Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwaltskosten eines Beamten wegen eines Disziplinarverfahrens. Zeitpunkt der Berücksichtigung von Werbungskosten. Einkommensteuer 1985

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die einem Beamten wegen eines gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens mit einer gegen ihn verhängten Gehaltskürzung erwachsenen Anwaltskosten sind Werbungskosten. Dies gilt gleichermaßen, soweit das Anwaltshonorar deshalb angefallen ist, weil er die Erfolgsaussichten einer mit seiner Verurteilung zusammenhängenden Verfassungsbeschwerde prüfen ließ und ein solches Verfahren ohne Erfolg durchgeführt hat.

2. Beruflich veranlasste Aufwendungen sind Werbungskosten des Jahres, in dem sie getätigt werden; im Folgejahr zugeflossene Zahlungen, die diese Aufwendungen ausgleichen sollen, sind Einnahmen oder (negative Werbungskosten) dieses Jahres.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1, § 11; BBG § 54

 

Tenor

1. Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 1985 vom 14. Juni 1991 in Form der Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 1991 wird die Einkommensteuer 1985 auf 3.163 DM festgesetzt. Im übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 2/3 und dem Beklagten zu 1/3 auferlegt.

3. Das Urteil wird wegen der Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger, der nicht verheiratet ist, war bis Februar 1985 als beamteter Ingenieur bei der … verwaltung … in S. tätig. Dort bewohnte er mit Hauptwohnsitz eine Zweizimmerwohnung (Bl. 139, 153 in 2 K 224/87 – nachfolgend: 2 K). Daneben war der Kläger seit dem 9. März 1983 mit Zweitwohnsitz in seinem Elternhaus in D. polizeilich gemeldet (Bl. 14 Rs. RbA I).

Durch Verfügung des Präsidenten der …. verwaltung … vom 4. Februar 1985 wurde der Kläger – wegen eines dem Gericht nicht näher bekannten Dienstvergehens (Bl. 178 in 2 K) – unter gleichzeitiger Einbehaltung der Hälfte seiner Dienstbezüge vorläufig des Dienstes enthoben. Am 15. März 1985 gab der Kläger seine Wohnung in S. auf und zog nach D. in sein Elternhaus um, wo er eine abgeschlossene Wohnung und einen eigenen Hausstand innehatte (Bl. 58).

Am 12. März 1986 stellte der Kläger für das Jahr 1985 beim Finanzamt S. einen Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich, in dem er als Anschrift „z. Zt.” …-Str. 8 in D. angab (Bl. 2 RbA I). In einer Anlage dazu machte er unter anderem geltend, daß er aus beruflichen Gründen von S. nach D. habe umziehen müssen. Auf der Grundlage eines Prospekts der Fa. H. (Bl. 8 RbA I) errechnete der Kläger, der den Umzug selbst durchgeführt hatte, Umzugskosten in Höhe von 1.090 DM (Bl. 6 RbA I).

Außerdem wurde die Berücksichtigung weiterer umzugsbedingter Kosten beantragt:

Rg. Fa. K. GmbH v. 29.4.1985 (Bl. 9 RbA I)

(Montage Zwischenzähler, Beseitigung eines Leitungsfehlers in der Wohnung D.)

238,32 DM

Rg. Fa. K. GmbH v. 28.5.1985 (Bl. 10 RbA I)

(Klingelanlage in der Wohnung D.)

39,62 DM

Fenster renoviert, Wärmedämmung der Wände, Holzvertäfelung

Material für ca. 24 qm

288,00 DM

Arbeiten in Eigenleistung (50 Stunden à 20 DM)

1.000,00 DM

Reparaturkosten für rechte vordere PKW-Stoßfeder,

die anläßlich des Transports des Umzugsgutes gebrochen war

80,00 DM

Im Schreiben vom 6. April 1986 (Bl. 11 RbA I) errechnete der Kläger seine Umzugskosten wie folgt:

10 Fahrten (à 2 × 270 km × 0,42 DM)

2.260,00 DM

Tagegeld (10 × 29 DM)

290,00 DM

Pauschale bei Ledigen

300,00 DM

Kosten für Vorhänge etc. (Pauschale)

280,00 DM

3.130,00 DM

Mit Notiz vom 5. Mai 1986 (Bl. 13 RbA I) machte der Kläger zudem Unfallkosten in Höhe von 1.148,19 DM geltend, die ihm am 30. Mai 1980 auf der Rückfahrt von der Arbeitsstätte zu seiner Wohnung entstanden seien; diese seien ihm nicht ersetzt worden.

Am 21. August 1986 erging seitens des Finanzamts S. ein Bescheid über Lohnsteuer-Jahresausgleich 1985, in dem lediglich der Werbungskosten-Pauschbetrag von 564 DM berücksichtigt wurde (Bl. 17 RbA I). In einer Anlage zu dem Bescheid wurde die Anerkennung der Unfallkosten mit der Begründung versagt, daß diese bereits in 1980 entstanden bzw. bezahlt worden seien; die Umzugskosten seien nicht überwiegend beruflich veranlaßt und somit insgesamt nicht abzugsfähig (Bl. 18 RbA I).

Am 19. September 1986 wurde beim Finanzamt S. Einspruch gegen den vorgenannten Bescheid eingelegt (Bl. 20 RbA I), den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 30. September 1987 als unbegründet zurückwies (Bl. 53 RbA I).

Am 14. Oktober 1987 hat der Kläger dieserhalb Klage erhoben, die unter dem Geschäftszeichen 2 K 224/87 des erkennenden Gerichts erfaßt wurde. In diesem Verfahren machte der Kläger geltend: Er sei deshalb umgezogen, weil er mit seinem Arbeitgeber im Streit liege; im Hinblick auf die verhängte Gehaltskürzung habe er seine Wohnung in S. nicht mehr halten können und berufsbedingt umziehen müssen (Bl. 1 in 2 K). Wenn er auch geschrieben habe, ...

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