Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerbeiträge nach dem Ersten Ruhegeldgesetz gehören zum Arbeitslohn

 

Leitsatz (redaktionell)

Beiträge der Arbeitnehmer nach dem Ersten Ruhegeldgesetz mindern den Arbeitslohn nicht.

 

Normenkette

EStG §§ 38, 38a; LStDV § 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.07.2005; Aktenzeichen VI R 165/01)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der von der Beigeladenen gemäß dem 1999 geänderten Ersten Ruhegeldgesetz einbehaltene Arbeitnehmerbeitrag des Klägers im Zeitpunkt des Einbehalts lohnsteuerpflichtig ist.

Der Kläger ist Arbeitnehmer der Beigeladenen, einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Anstaltsträger ist die Freie und Hansestadt Hamburg. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers ist kraft Tarifvertrags die jeweils geltende Fassung des Gesetzes über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg - Erstes Ruhegeldgesetz - 1. RGG - vom 30. Mai 1995 (Hamburgisches GVBl. 1995, S. 108) anzuwenden. Dieses Gesetz sieht in seinem § 1 vor, dass Arbeitnehmer der Freien und Hansestadt Hamburg eine Versorgung als Ruhegeld oder Hinterbliebenenversorgung erhalten. Auf die Versorgung wird nach § 1 Abs. 3 keine Anwartschaft geleistet.

Durch das Gesetz zur Änderung ruhegeldrechtlicher Vorschriften vom 14. Juli 1999 (Hamburgisches GVBl. 1999, S. 148) wurden u.a. die §§ 1a, 1c, 1d und 1e neu in das 1. RGG eingefügt. Diese Vorschriften lauten auszugsweise:

"§ 1a

Grundlagen, Beitragssatz

Die Arbeitnehmer leisten einen Beitrag zu den Versorgungsausgaben. Der Anfangsbeitragssatz beträgt 1,25 vom Hundert. ..."

§ 1c

Bemessungsgrundlage

Grundlage für die Erhebung des Beitrags ist das als Arbeitnehmer der Freien und Hansestadt Hamburg erzielte steuerpflichtige Arbeitsentgelt. Der Beitrag wird vom Arbeitsentgelt einbehalten.

§ 1d

Sondervermögen, Versorgungsrückstellungen

(1) Die einbehaltenen Beiträge werden Sondervermögen oder Versorgungsrückstellungen zugeführt. ...

§ 1e

Beitragserstattung

(1) Endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass ein Anspruch auf Versorgung nach diesem Gesetz oder eine Anwartschaft auf Leistungen ... entstanden ist, werden dem früheren Arbeitnehmer die von ihm entrichteten Beiträge vom Sondervermögen oder aus den Versorgungsrückstellungen erstattet."

Die Beigeladene beantragte mit Schreiben vom 23.7.1999 die Erteilung einer verbindlichen Auskunft gemäss § 42e EStG über die lohnsteuerliche Behandlung von Zahlungen nach dem geänderten 1. RGG. In Übereinstimmung mit der OFD Hamburg antwortete der Beklagte mit Schreiben vom 27. Dezember 1999, der für die Lohnsteuer maßgebliche Arbeitslohn sei weiterhin der laut Arbeits- bzw. Tarifvertrag festgelegte Bruttolohnanspruch. Der von den Arbeitnehmern nach dem geänderten 1. RGG zu leistende Beitrag zur Sicherung der Altersversorgung vermindere den Bruttolohn nicht. Aufgrund der Beiträge erlangten die Arbeitnehmer keine höheren oder zusätzlichen Ansprüche auf Zusatzversorgung. Die Beiträge dienten nur der Finanzierung der bisher zugesagten Zusatzversorgung. Beim Arbeitnehmer lägen jedoch Werbungskosten vor.

Der tarifliche Bruttolohn des Klägers im Januar 2000 betrug 8.296 DM. Davon behielt die Beigeladene gemäss §§ 1a, 1c des 1. RGG einen Anteil von (1,25 % =) 103,70 DM ein. Auf diesen Betrag von 103,70 DM führte sie gemäss ihrer am 21. Januar 2000 beim Beklagten eingegangenen Lohnsteueranmeldung für Januar 2000 anteilige Lohnsteuer von 46,34 DM sowie den anteiligen Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer in Höhe von 2,55 DM ab.

Der am 2. Februar 2000 vom Kläger eingelegte Einspruch gegen die Lohnsteueranmeldung wurde vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 10. April 2000 als zulässig, aber unbegründet zurückgewiesen: Der Kläger sei als Gläubiger des Arbeitslohns Steuerschuldner i. S. d. §§ 38 Abs. 2 und 42d Abs. 3 EStG und somit einspruchsbefugt. Der gemäß §§ 1a, 1c 1. RGG von der Beigeladenen einbehaltene Beitrag des Arbeitnehmers zu den Versorgungsausgaben sei aber gemäss §§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, 2 Abs. 1 LStDV Arbeitslohn. Dieser Arbeitslohn sei dem Kläger auch bereits im Januar 2000 zugeflossen. Der Versorgungsbeitrag nach dem geänderten 1. RGG stelle keine Pensionszusage dar, die vom Arbeitnehmer durch Verzicht auf zukünftige Gehaltsansprüche für eine aktive Tätigkeit finanziert werde. Es liege zwischen dem Kläger und der Beigeladenen keine derartige Vereinbarung über die Umwandlung zukünftiger noch nicht entstandener Lohnansprüche vor. Der Kläger und die Beigeladene hätten die Vergütungsabrede auch nicht dahingehend geändert, dass dem Kläger nur noch ein vermindertes Arbeitsentgelt gezahlt werde und er als Ausgleich eine Versorgungszusage erhalte.

Der Kläger hat mit am 9. Mai 2000 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben. Das Finanzamt Hamburg-... als für den Kläger zuständiges Wohnsitzfinanzamt hat am 19. Februar 2001 einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 erlassen. Das Einspruchsverfahren dagegen ist bis zur Entscheidung über diese Klage ausgesetzt worden.

Der Kläger ist der Ansicht, er ha...

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