vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Termingeschäfte i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG – Steuermindernde Berücksichtigung des Verlusts aus Optionsscheinverfall – Reichweite des Werbungskostenabzugsverbots des § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das Verfallenlassen von wertlos gewordenen Optionsscheinen ist als ein (beendetes) Termingeschäft im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG anzusehen, auch wenn der Optionsinhaber tatsächlich keinen Differenzausgleich oder sonstigen Vorteil aus dem Geschäft erlangt hat (Anschluss an BFH-Urteil vom 26. 9.2012 IX R 50/09, BFHE 239, 95, BStBl II 2013, 231, zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F.; entgegen BMF-Schreiben vom 9.10.2012, BStBl I 2012, 1305).
  2. Die vergeblichen Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten der Optionsscheine stehen in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem hierdurch begründeten bedingten Termingeschäft mit Barausgleich und sind daher nach der gegenüber dem Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 EStG vorrangigen Regelung des § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG steuerlich zu berücksichtigen.
 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a, Abs. 4 S. 5, Abs. 9 S. 1 Hs. 2; WpHG § 2 Abs. 2 Nrn. 1, 2 a

 

Streitjahr(e)

2010

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.01.2016; Aktenzeichen IX R 49/14)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die steuermindernde Berücksichtigung seiner Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten (Optionsprämien) für bei Endfälligkeit nicht eingelöste Verkaufsoptionen (sog. puts).

In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 (Eingang 26. 9.2011) erklärte der Kläger Kapitalerträge in Höhe von 106.820 EUR (überwiegend Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (ohne Aktien)) und stellte den Erträgen einen Verlust in Höhe von 106.211 EUR gegenüber (vgl. Anlage KAP Zeile 13 Kennziffer 16). Bei diesem Betrag handelt es sich um Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten (Abrechnungsbetrag) von folgenden Verkaufsoptionen, welche auf einen sinkenden Markt ausgerichtet waren:

Bezeichnung

Ausführungstag

Stück/Nom.

Abrechnungsbetrag

Deutsche Bank AG PUT

15.12.10 Dax 5500

31.08.2010

10.000

18.135,05 €

Deutsche Bank AG PUT

15.12.10 Dax 5500

31.08.2010

10.000

16.835,05 €

Deutsche Bank AG PUT

15.12.10 Dax 5500

01.09.2010

10.000

15.235,05 €

Deutsche Bank AG PUT

15.12.10 Dax 5500

01.09.2010

10.000

13.735,05 €

Deutsche Bank AG PUT

15.12.10 Dax 5500

01.09.2010

12.500

15.410,05 €

Deutsche Bank AG PUT

15.12.10 Dax 5500

03.09.2010

18.000

16.415,05 €

Deutsche Bank AG PUT

15.12.10 Dax 5500

21.09.2010

10.000

5.527,11 €

Deutsche Bank AG PUT

15.12.10 Dax 5500

30.09.2010

10.000

4.921,39 €

Summe

90.500

106.213,80 €

Der Abrechnungsbetrag setzte sich aus dem Kurswert, Provision, Abwicklungskosten, Übertragungsgebühr und Trankaktionsentgelte Börse zusammen.

Die Laufzeit der Optionsscheine endete am 15.12.2010 (letzter Handelstag 14.12.2010). Der Kläger konnte die Optionsscheine nur bis zu diesem Tag verkaufen. Die Optionsscheine wären, falls diese bis zum Ende der Laufzeit nicht an der Börse verkauft oder ausgeübt wurden, automatisch für den Kläger zum 15.12.2010 ausgeübt worden, falls sich ein positiver Differenzbetrag ergeben hätte (vgl. Schreiben der Postbank an den Kläger vom 16.11.2010).

Tatsächlich hatte der DAX am 15.12.2010 einen Stand von 7.016,37 Punkten (Letzter) und notierte damit über einem Kurs von 5.500 Punkten. Es hätte sich daher bei Ausübung der Option kein positiver, sondern ein negativer Differenzbetrag für den Kläger ergeben. Entsprechend ließ der Kläger die wertlosen Optionsscheine (90.500 Stück) verfallen. Sie wurden am 30.12.2012 zum Abrechnungsbetrag von 1,00 EUR aus dem Depot des Klägers bei der Postbank ersatzlos ausgebucht.

Das Finanzamt teilte dem Kläger im Rahmen der Durchführung der Einkommensteuerveranlagung (vgl. Schreiben vom 13. 3.2012) mit, dass es sich nach Auffassung des Finanzamtes bei dem Verfall der Optionsscheine um einen Vorgang auf der einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Vermögensebene handle und wies insoweit auf das BFH-Urteil vom 19.12.2007 (Az. IX R 11/06, BStBl II 2008, 519) hin. Der Kläger machte jedoch weiterhin geltend, dass die im Streitjahr erzielten Kapitalerträge um die die Anschaffungskosten der verfallenen Optionsscheine in Höhe 106.211 EUR zu mindern seien (vgl. Schreiben vom 11. 4.2012).

Bei Festsetzung der Einkommensteuer für 2010 mit Bescheid vom 19. 7.2012 ließ der Beklagte den erklärten Verlust in Höhe 106.211 EUR unberücksichtigt und besteuerte folgende Einkünfte nach § 32 d Abs. 1 EStG (Abgeltungsteuer):

Kapitalerträge

6.077 EUR

Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (ohne Aktien):

95.626 EUR

Gewinne aus der Veräußerung von Aktien

5.177 EUR

Zwischensumme

106.820 EUR

Verrechnung von Verlustvorträgen aus privaten

Veräußerungsgeschäften

./. 2.087 EUR

Zwischensumme

104.733 EUR

abzügl. Sparer-Pauschbetrag

./. 801 EUR

Kapitalerträge i.S.d. § 32d Abs. 1 EStG

103.932 EUR

Abgeltungsteuer

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