Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH XI B 93/22)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassen-Nachschau: Voraussetzungen für den Übergang zur Außenprüfung bei einer Kassen-Nachschau

 

Leitsatz (amtlich)

1. Werden bei der Kassen-Nachschau dem Prüfer nicht die erbetenen Unterlagen übergeben, ist dies ein Grund, den Übergang zur Betriebsprüfung anzuordnen.

2. Der Betriebsprüfer verwirkt nicht die Möglichkeit des Übergangs, wenn er diesen nicht sofort anordnet, sondern er dem Steuerpflichtigen zunächst die Chance einräumt, die Unterlagen nachzureichen.

3. Weitere Voraussetzungen werden in § 146b Abs. 3 AO nicht normiert und sind auch nicht erforderlich. Der Steuerpflichtige ist nicht schlechter gestellt als wenn er eine "normale" Prüfungsanordnung gemäß § 196 AO erhalten hätte. Insbesondere handelt es sich bei dem § 146b Abs. 3 AO nicht um eine Norm mit Bestrafungscharakter.

4. Es ist nicht erforderlich, dass es sich bei den Feststellungen während der Kassen-Nachschau um unstreitige Feststellungen handelt.

5. Es ist nicht die Verpflichtung des Innendienstes oder des Prüfers, der die Kassen-Nachschau gemacht hat, nachträglich eingereichte Unterlagen vollständig außerhalb einer Außenprüfung zu überprüfen. Dies ist Aufgabe einer Außenprüfung. 6. Es ist auch weder Aufgabe des Gerichts vorab im Rahmen der Überprüfung der Übergangsanordnung selbst eine Belegprüfung durchzuführen, noch ist es erforderlich, eine vollständige rechtliche Überprüfung der streitigen Fragen im Rahmen dieses Gerichtsverfahrens vorzunehmen. Eine Grenze ist nur dann erreicht, wenn die Feststellungen des Betriebsprüfers greifbar rechtswidrig sind.

 

Normenkette

AO § 146b; UStG § 27b; FGO § 102

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Aufhebung eines Bescheides gemäß § 146b Abs. 3 der Abgabenordnung (AO).

Die Klägerin ist eine in 2001 gegründete GmbH …. Die Klägerin betreibt ein ... Restaurant ... in der X-Straße in Hamburg. Seit dem 1. Januar 2017 waren zwei Gesellschafter zu gleichen Teilen an der Klägerin beteiligt. Seit dem ... 2019 ist nur noch ein Gesellschafter vorhanden, der zudem der alleinige Geschäftsführer der Klägerin ist. Die Klägerin benutzt ein elektronisches Kassensystem.

Am 15. September 2021 wurde bei der Klägerin eine Kassen-Nachschau gemäß § 146b AO in der Zeit von 10.15 Uhr bis 12.28 Uhr durchgeführt. Der Umfang der Nachschau beinhaltete die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung. Bei der Prüfung waren sieben Mitarbeiter der Klägerin anwesend. Die drei Prüfer des Beklagten meinten, dass die Bankeinzahlungen unregelmäßig erfolgt seien und vermuteten, dass das Bargeld bis zur Einzahlung bei der Bank zu Hause beim Geschäftsführer aufbewahrt worden sei. Sie stellten fest, dass das Restaurant 92 Plätze innen und 26 außen hat. Nach den Feststellungen der Prüfer war viel Laufkundschaft vorhanden. Die von den Prüfern erbetenen Aufzeichnungen stellten die Mitarbeiter der Klägerin den Prüfern nicht zur Verfügung. Sie begründeten dies damit, dass diese Unterlagen im Büro des Geschäftsführers verschlossen seien und nur der Geschäftsführer einen Schlüssel zu dem Büro habe. Bei dem Versuch eines Kassensturzes wurde ein Kassenbestand in Höhe von 500,51 € festgestellt. Dieser Bestand konnte nicht abgestimmt werden, weil die entsprechenden Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt wurden. Die Prüfer übergaben eine Liste der nachzureichenden Unterlagen, auf welche wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird.

Am 30. September 2021 schrieb der Betriebsprüfer an seine Kollegen, dass Frau A bei ihm gewesen sei und die Unterlagen für die Kassen-Nachschau gebracht habe. Außerdem führte er in seiner E-Mail weiter aus:

"Schon beim ersten Durchsehen der Unterlagen ist festzustellen, dass für Entnahmen und Einlagen keine Eigenbelege angefertigt werden. Ich habe Frau A schon erklärt, dass es sich dabei um materielle Mängel der Buchführung handelt, die eine tiefergehende Prüfung erfordern. Der Überleitungsgrund war also schon nach kaum 5 Minuten gefunden. [Smiley]"

In einer weiteren E-Mail vom 30. September 2021 teilte der Prüfer mit, dass ihm bewusst geworden sei, dass es sich bei der Klägerin um eine GmbH handele und es daher keine Entnahmen oder Einlagen in diesem Sinne geben könne. Außerdem habe er festgestellt, dass mehr Beträge aus der Gesellschaft ins Privatvermögen flößen als umgekehrt. Zudem habe er festgestellt, dass an zwei Tagen die unbaren Erlöse die Gesamterlöse überstiegen. Dies sei ein gewichtiges Indiz für eine unvollständige Erlösaufzeichnung.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 2021 teilte der Beklagter der Klägerin den Übergang zu einer Außenprüfung gemäß § 146b Abs. 3 AO mit. Die Außenprüfung sollte sich auf den Zeitraum 2017 bis 2019 erstrecken und neben der Körperschaftsteuer, insbesondere auch die Gewerbesteuer und die Umsatzsteuer umfassen. Es wurde mitgeteilt, dass die drei Prüfer, die bei der Kassen-Nachschau beteiligt waren, auch die Betriebsprüfung durchführen sollten und als Prüfungsort die Amtsräume vorgesehen seien. Prüfungsbeginn sollte voraussichtlich Okt...

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