Entscheidungsstichwort (Thema)

Erzwingungshaft, Vermögensauskunft, Haftbefehl

 

Leitsatz (redaktionell)

Vorläufiger Rechtsschutz gegen einen Antrag des Finanzamtes auf Haftanordnung zur Erzwingung einer Vermögensauskunft kann auch dann noch gewährt werden, wenn das Amtsgericht bereits einen Haftbefehl erlassen hat.

 

Normenkette

AO § 284 Abs. 8; FGO § 69 Abs. 2-3; ZPO § 802g; AO § 258

 

Tatbestand

A.

Der Antragsgegner betrieb gegen den in seinem Zuständigkeitsbereich wohnhaften Antragsteller die Vollstreckung wegen Lohnsteuer 2012, Umsatzsteuer 2010 bis 2012 und Einkommensteuer 2011. Die Forderungen waren im Wesentlichen seit Juli 2015 fällig. Wegen eines im Einzelnen aufgeschlüsselten Betrags in Höhe von 7.377 € verfügte der Antragsgegner unter dem 11.12.2015 die Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft. Er führte unter Hinweis auf § 284 AO aus, der Antragsteller müsse die Auskunft erteilen, wenn er die Rückstände nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Ladung begleiche. Zur Abgabe der Vermögensauskunft habe er am 3.2.2016 um 9:00 Uhr an Amtsstelle zu erscheinen. Er habe zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht zu haben. Wenn er ohne ausreichende Entschuldigung im anberaumten Termin nicht erscheine oder die Abgabe der Vermögensauskunft verweigere, könne er, der Antragsgegner, das zuständige Amtsgericht ersuchen, die Haft zur Erzwingung der Abgabe anzuordnen. Die Ladung zur Abgabe der Vermögenauskunft wurde dem Antragsteller am 14.12.2015 zugestellt.

Der Antragsteller beglich die Rückstände nicht. Am 2.2.2016 teilte er per Telefax mit, er sei auf Grund seiner Erkrankung derzeit nicht in der Lage, der Aufforderung zur Vermögensauskunft nachzukommen. Beigefügt hatte er eine Bescheinigung vom 29.01.2016, wonach er ab diesem Tag bis einschließlich 15.2.2016 arbeitsunfähig sei. Aussteller war ein in M praktizierender Facharzt für Orthopädie. Der Antragsteller erklärte weiter, er werde die offenen Beträge bis zum 1.3.2016 begleichen und beantrage daher, bis auf weiteres von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung abzusehen. Da er nicht wisse, ob er nach dem 15.2.2016 ladungsfähig sei, bitte er gegebenenfalls um einen Ladungstermin ab dem 1.3.2016. Am 3.2.2016 erschien der Antragsteller nicht.

Mit Schreiben vom 10.2.2016 lehnte der Antragsgegner den „Antrag auf Vollstreckungsaufschub” vom 2.2.2016 ab. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung besage lediglich, dass der Antragsteller seiner Arbeit nicht nachkommen könne. Dies bedeute nicht zwangsläufig, dass er nicht in der Lage sei, einen Vordruck auszufüllen und die gemachten Angaben an Amtsstelle an Eides statt zu versichern.

Ebenfalls unter dem 10.2.2016 bat der Antragsgegner beim Amtsgericht K um Anordnung der Haft nach § 284 Abs. 8 AO zur Erzwingung der Abgabe der Vermögensauskunft gegen den Antragsteller. Der Antragsgegner fügte Kopien der Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft und der Zustellungsurkunde bei und führte aus, der Antragsteller sei in dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft ohne ausreichende Entschuldigung nicht erschienen.

Unter dem gleichen Datum übersandte der Antragsgegner dem Antragsteller schließlich eine Abschrift seines „Ersuchens” an das Amtsgericht mit der Bitte um Kenntnisnahme.

Am 16.2.2016 ordnete das Amtsgericht auf Antrag des Antragsgegners gegen den Antragsteller die Haft an, um die Abgabe der Vermögensauskunft zu erzwingen. Das Gericht stützte den Haftbefehl auf § 802g ZPO und § 284 AO. Der Antragsteller sei zu dem Termin am 3.2.2016 unentschuldigt nicht erschienen. Der Haftbefehl wurde dem Antragsgegner übersandt und bisher – mit Rücksicht auf das hier anhängige Verfahren – nicht vollstreckt.

Unter dem 24.2.2016 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beim Antragsgegner, vorläufig keinen Gebrauch von dem Haftbefehl zu machen und dem Antrag auf Vollstreckungsaufschub vom 2.2.2016 zu entsprechen; insoweit lege er gegen die Verfügung vom 10.2.2016 auch Einspruch ein. Beigefügt war eine Bescheinigung desselben Arztes vom 16.2.2016, dass der Antragsteller nunmehr bis 1.3.2016 arbeitsunfähig sei.

Der Antragsgegner erwiderte unter dem 26.02.2016, dass er den Rechtsbehelf für unbegründet halte und der Haftbefehl bereits vorliege.

Am 7.3.2016 hat der Antragsteller bei Gericht Eilrechtsschutz beantragt.

Am 13.4.2016 wies der Antragsgegner den Einspruch gegen die Ablehnung des Vollstreckungsaufschubs als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen von § 258 AO lägen nicht vor. Die Fortsetzung des Vollstreckungsverfahrens sei nicht unbillig. Die Ablehnung des Antrags auf Vollstreckungsaufschub und der Antrag auf Erlass des Haftbefehles seien ermessensfehlerfrei. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Am 17.5.2016 hat der Antragsteller Klage erhoben. Er beantragt, die Einspruchsentscheidung aufzuheben und dem Einspruch vom 24.2.2016 „gegen die Ablehnung des klägerischen Antrags auf Vollstreckungsaufschub gegen die Abgabe der V...

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