Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses mit dem Einwand einer unangemessenen Barabfindung durch die betroffenen Minderheitsaktionäre

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Für den Veräußerungsgewinn aus der Übertragung von Aktien im Ausschlussverfahren gemäß § 327a AktG (sog. Squeeze out) kann mangels eines zugrunde liegenden behördlichen Eingriffs keine Rücklage für Ersatzbeschaffung gemäß R 35 EStR 2001 gebildet werden.
  2. Der Ausschluss der steuerlichen Berücksichtigung von (auch ausländischen) Beteiligungsverlusten durch § 8b Abs. 3 KStG 2002 begegnet keinen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken.
 

Normenkette

AktG §§ 327a, 327e; UmwStG § 21 Abs. 1 S. 1; GG Art. 14 Abs. 3; EStR 2001 R 35; KStG 2002 § 8b Abs. 3

 

Streitjahr(e)

2000, 2001, 2002

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.10.2010; Aktenzeichen I R 79/09)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine GmbH, deren in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG geführter Betrieb (Produktion und Vertrieb von „U-Waren”) zum 1.01.1998 nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG) zu Buchwerten in die Klägerin eingebracht worden ist. Die Klägerin ist zugleich Konzernobergesellschaft mehrerer ausländischer Tochtergesellschaften.

Am 25.04.2004 wurde bei der Klägerin mit einer Betriebsprüfung für den Zeitraum 2000 bis 2002 begonnen, die zu mehreren Feststellungen führte, gegen die sich die Klägerin im vorliegenden Verfahren wegen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer-Messbetrag 2002 wendet.

1. Zu dem zum 1.01.1998 zum Buchwert übertragenen Betriebsvermögen gehörten 3.230 Aktien der „E-Bank AG” sowie 24.300 Aktien der „N-AG” (nunmehr „W- AG”), die die Klägerin im Streitjahr (2002) im Rahmen eines Ausschlussverfahrens gemäß § 327a AktG (sog. Squeeze out) veräußern musste. Die für die Übertragung der Aktien gezahlte Barabfindung führte zu einem gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von insgesamt 5.664.638 EUR. Hiervon entfielen 161.845 EUR auf Aktien der „E-Bank AG” sowie 5.502.793 EUR auf Aktien der „W- AG”.

In Höhe dieses Veräußerungsgewinns bildete die Klägerin in ihrer Bilanz zum 31.12. 2002, die am 26.02.2004 mit der Steuererklärung für das Streitjahr beim Beklagten eingereicht wurde, eine den Gewinn mindernde Rücklage für Ersatzbeschaffung nach Abschnitt 35 EStR 2002 (nunmehr R. 6.6 EStR). Bereits mit Schreiben vom 24.11.2003 hatte die Klägerin beim Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft zu folgenden Punkten gestellt (vgl. Zusammenfassung S. 6 des vorgenannten Schreibens):

(zu A) ob die Rücklage für Ersatzbeschaffung nach R 35 EStR auf die im Wege einer Kapitalerhöhung erworbene Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft übertragen werden kann.

zu B 1.a) ob die Rücklage für Ersatzbeschaffung nach R 35 EStR auf Aktien übertragen werden kann.

(zu B 1.b) ob die Rücklage für Ersatzbeschaffung nach R. 35 EStR auf Aktienfonds sowohl in der Rechtsform der Kapital- als auch Personengesellschaft übertragen werden kann.

(zu C), ob die Rücklage für Ersatzbeschaffung nach R. 35 EStR auf diversifizierende Investmentfonds übertragen werden kann.

Die Klägerin wollte ca.1,5 Mio EUR der Rücklage auf einen im Wege der Kapitalerhöhung neu zu erwerbenden Anteil an einer inländischen Kapitalgesellschaft („U-Waren-"unternehmen) übertragen und für den Rest Aktien und Investmentfonds als Wertpapiere des Anlagevermögens erwerben.

Mit Schreiben vom 28.07.2004 sagte der Beklagte der Klägerin verbindlich zu, dass Beteiligungen an einer inländischen Kapitalgesellschaft, sowie Aktien, Aktienfonds und diversifizierende Investmentfonds funktionsgleiche Ersatzwirtschaftsgüter im Sinne der R. 35 EStG darstellten und die gebildete Rücklage auf die geplanten reinvestierten Wirtschaftsgüter übertragen werden könnte. Abschließend wies der Beklagte darauf hin, dass die Bildung der Rücklage für Ersatzbeschaffung im Rahmen einer zurzeit laufenden Betriebsprüfung überprüft werde. In einem weiteren Schreiben vom 30.08.2004 gewährte der Beklagte der Klägerin zur Übertragung der Rücklage auf ein Reinvestitionswirtschaftsgut antragsgemäß eine Fristverlängerung bis zum 31.12. 2004. Die Übertragung der Rücklage auf Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft ist nach Darstellung der Klägerin innerhalb dieser Frist erfolgt.

Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung gemäß R. 35 EStR nicht vorlägen, weil in dem sog. Squeeze-out Verfahren kein behördlicher Eingriff zu erkennen sei (vgl. hierzu Tz. 14 des Bp-Berichts vom 21.12.2005). Er erhöhte das Einkommen des Streitjahres entsprechend um den als Rücklage gebuchten Betrag in Höhe von 5.664.638 EUR.

2. Die Klägerin war alleinige Anteilseignerin der „B- Ltda.” mit Sitz in Argentinien. Sie veräußerte diese Beteiligung im Streitjahr. Hierbei entstand ein Veräußerungsverlust in Höhe von 598.018,17 EUR, um den die Klägerin den Gewinn des Streitjahres minderte. Der Prüfer rechnete unter Hinweis au...

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