Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftfahrzeugsteuerschuld bei unpfändbarem Kfz keine Masseverbindlichkeit im Verbraucher-Insolvenzverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Grundsätzlich entsteht die Kraftfahrzeugsteuerschuld auch dann als Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn das Fahrzeug zwar vor der Insolvenzveröffnung verkauft, aber nicht abgemeldet wurde.

2. Das gilt nicht für ein gem. § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unpfändbares Kraftfahrzeug des Schuldners, welches deswegen nicht zur Insolvenzmasse gehört und damit keine Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 1 InsO darstellt. Dem steht die behauptete Veräußerung des Kfz vor Insolvenzeröffnung nicht entgegen.

 

Normenkette

AO § 34 Abs. 3, 1; InsO §§ 35, 36 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, §§ 292, 313 Abs. 1 S. 1; KraftStG § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 811 Abs. 1 Nr. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.07.2011; Aktenzeichen II R 34/10)

BFH (Urteil vom 06.07.2011; Aktenzeichen II R 34/10)

 

Tenor

1. Der Bescheid über Kraftfahrzeugsteuer vom 28. August 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. April 2008 und in der Fassung vom 4. Juli 2008 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger als Treuhänder im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Halters die Kraftfahrzeugsteuer für dessen Fahrzeug als Masseverbindlichkeit schuldet.

Der Kläger ist Treuhänder im Sinne des § 313 InsO des Schuldners B, über dessen Vermögen gemäß Beschluss des Amtsgerichts D vom 11. Mai 2007, XX IK XX/07, das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Das Insolvenzverfahren wurde am 23. Oktober 2007 aufgehoben. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung war auf den Schuldner ein Kraftfahrzeug zugelassen. Für dieses Kraftfahrzeug berechnete der Beklagte Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 17. Mai 2006 bis zum 10. Mai 2007 in Höhe von 399,00 EUR und setzte durch Bescheid vom 28. August 2007 gegen den Kläger Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab 11. Mai 2007, dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst in Höhe von jährlich 405,00 EUR fest (KraftSt, Bl. 11 ff.). Zuvor hatte der Kläger mitgeteilt, das Fahrzeug werde vom Schuldner für die Anfahrt zur Arbeitsstelle benötigt und sei daher pfändungsfrei, so dass es nicht zur Insolvenzmasse gehörte (KraftSt, Bl. 1). Der Beklagte ging davon aus, es handele sich bei der Kraftfahrzeugsteuer in insolvenzrechtlicher Hinsicht um eine Masseverbindlichkeit (KraftSt, Bl. 11). Danach setzte er am 4. Juli 2008 im Hinblick auf die Beendigung des Insolvenzverfahrens Kraftfahrzeugsteuer vom 11. Mai 2007 bis 22. Oktober 2007 in Höhe von 183,00 EUR fest (Bl. 42 d.A.).

Der Kläger legte am 24. September 2007 Einspruch ein und machte geltend, das Fahrzeug sei gemäß § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unpfändbar und gehöre nicht zur Insolvenzmasse. Daher sei er – der Kläger – als Treuhänder nicht Schuldner der Kraftfahrzeugsteuer (KraftSt, Bl. 13 f.). Im Laufe des Einspruchsverfahrens teilte das Finanzamt C in D dem Beklagten mit, bereits im Jahr 2005 habe die Vollstreckungsstelle die Abmeldung des Fahrzeugs in die Wege geleitet. Das Finanzamt äußerte zugleich die Auffassung, dass das Fahrzeug nie Bestandteil der Insolvenzmasse geworden sei (Bl. 5 d.A.), nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, dass der Schuldner das Fahrzeug veräußert und dies durch eine eidesstattliche Versicherung gegenüber der Straßenverkehrszulassungsbehörde glaubhaft gemacht habe (siehe dazu Bl. 19). Auf den Schuldner war nach der Veräußerung des Fahrzeugs in der hier maßgeblichen Zeit kein weiteres Fahrzeug zugelassen.

Den Einspruch wies der Beklagte mit seiner Einspruchsentscheidung vom 3. April 2008 gleichwohl als unbegründet zurück (KraftSt, Bl. 23 ff.).

Am 5. Mai 2008 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

Zur Begründung trägt er unter Wiederholung seines Vorbringens im Einspruchsverfahren im Wesentlichen vor, bei dem hier betroffenen Kraftfahrzeug handele es sich um pfändungsfreies Vermögen, es sei deshalb nicht Bestandteil der Insolvenzmasse. Der Schuldner benötige das Fahrzeug, um zu seiner Arbeitsstelle zu gelangen, was mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich sei. Der Schuldner habe vor, während und nach Abschluss des Insolvenzverfahrens bei E AG in F gearbeitet. Während er zunächst im Drei-Schicht-Dienst, der sich auch auf Sonn- und Feiertage erstreckt habe, tätig gewesen sei, sei der Schuldner seit Ende 2005 nur noch in der Frühschicht tätig, welche morgens um 5.45 Uhr beginne. Dabei müsse der Schuldner um 5.30 Uhr an der Arbeitsstätte sein. Dass das Fahrzeug dem Schuldner zu Beginn des Insolvenzverfahrens nicht mehr zur Verfügung gestanden hat, ändere an der Bewertung – wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung hervorhob – nichts.

Der Kläger ...

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