Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung für an Spielbankangestellte aus dem Tronc gezahlte Trinkgelder

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Sind die Beschäftigten einer Spielbank verpflichtet, „Trinkgelder”, die sie von Besuchern erhalten, unmittelbar den dafür bereit gestellten Behältern (sog. Trinkgeldbüchsen) zuzuführen, und werden die zentral gesammelten Gelder von der Spielbank unter Beachtung eines tarifvertraglich geregelten Verteilungsschlüssels unter den im Automatenspiel tätigen Arbeitnehmern verteilt, so handelt es sich um nach § 3 Nr. 51 EStG 2002 steuerfreie „Trinkgelder”.

2. Bei dem in § 3 Nr. 51 EStG genannten Merkmal „freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht” handelt es sich um einen einheitlichen Tatbestand, der die Steuerbefreiung bei rechtlichem wie auch bei faktischem Zwang ausschließt, wobei der Rechtsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Weiterleitung von freiwilligen Zahlungen der Kunden die Steuerbefreiung nicht ausschließt.

 

Normenkette

EStG 2002 § 3 Nr. 51, § 19

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.12.2008; Aktenzeichen VI R 8/06)

BFH (Urteil vom 18.12.2008; Aktenzeichen VI R 8/06)

 

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 06.01.2004 und die Einspruchsentscheidung vom 19.07.2004 werden mit der Maßgabe geändert, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 3.964 EUR vermindert werden.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger ist bei der Spielbank L. als Kassierer im Automatenspiel tätig. Die im Automatenspiel Beschäftigten sind verpflichtet, „Trinkgelder”, die sie von Besuchern erhalten, unmittelbar den dafür bereit gestellten Behältern (sog. Trinkgeldbüchsen) zuzuführen. Die zentral gesammelten Gelder werden von der Spielbank unter Beachtung eines tarifvertraglich geregelten Verteilungsschlüssels unter den im Automatenspiel tätigen Arbeitnehmern verteilt. Die Spielbank L. bescheinigte dem Kläger auf der Lohnsteuerkarte 2002 einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 40.155 EUR. In dem Betrag sind Bezüge in Höhe von 3.963,61 EUR enthalten, die die Spielbank L. dem Kläger für den Zeitraum vom 15.11. bis 31.12.2002 von den in den Spielgeldbüchsen gesammelten „Trinkgeldern” ausgezahlt hat.

Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 6. Januar 2004 die Einkommensteuer für das Kalenderjahr 2002 unter Berücksichtigung der „Trinkgelder” fest. Mit seinem Einspruch machte der Kläger geltend, das Spielbankengesetz unterscheide zwischen Tronc und Trinkgelder. Die Angehörigen des Spieltechnischen Personals dürften keine Trinkgelder annehmen, wohl aber die anderen Angestellten. Er gehöre als Kassierer nicht zum Spieltechnischen Personal und sei daher befugt, steuerfreie Trinkgelder anzunehmen.

Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Er wies darauf hin, der Kläger gehöre als Croupier zum Spieltechnischen Personal. Ihm sei die Annahme von Trinkgeldern untersagt, so dass es sich bei den Zahlungen aus dem Tronc nicht um Trinkgelder handle.

Der Kläger vertritt die Auffassung, die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Besteuerung von Bezügen aus dem Tronc sei auf die im Streitjahr geltende Fassung des § 3 Nr. 51 EStG nicht übertragbar. Die Einzahlungen in den Tronc erfolgten freiwillig und stünden in keinerlei Zusammenhang mit dem Arbeitslohn. Zu Unrecht gehe der Beklagte davon aus, dass er, der Kläger, einen Anspruch auf Gelder aus dem Tronc habe. Das Trinkgeldaufkommen sei nur unter den unmittelbar im Automatenspiel beschäftigten Arbeitnehmern aufzuteilen. Ein klagbarer Anspruch auf die Auszahlung der Trinkgelder bestehe nicht. Auch greife das Verbot des § 11 Abs. 1 Spielbankgesetz L. nicht, da die Gäste in der Regel dann Trinkgeld in die bereit gestellten Behälter gäben, wenn ein Gewinn erzielt worden sei. Die Trinkgeldzahlung diene insofern nicht der Entlohnung der Tätigkeit des Angestellten. Auch würden die Gelder aus dem Tronc nicht zur Deckung der Personalkosten eingesetzt, diese seien bereits durch ein monatliches Gehalt gedeckt. § 11 Abs. 2 Spielbankgesetz sei zudem nicht anwendbar, weil es zur Steuerpflicht der an sich nach § 3 Nr. 51 EStG steuerfreien Trinkgelder führe. Die bundesrechtliche Regelung des § 3 Nr. 51 EStG breche das Landesrecht.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 6. Januar 2004 und die Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2004 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 3.964,– EUR vermindert werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er weist darauf hin, dass der Kläger einen Rechtsanspruch gegen die Spielbank auf Auszahlung eines Anteils am Trinkgeldaufkommen habe. § 3 Nr. 51 EStG sei ...

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