, ob § 50d Abs. 3 EStG in der ab 2012 geltenden Fassung dem entgegensteht.

Eigenschaften der Klägerin

Die Klägerin ist eine in den Niederlanden ansässige Kapitalgesellschaft. Sie gehört zur Y & X-Gruppe. Obergesellschaft der Gruppe ist die Y & X …–KG (Y&X KG) mit Sitz in W. Gesellschafter der Y&X KG sind ca. … natürliche Personen (Familiengesellschafter) sowie eine …. Zudem bestehen an den Anteilen an der Y&X KG zahlreiche Unterbeteiligungen. Die Y&X KG hält unmittelbare und mittelbare Beteiligungen an zahlreichen in- und ausländischen Unternehmen, die entweder dem klassischen Betätigungsfeld der M-Produktion zuzuordnen sind, oder aber dem Bereich der F-Produktion (insbesondere …).

An der Spitze der im Streitfall allein relevanten M-Sparte steht als inländische operative Gesellschaft die Y & X GmbH & Co. KG, W (Y&X GmbH & Co. KG; vor dem 1. Oktober 2012: Y&X KG). Diese hält unter anderem alle Anteile an der Y & X Auslandsbeteiligungen GmbH, W (Y&X AB GmbH), welche ihrerseits wiederum seit Gründung der Klägerin in 2005 Alleingesellschafterin der Klägerin ist.

Von 2006 bis zum 7. November 2013 war die Klägerin an der im Inland ansässigen M P (M P GmbH) beteiligt, zuletzt zu 93,66 %.

Neben ihrer Beteiligung an der M P GmbH hielt die Klägerin auch noch Anteile an zahlreichen operativen Auslandsgesellschaften.

Die Beteiligungsstruktur stellte sich im Streitjahr 2013, soweit im Streitfall von Bedeutung, wie folgt dar.

Geschäftstätigkeit der Klägerin

Die tatsächlich ausgeübte Geschäftstätigkeit der Klägerin konzentrierte sich auf drei Aktivitäten:

  1. Holdingtätigkeit
  2. Finanzierungsgesellschaft
  3. Einkaufsgesellschaft.

Mit Blick auf die Holdingtätigkeit wurde im Rahmen des M-Bereichs der Y&X-Gruppe aus organisatorischen Gründen eine grundsätzliche Trennung zwischen deutschem M-Geschäft und ausländischem M-Geschäft etabliert. Aus deutscher Sicht ist das gesamte M-Auslandsgeschäft unterhalb der Y&X Auslandsbeteiligungen GmbH „aufgehängt” und sind die einzelnen Beteiligungen dann in den Niederlanden bei der Klägerin konzentriert. Die Klägerin hält zahlreiche Beteiligungen im Umfang zwischen 49,9 % und 100 % an ausländischen Kapitalgesellschaften in …

Im Verhältnis zu ihren Tochtergesellschaften und Gesellschaftsbeteiligungen kommt der Klägerin die Rolle einer Finanz- und Verwaltungsholding zu: Sie beschränkt sich auf das Halten und Verwalten der gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen und erbringt gegenüber den betreffenden Gesellschaften darüber hinaus keine Management-/Geschäftsführungs-Leistungen gegen Entgelt. Im Streitjahr 2013 erzielte die Klägerin aus diesen Beteiligungen an verbundenen Unternehmen – einschließlich der streitigen Gewinnausschüttung von der M P GmbH i.H.v. … € – Dividendenerträge in Höhe von insgesamt … € (Vorjahr: … €).

Mit Blick auf ihre Funktion als Finanzierungsgesellschaft hinsichtlich der im Ausland ansässigen Tochter- und Beteiligungsgesellschaften dient die Klägerin als zentrale „Kapitaldrehscheibe”. Über sie wird die Finanzierung der verschiedenen operativ im Bereich der M-Produktion tätigen Gesellschaften durch bedarfsgerechte Vergabe von Darlehen (und ggf. Eigenkapital) koordiniert, wobei die hierfür verwendeten Mittel grundsätzlich aus Krediten oder Gewinnausschüttungen von Tochter- und Beteiligungsgesellschaften mit überschüssiger Liquidität sowie ferner aus Einlagen stammen.

Aus der Darlehensvergabe an verbundene Unternehmen (ausschließlich der M P GmbH) erzielte die Klägerin auf der Basis fremdüblicher Konditionen jährlich Zinserträge. Im Jahr 2013 beliefen sich diese Erträge auf … € (Vorjahr: … €). Die Klägerin hatte der M P GmbH kein Darlehen gewährt. Finanzielle Mittel, die nicht unmittelbar von Tochter- und Beteiligungsgesellschaften benötigt werden, legt die Klägerin nach Möglichkeit ertragsbringend an. Insofern erwirtschaftete sie im Streitjahr 2013 aus der Verwaltung und Anlage finanzieller Mittel noch weitere Zins- und ähnliche Erträge i.H.v. … € (Vorjahr: … €) sowie Dividenden aus Beteiligungen an nicht mit ihr verbundenen Unternehmen i.H.v. … € (Vorjahr: … €) und sonstige betriebliche Erträge (u.a. Währungsgewinne aus Kurssicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit einer … Tochtergesellschaft) i.H.v. … € (Vorjahr: … €).

Des Weiteren trat bzw. tritt die Klägerin in einigen Fällen auch als Einkaufsgesellschaft der gesamten Y&X-Gruppe im Hinblick auf den Erwer...

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