Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsbegleitendes Erststudium der Sozialarbeit als Fortbildungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Aufwendungen einer Alten- und Krankenpflegerin für ein berufsbegleitendes Erststudium der Sozialarbeit sind als Fortbildungskosten zu qualifizieren und deshalb als Werbungskosten abzugsfähig , wenn das Studium der Vertiefung und Erweiterung der Kenntnisse in dem bereits zuvor ausgeübten Beruf sowie der Sicherung und Steigerung der Einkünfte aus dieser Erwerbstätigkeit in Gestalt der Übernahme einer verantwortlicheren Funktion (Ausbilderin für Altenpflegeschüler) dient. Entscheidend ist dabei der inhaltlich-materielle Bezug der Bildungsmaßnahme zu der bereits ausgeübten Tätigkeit.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.12.2002; Aktenzeichen VI R 119/01)

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute. Mit der Klage begehren sie den Werbungskostenabzug von Aufwendungen, die mit dem Studium der Sozialarbeit der Klägerin in Zusammenhang stehen. Die Klägerin nahm nach einer siebenjährigen familienbedingten Unterbrechung der Berufstätigkeit im Jahre 1987 ihren Beruf als Alten- und Krankenpflegerin beim Caritas Verband "X-Stadt" wieder auf. Sie erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Die Entwicklung ihres Bruttoarbeitslohns stellte sich wie folgt dar:

Jahr

DM

1993

16.260

1994

17.370

1995

22.658

1996

23.719

1997

24.994

1998

22.970

1999

37.769

Im Frühjahr 1995 begann die Klägerin an der Universität und Gesamthochschule "Y-Stadt" ein Studium mit der Fachrichtung Sozialarbeit mit dem Ziel, den akademischen Grad "Diplom - Sozialarbeiterin" zu erwerben. Sie belegte die Schwerpunktfächer "Pflegemanagement" und "Altenpflege" sowie die Vertiefungsgebiete "Kommunale Sozialpolitik und Stadtteilarbeit" sowie "Sozialberatung". Ihre Diplomarbeit stammte aus dem Bereich der Altenpflege mit dem Thema: " u.a. Alten- und Krankenpflege". Ihre weiteren Studienfächer waren die Methoden der Sozialarbeit, Rechtswissenschaft, Soziologie, Verwaltung und Organisation, Psychologie sowie Erziehungswissenschaft. Ihr Arbeitsverhältnis als Altenpflegerin bestand während des Studiums fort. Sie reduzierte ihre Altenpflegetätigkeit in Abstimmung mit den Studienbelangen auf 20 - 35 Stunden wöchentlich, wobei sie vorwiegend Spätdienste sowie Wochenend- und Feiertagsdienste übernahm. Im Dezember 1998 schloss sie das Studium als "Diplom - Sozialarbeiterin" ab. Die Klägerin setzte zunächst ihre Tätigkeit bei ihrem bisherigen Arbeitgeber fort. Seit März 2000 ist die Klägerin als Ausbilderin für Altenpflegeschüler(-innen) bei einem neuen Arbeitgeber, dem "Z-Kinderbetreuung" ., tätig. Ihr Bruttoarbeitslohn im Jahr 2000 belief sich auf DM 58.910,--.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1997 machte sie für das Studium angefallene Aufwendungen in Höhe von DM 17.492,- als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Es handelte sich hierbei um Aufwendungen für Fahrten zwischen ihrer Wohnung und der Universität "Y-Stadt" mit dem eigenen Kraftfahrzeug in Höhe von DM 15.314,00 (Fahrten an 155 Tagen x 95 km x 1,04 DM), Fahrten zwischen Wohnung und Praktikumsstelle (Stadtjugendamt "X-Stadt") in Höhe von DM 332,80 (Fahrten an 40 Tagen x 8 km x 1,04 DM), Studiengebühren in Höhe von DM 348,50, Aufwendungen für Fachliteratur in Höhe von DM 514,26, Portokosten in Höhe von DM 80,00, sowie Absetzungen für Abnutzung eines Computers in Höhe von DM 902,00.

Abweichend von den Vorjahren ließ der Beklagte die Aufwendungen nur in Höhe von DM 1.800,- als Berufsausbildungskosten zum Abzug als Sonderausgaben zu.

Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 02.04.1998 legten die Kläger Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 07.05.1998 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Kläger haben hierauf Klage erhoben.

Die Klägerin ist der Auffassung, es handele sich bei den Aufwendungen für das Studium um Fortbildungskosten in einem ausgeübten Beruf (Hinweis auf Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts - FG - v. 06.08.1987, XIII 252/93, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1998, 640; Urteil des FG Nürnberg vom 04.03.1998, III 75/97, EFG 1998, 1511). Kosten für ein erstmaliges Hochschulstudium seien nicht im Wege der Typisierung Berufsausbildungskosten, sondern nur dann, wenn das Hochschulstudium im Anschluss an die Ausbildung an allgemeinbildenden Schulen aufgenommen werde. Hier aber lägen berufsbezogene Weiterbildungskosten vor. Das Studium habe der Klägerin geholfen, während der mehrjährigen Berufsunterbrechung entstandene Wissenslücken in ihrem ausgeübten Beruf zu schließen und den gestiegenen Anforderungen an Pflegepersonal gerecht zu werden. Das im Studium vermittelte Wissen sei ihr in ihrem ausgeübten Beruf als Altenpflegerin zugute gekommen; insbesondere profitierten davon die von ihr betreuten Alten und Kranken. Neben der Pflege der Menschen vor Ort gehörte auch die Erledigung rechtlicher Angelegenheiten und Behördengänge für die betreute...

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