rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schlussbesprechung nach Außenprüfung: Anspruch auf persönliche Anwesenheit der Teilnehmer – Telefonische Durchführung während der Corona-Epidemie – Ermessensgerechtigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Hinsichtlich der persönlichen Anwesenheit der Teilnehmer bei der Durchführung der Schlussbesprechung über das Ergebnis einer Außenprüfung bestehen keine bindenden gesetzlichen Vorgaben.
  2. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen während der Corona-Epidemie kann sich das Prüfungsfinanzamt ohne Ermessensfehler darauf beschränken, eine telefonische Schlussbesprechung anzubieten.
 

Normenkette

AO § 201 Abs. 1 S. 1; FGO § 114 Abs. 1 S. 2, Abs. 3

 

Tatbestand

Die Antragstellerin begehrt die Durchführung einer persönlichen Schlussbesprechung i.S.d. § 201 der Abgabenordnung (AO).

Bei der Antragstellerin fand von 2018 bis 2020 eine steuerliche Außenprüfung statt. Der vorläufige Betriebsprüfungsbericht wurde der Antragstellerin vom Antragsgegner zu 1. mit Schreiben vom 27.02.2020 übersandt. Mit Schreiben vom 25.03.2020 erklärten die Bevollmächtigten der Antragstellerin…, dass die Antragstellerin an ihrem aus § 201 Abs. 1 Satz 1 AO resultierenden Anspruch auf die Durchführung einer Schlussbesprechung festhalte. Da Menschenansammlungen von mehr als zwei Personen aufgrund der Corona-Epidemie aber untersagt seien, könne die Schlussbesprechung derzeit nicht terminiert werden.

Mit Schreiben vom 31.03.2020 wies der Antragsgegner zu 1. darauf hin, dass § 201 AO weder zum Ort der Schlussbesprechung Vorgaben mache noch die persönliche Anwesenheit der Beteiligten erforderlich sei. Somit könne eine Schlussbesprechung fernmündlich abgehalten werden. Der Antragsgegner zu 1. forderte die Antragstellerin auf, einen Termin für die fernmündliche Schlussbesprechung in der 17. Kalenderwoche 2020 zu benennen. Die Antragstellerin sei in den letzten Monaten mehrfach dazu aufgefordert worden, einen Termin für eine Schlussbesprechung zu benennen. Sofern die Telefonkonferenz ebenfalls nicht zu Stande käme, müsse davon ausgegangen werden, dass ein Interesse an einer Schlussbesprechung nicht bestehe. In diesem Fall würde der abschließende Betriebsprüfungsbericht zur Stellungnahme übersandt und gleichzeitig der Antragsgegner zu 2. gebeten, den Bericht auszuwerten.

Mit Antwortschreiben vom 16.04.2020 beantragte die Antragstellerin, die Schlussbesprechung in persönlicher Anwesenheit durchzuführen. Eine telefonische Schlussbesprechung oder eine Schlussbesprechung per Videokonferenz sei nicht möglich, da der Datenschutz aufgrund bestehender Sicherheitsmängel nicht gewährleistet sei.

Mit Schreiben vom 23.04.2020 übersandte der Antragsgegner zu 1. der Antragstellerin den Betriebsprüfungsbericht. Da ein Termin für eine fernmündliche Schlussbesprechung nicht benannt worden sei, müsse davon ausgegangen werden, dass ein Interesse an einer Schlussbesprechung tatsächlich nicht bestehe.

Die Antragstellerin hat daraufhin am 04.05.2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Finanzgericht gestellt.

Die Antragstellerin trägt vor, ein Anordnungsanspruch ergebe sich aus § 201 Abs. 1 Satz 1 AO. Ein Telefonat hätte mit allen auf Seiten der Antragstellerin erforderlichen Teilnehmern und den Personen, die nicht deutscher Muttersprache sind, technisch und tatsächlich nicht durchgeführt werden können. Daran ändere auch die verwaltungsseitige Veröffentlichung von Coronabedingten Fragen und Antworten des BMF durch Newsletter vom 01.04.2020 mit “allgemeinen Hinweisen“ nichts, die ausführten, dass Schlussbesprechungen nur noch telefonisch erfolgen sollten. Hieraus lasse sich nur schließen, dass bis zum Ablauf der Versammlungsbeschränkungen die durch die Antragstellerin beanspruchte persönliche Schlussbesprechung vertagt werden müsse, nicht jedoch, dass Schlussbesprechungen entbehrlich seien, wenn sie nicht telefonisch erfolgen könnten.

Die Entscheidung sei von außerordentlicher Eilbedürftigkeit, da der Antragsgegner zu 2. offenbar Gefahr laufe, sich den Ausführungen des Antragsgegners zu 1. ohne Durchführung einer Schlussbesprechung anzuschließen und so das Recht auf deren Durchführung endgültig vereitele. Deshalb werde angeregt, einen “Hängebeschluss“ auszusprechen, dass die Weiterleitung des Betriebsprüfungsberichts an den Antragsgegner zu 2. vorläufig wirkungslos sei.

Der im Schreiben des Antragsgegners zu 1. vom 23.04.2020 getroffenen Ankündigung, dass der Antragsgegner zu 1. beabsichtige, den Inhalt des Berichts auszuwerten und die Steuerbescheide entsprechend zu ändern, könne auf dessen eigenes Tätigwerden hindeuten. Deshalb sei auch eine Änderung von Steuerbescheiden durch den Antragsteller zu 1. zu untersagen.

Es liege ein Anordnungsgrund vor, da die steuerlichen Auswirkungen bei der Antragstellerin erheblich und existenzvernichtend seien. Es seien rechtswidrige Steuerbescheide zu erwarten. Im Rahmen der Schlussbesprechung hätte dies ohne weitere besprochen und vermieden werden können und sollen. Darüber hinaus liege ein erh...

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