rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Doppelte Haushaltsführung eines alleinstehenden Arbeitnehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ob die außerhalb des Beschäftigungsortes liegende Wohnung eines Arbeitnehmers als dessen Lebensmittelpunkt anzusehen ist und deshalb seinen Hausstand darstellt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen.

2. Bei nicht verheirateten Arbeitnehmern spricht, je länger die Auswärtstätigkeit dauert, immer mehr dafür, dass die eigentliche Haushaltsführung und auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen an den Beschäftigungsort verlegt wurden und die Heimatwohnung nur noch für Besuchszwecke vorgehalten wird.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung vorliegen.

Die im Jahr 1958 geborene Klägerin ist als Bankkauffrau bei einer Bank in Z. tätig. Sie ist ledig und kinderlos. Sie wuchs in Y., einem Ortsteil der Gemeinde X., auf. Aufgrund der schlechten Arbeitsmarktsituation verließ sie 1992 ihre Heimat in Y. und nahm zunächst eine Anstellung in einem anderen Bundesland an. Im Jahr 2002 wechselte die Klägerin die Arbeitsstätte und zog nach Z.

Sie führte im Streitjahr ein zurückgezogenes Leben ohne Betätigung in Vereinen oder kirchliches Engagement. Sie war nach eigenen Angaben nirgends sozial eingebunden. In größeren Abständen besuchte sie in Y. und Umgebung Freundinnen aus Kindertagen und einen Onkel in W. Ihre Ende 2013 verstorbene und davor seit mehreren Jahren pflegebedürftige Mutter lebte im Streitjahr überwiegend in einem Pflegeheim in Z. Die Klägerin besuchte diese regelmäßig. Aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes ihrer Mutter war die Klägerin von 2005 bis Mitte 2010 die vom Vormundschaftsgericht bestellte Betreuerin ihrer Mutter. In einem im Streitjahr durchgeführten Verfahren vor dem Vormundschaftsgericht in Z.- wurde ihr die Aufgabe als Betreuerin entzogen.

Die Klägerin war Eigentümerin eines rund 100 Jahre alten Hauses in Y. mit einer Wohnfläche von ca. 74 m². Das Haus hatte sie im Jahr 1994 von ihrer Mutter im Wege der Schenkung erworben und in den letzten Jahren für rund 100.000 Euro sanieren lassen.

An ihrem Beschäftigungsort in Z. mietete sie eine Zweieinhalbzimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von etwa 56 m². Von dort aus suchte sie ihre Arbeitsstelle an 190 Arbeitstagen auf. Darüber hinaus führte die Klägerin 30 Fahrten nach Y. durch, wo sie sich an freien Tagen und an Wochenenden aufhielt.

Im Streitjahr wurde die Klägerin mehrfach (mindestens 10 Mal) durch einen in Z. lebenden Bekannten in dessen Fahrzeug nach Y. mitgenommen. Sie zahlte ihm hierfür ein Kilometergeld. Der Bekannte begleitete sie zudem auch auf Besuchsfahrten zu ihrer Mutter ins Krankenhaus oder Pflegeheim und unterstützte sie bei der Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber dem Vormundschaftsgericht. Bereits im Vorjahr waren die Heimfahrten der Klägerin nicht ausschließlich mit dem eigenen Kraftfahrzeug erfolgt. Vielmehr war ihr von einem Bekannten aus W. von April bis Dezember 2009 für ca. 20 Fahrten nach Y. ein Fahrzeug überlassen worden.

Arztbesuche nahm sie im Streitjahr überwiegend in Z. wahr. Die im Rahmen ihrer Steuererklärung eingereichten Arzt- und Medikamentenrechnungen und auch andere Post empfing sie in ihrer Wohnung am Beschäftigungsort.

Da die Klägerin ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 nicht fristgerecht einreichte, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und erließ am 20. Oktober 2011 einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid. Am 15. November 2011 legte die Klägerin dagegen Einspruch ein und übermittelte zur Einspruchsbegründung ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010. Mit der Steuererklärung beantragte sie unter anderem den Werbungskostenabzug für Aufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung in Höhe von 7.267,06 EUR.

Im Laufe des Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte am 15. Februar 2013 einen Teilabhilfebescheid. Er ließ dabei die beantragten Kosten für die doppelte Haushaltsführung unberücksichtigt. Mit Einspruchsbescheid vom 10. April 2013 wies der Beklagte den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Zur Begründung legte er dar, dass der Lebensmittelpunkt der Klägerin nicht mehr in Y. sei. Die Klägerin begehre bereits seit 1992 die Anerkennung von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung. Sie habe keine Familienangehörigen mehr in Y. und auch sonst habe sie keine Nachweise zu familiären Aktivitäten in Y. erbracht. Sie mache Anschaffungen fast ausschließlich in Z. und nehme auch dort ihre Arztbesuche war. Auch ihre Post empfange sie in Z.. Die Wohnung in Z. sei zudem angemessen, sodass es nicht entscheidend sei, dass sie in Y. größeren Wohnraum nutze.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 13. Mai 2013 bei Gericht eingegangenen Klage.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass es sich bei der Wohnung in Z. lediglich um eine rei...

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