Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Klageschrift

 

Leitsatz (amtlich)

Bei fachkundiger Vertretung der Klägerseite kann die Klage zwar nicht umgedeutet, aber ausgelegt werden. Voraussetzung ist, dass die Klage nicht eindeutig formuliert ist und dass sich in der verkörperten Erklärung zumindest ein Anhaltspunkt für den wirklichen Willen des Klägers befindet.

Die Verhandlung ist nicht gemäß § 74 FGO auszusetzen, wenn die Klage unzulässig ist, die Entscheidung eines anderen Gerichts oder die Feststellung der Behörde hingegen nur die Begründetheit der Klage beeinflussen kann.

 

Normenkette

FGO §§ 57, 67, 74

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Darlehenszinsen und einer Sonderabschreibung als Werbungskosten.

Die Klägerin firmierte zunächst unter "...(B) ...(A) KG". In dem Gesellschaftsvertrag vom 19.03.1995 (Akte "Allgemeines" Bl. 13 ff.) war in § 17 Ziff. 1 c vereinbart, dass ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, wenn über sein Vermögen ein Konkurs-, Sequestrations- oder gerichtliches Vergleichsverfahren eröffnet oder die Eröffnung des Verfahrens mangels Masse abgelehnt wird. Die Klägerin erwarb am 20.03.1995 das im A-Weg in S... belegene, mit einem Verwaltungsgebäude, einer Lagerhalle und zwei Garagenkomplexen bebaute Grundstück mit einer Größe von 15.000 qm zum Preis von 3 Mio. DM.

Mit Vertrag vom 07.09.1995 (Akte "Allgemeines" Bl. 32 f.) veräußerte der einzige Komplementär, Herr B, seinen Gesellschaftsanteil an Herrn H für 1,25 Mio. DM. Der einzige Kommanditist, Herr K, veräußerte seinen Anteil mit Vertrag vom 17.10.1995 (Akte "Allgemeines" Bl. 34 f.) für ebenfalls 1,25 Mio. DM an Frau H, die Ehefrau des neuen Komplementärs. In beiden Verträgen ist erwähnt, dass der jeweilige Veräußerer eine Einlage in Höhe von DM 1.750.000,- durch anteilige "Entnahme" der Kreditverbindlichkeit gegenüber der B-Bank geleistet habe.

Am selben Tag schloss die Klägerin mit der Firma ...M GmbH (M GmbH), an der die Herren B und K mittelbar über die Bau GmbH beteiligt waren, einen Generalunternehmervertrag über die grundlegende Sanierung des Gebäudes und des Grundstücks im A-Weg (Betriebsprüfungsakten - BpA - Bl. 29 ff.). Hierin wurde ein festes Entgelt in Höhe von DM 4.242.000,- zzgl. 15 % USt vereinbart. Die M GmbH beauftragte ihrerseits mit Vertrag vom selben Tag die Firma ... Projektmanagement GmbH (P GmbH) mit der Durchführung der Arbeiten. Der Vertrag war inhaltlich mit dem zwischen der Klägerin und der M GmbH geschlossenen identisch, als Vergütung wurde allerdings die Summe von DM 1.192.000,- zzgl. 15 % USt vereinbart. An der P GmbH waren ebenfalls die Herren B und K mittelbar über die Bau GmbH beteiligt. Die P GmbH schloss daraufhin Verträge mit mehreren Subunternehmern, die diverse Arbeiten an dem Objekt ausführten und hierfür insgesamt DM 178.389,90 zzgl. USt in Rechnung stellten.

Bei der am 29.12.1995 durchgeführten Schlussabnahme der von der M GmbH ausgeführten Arbeiten durch die Klägerin wurde wegen diverser Mängel eine Minderung des vereinbarten Entgelts um DM 892.000,- netto vereinbart. Im Rahmen der am selben Tag durchgeführten Schlussabnahme im Verhältnis zwischen der M GmbH und der P GmbH erfolgte eine Minderung des dort vereinbarten Entgelts um DM 692.000,- netto.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 09.12.1995 vereinbarten die Gesellschafter der Klägerin, dass der Komplementär künftig eine Geschäftsführervergütung von 5 % des Jahresergebnisses erhalten solle sowie weitere 90 % als Ergebnisanteil; die Kommanditistin solle zu 5 % am Ergebnis beteiligt sein. Zudem wurden weitere Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages vom 19.03.1995 geändert, die Regelung in § 17 allerdings nicht. Auf den übrigen Inhalt des Gesellschafterbeschlusses wird Bezug genommen (Akte "Allgemeines" Bl. 40 f.).

Am 15.01.1996 schloss Herr H mit Herrn L einen Treuhandvertrag, in dem vereinbart wurde, dass Herr H seinen Komplementäranteil an der Klägerin mit Wirkung ab dem 01.01.1996 treuhänderisch für Herrn L halten werde, der damit zu 90 % am Ergebnis der Klägerin beteiligt sein solle.

Am 23.09.1999 ging die Feststellungserklärung der Klägerin für 1996 beim Beklagten ein. Der Beklagte nahm zunächst eine erklärungsgemäße Veranlagung vor und erließ am 21.02.2002 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen entsprechenden Feststellungsbescheid, in dem negative Einkünfte von DM 1.747.252,- aus Vermietung und Verpachtung festgestellt wurden. Mit Schreiben vom 15.03.2002 legte die Klägerin wegen anderer Streitpunkte Einspruch gegen diesen Bescheid ein. Herr L legte mit Schreiben vom 22.02.2002 - ebenfalls wegen anderer Streitpunkte - Einspruch gegen den Feststellungsbescheid für 1996 ein und Frau H mit Schreiben vom 19.03.2002.

Im Jahr 2003 führte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts S Ermittlungen gegen Herrn H durch. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die von der P GmbH beauftragten Fremdfirmen nicht die Leistungen ausgeführt hätten, die nach dem mit der M GmbH (sowie dem zwischen der M GmbH und der Klägerin) geschlossenen V...

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