Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerrückstellungen nach Betriebsprüfung; außerbilanzielle Korrekturen nach § 10 Nr. 2 KStG

 

Leitsatz (amtlich)

Muss ein Steuerpflichtiger im Zeitpunkt der Bilanzerstellung nicht damit rechnen, dass das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung annehmen wird, so ist die Bilanz nicht unrichtig, wenn er keine entsprechend höhere Gewerbesteuerrückstellung bildet. Der Betriebsprüfer ist dann nicht berechtigt, der Besteuerung des geprüften Veranlagungszeitraums eine von der Steuerbilanz abweichende Prüferbilanz mit einer höheren Gewerbesteuerrückstellung zugrunde zu legen. Die entsprechende Rückstellung ist erst im Jahr der Betriebsprüfung zu bilden.

Wird eine Rückstellung für nichtabziehbare Personensteuern oder Nebenleistungen später aufgelöst, ist der Ertrag hieraus in entsprechender Anwendung des § 10 Nr. 2 KStG grundsätzlich außerbilanziell zu neutralisieren.

Wurde die Rückstellung jedoch vor dem 01.01.1999 für Nachforderungszinsen auf eine Körperschaftsteuerforderung gebildet, führte dies nach der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung des § 10 Nr. 2 KStG zu einer abziehbaren Betriebsausgabe. Die Auflösung einer derartigen Rückstellung ist, auch wenn sie nach dem 01.01.1999 erfolgt, ein Ertrag, der außerbilanziell nicht zu kürzen ist.

 

Normenkette

KStG § 10 Nr. 2; EStG § 4 Abs. 2 S. 1; AO § 126 Abs. 1 Nrn. 2-3, § 121 Abs. 1, § 201

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.12.2009; Aktenzeichen I R 43/08)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob und ggf. in welcher Höhe Rückstellungen gewinnerhöhend aufzulösen sind, die die Klägerin für die Zahlung von Steuern und Zinsen für die Jahre 1994 und 1996 gebildet hatte.

Die Klägerin betrieb im Streitjahr ein Unternehmen zur Herstellung elektrischer Hoch- und Niederspannungsanlagen. Sie wurde steuerlich bis einschließlich 1998 beim Finanzamt für Körperschaften III in Berlin geführt. Aufgrund einer Sitzverlegung nach Hamburg - unter Beibehaltung einer Zweigniederlassung in Berlin - wurde die Klägerin ab 1999 beim Beklagten geführt. Im Jahr 1998 führte das Finanzamt für Körperschaften III in Berlin bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 1994 bis 1996 durch (vgl. Betriebsprüfungsbericht vom 23.07.1999, Betriebsprüfungsakten - BpA - Berlin Bl. 5 ff.). Die Betriebsprüferin war der Auffassung, dass Tantiemezahlungen an den Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln seien, und berücksichtigte in den Prüferbilanzen entsprechend höhere Gewerbesteuerrückstellungen (BpA Berlin Bl. 29). Der Beklagte übernahm die Ergebnisse aus dem Betriebsprüfungsbericht und erließ am 17.02.2000 geänderte Körperschaft- und Gewerbesteuermess- und Gewerbesteuerbescheide für 1994 bis 1996 sowie auch für die Jahre 1997 und 1998. Hieraus ergaben sich folgende Nachforderungen:

Körperschaftsteuer 1994:

DM 37.107,00

Körperschaftsteuer 1996:

DM 61.820,00

Solidaritätszuschlag 1996:

DM 4.636,50

Gewerbesteuer 1994:

DM 12.960,00

Gewerbesteuer 1996:

DM 23.341,00

Gegen die Änderungsbescheide legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung, die der Beklagte gewährte.

Für die aufgrund dieser Änderungen zu erwartenden Steuernachzahlungen passivierte die Klägerin in der Bilanz zum 31.12.1998 Rückstellungen. In der am 28.12.2000 zusammen mit den Steuererklärungen beim Beklagten eingereichten Bilanz zum 31.12.1999 waren diese Rückstellungen noch in Höhe von insgesamt DM 133.381,25 enthalten.

Der Beklagte erließ am 24.07.2001 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Körperschaftsteuerbescheid für 1999. Unter dem 23.06.2003 und dem 29.04.2004 erfolgten Bescheidänderungen; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen. In dem letztgenannten Änderungsbescheid wurden bei einem Steuerbilanzgewinn von DM 52.751,00 u. a. folgende außerbilanzielle Korrekturen vorgenommen: Körperschaftsteuer für Jahre ab 1977: /. DM 13.674,00, Solidaritätszuschlag für Vorjahre: + DM 2.661,00. Mit Gewerbesteuermess- und Gewerbesteuerbescheid für 1999 vom 23.06.2003 setzte der Beklagte einen Gewerbesteuermessbetrag und eine Gewerbesteuer von 0 fest und mit Bescheid vom selben Tag über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1999 einen Gewerbeverlust von DM 37.510,00.

Im Jahr 2005 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 1999 bis 2002 durch. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Bildung der Rückstellungen zum Teil nicht gerechtfertigt sei, und löste Rückstellungen in Höhe von insgesamt DM 99.454,50 gewinnerhöhend auf:

Verbindlichkeit

lt. Bilanz der Klägerin

lt. Beklagtem

Differenz

Körperschaftsteuer (KSt) 1994

37.107,00

37.107,00

0

KSt 1996

28.308,00

61.820,00

./. 33.512

Solidaritätszuschlag (SolZ) 1996

4.221,75

4.636,50

./. 414,75

Gewerbesteuer (GewSt) 1994

12.960,00

12.960,00

0

GewSt 1996

23.341,00

23.341,00

0

Zinsen KSt 1994

8.533,00

8.347,50

185,50

Zinsen KSt 1996

6.798,00

6.489,00

309,00

Zinsen GewSt 1994

3.031,00

2.902,50

128,50

Zinsen GewSt 1996

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