Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer: Zusammenveranlagungs-Wahlrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Die einseitig gewählte Zusammenveranlagung ist nach dem Tod des Ehegatten nur möglich, wenn dessen Erbe zustimmt (Anschluss an BFH vom 8. Oktober 1997, XI R 20/97, BFH-NV 1998, 701, DStRE 1998, 563; vom 13. November 1979, VIII R 193/77, BFHE 129, 262, BStBl II 1980, 188; vom 15. Oktober 1964, VI 175/63 U, BFHE 81, 236, BStBl III 1965, 86).

 

Normenkette

EStG §§ 26, 26b; BGB §§ 1936, 1942, 1964, 1966

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 21.06.2007; Aktenzeichen III R 59/06)

 

Tatbestand

A.

I. Die Klägerin begehrt die einkommensteuerliche Zusammenveranlagung für 2001 mit ihrem Ehemann, der am ... Februar 2003 verstorben ist und bei der Ausübung des Veranlagungswahlrechts in der Einkommensteuer-Erklärung 2001 vom 30. März 2004 nicht mehr mitwirken konnte (Einkommensteuer-Akte -ESt-A- Bd. I Bl. 3, 42). Die Klägerin und andere potentielle Erben haben die verlustbringende und überschuldete Erbschaft ausgeschlagen; bisher ist kein Erbe festgestellt worden (auch nicht der Fiskus) und hat kein Erbe der Zusammenveranlagung zugestimmt und ist kein Nachlasspfleger bestellt (vgl. Finanzgerichts-Akte -FG-A- Bl. 53, 121, 129R, 142, 144, 145).

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird - zur Vermeidung von Wiederholungen - Bezug genommen auf den im vorliegenden Klageverfahren (nach Beschwerde der Klägerin gegen dessen Aussetzung) ergangenen Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. Dezember 2005 III B 145/05 (BFH/NV 2006, 1103; dortige Gründe zu I, FG-A Bl. 129).

Nach Rückübertragung der Sache am 22. März 2006 durch den Einzelrichter auf den Senat (FG-A Bl. 141) hat das Finanzgericht (FG) am 24. März 2006 einen Gerichtsbescheid erlassen (FG-A Bl. 149), gegen den die Klägerin am 17. April 2006 mündliche Verhandlung beantragt hat (FG-A Bl. 157).

II. Danach trägt die Klägerin ergänzend vor (FG-A Bl. 157, 181, 192): 1. Mit der Entscheidung über den Antrag auf Zusammenveranlagung könne nicht bis zur Feststellung eines Erben und bis zu dessen Zustimmung zur Zusammenveranlagung gewartet werden. Anderenfalls könne die Steuerfestsetzung zwischenzeitlich verjähren und die Klägerin als Witwe ihr Recht auf Zusammenveranlagung entgegen der Vorschrift des § 26 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) endgültig verlieren, wonach bei Ehegatten ohne gegenteilige Erklärungen die Wahl der Zusammenveranlagung unterstellt werde. Die Gerichte seien gemäß Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz (GG) an dieses Gesetz gebunden. Die BFH-Rechtsprechung, mit der dem erbausschlagenden Ehegatten bisher die Zusammenveranlagung ohne Erbenzustimmung verweigert worden sei, wolle nur das Interesse des Erben an der Erhaltung des Verlustabzugs schützen. Nach dem bisherigen Verlauf der Erbensuche und nach den bisherigen Erbausschlagungen wegen der Überschuldung des Nachlasses sei jedoch nicht mehr damit zu rechnen, dass ein Erbe die Erbschaft annehmen und einen Antrag auf getrennte Veranlagung stellen werde, um den Verlustabzug selbst zu erhalten, zumal eine Steuererstattung dann an die Gläubiger auszukehren wäre. Auch wenn der Fiskus gesetzlich Erbe werde, habe dieser kein Interesse am Verlustabzug. Davon abgesehen sei ein eventuell zukünftig festgestellter Erbe hinreichend dadurch geschützt, dass er noch nach Bestandskraft eines gegenüber der Witwe (der Klägerin) ergangenen Zusammenveranlagungsbescheids die getrennte Veranlagung wählen könne, wie der BFH mit Urteil vom 3. März 2005, III R 22/02, entschieden habe (BFHE 209, 454, BStBl II 2005, 690). Außerdem entspreche die Unterstellung der Zusammenveranlagungswahl in § 26 Abs. 3 EStG auch den Verhältnissen im Streitfall, wo der verstorbene Ehemann zu Lebzeiten stets die Zusammenveranlagung gewählt habe und nach der Lebenserfahrung diese Wahl von ihm auch für das Streitjahr zu erwarten gewesen wäre. Familienrechtlich bestehe ein Anspruch auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung nach § 1353 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wenn diese zur geringsten Steuerbelastung führe und keinem der Ehegatten ein steuerlicher Nachteil entstehe. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. So wie danach der verstorbene Ehemann hätte zustimmen müssen, komme es auf steuerliche Vorteile eines Erben aus dem Verlustabzug nicht an. Im Übrigen stelle die zu Lebzeiten von den Eheleuten gemeinsam getroffene Wahl der Zusammenveranlagung mit der dadurch bewirkten Verschiebung von Freibeträgen und Steuervergünstigungen beim Lohnsteuerabzug mit Lohnsteuerklasse III die vertragliche Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) i.S.v. § 705 BGB dar. Deren gemeinsamer Zweck bestehe darin, einen zu hohen Steuerabzug zu vermeiden und ein möglichst hohes verfügbares Einkommen der Ehegatten zur Verwendung in der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zu erzielen. Die bedingte Rechtsfähigkeit mit der Fähigkeit der GbR, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, finde ihren Niederschlag in § 26b EStG, wonach die Ehegatten bei Zusammenveranlagung gemeinsam als Steuerpflichtiger...

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