Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG oder Regelsteuersatz: Aufforstungsleistungen auf Grundstücken des Leistenden und Gestattung der Angabe dieser Flächen als Ersatzaufforstungsflächen im Rahmen von den Auftraggebern von Behörden auferlegten Pflichten zur Ersatzaufforstung. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: V R 18/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 24 UStG muss EU-rechtskonform restriktiv dahingehend ausgelegt werden, dass darunter nur die in Art. 300 MwStSystRL genannten Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftliche Dienstleistungen fallen.

2. Führt ein Land- und Forstwirt auf eigenen oder gepachteten Grundstücken entgeltlich eine Wiederaufforstung gegenüber Auftraggebern durch, die aufgrund einer Abholzung an anderer Stelle von einer Behörde zur Ersatzaufforstung nach bestimmten behördlichen Vorgaben (z. B. Verwendung bestimmter Pflanzen) verpflichtet worden sind, und dürfen die Auftraggeber diesen neu hergestellten Wald als Ersatzaufforstung gegenüber den Behörden angeben, so unterliegen die Aufforstungsleistungen nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG, sondern dem Regelsteuersatz. Leistungsinhalt ist die Erfüllung der von den Auftraggebern einzuhaltenden behördlichen Auflagen, nicht die Waldherstellung an sich. Insoweit ist unerheblich, dass es dem Land- und Forstwirt gerade auf die Herstellung von Wald auf seinen eigenen oder von ihm gepachteten Grundstücken ankommt, weil er diesen neu hergestellten Wald als seinen Wald nutzen will.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 1, § 24 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 3; UStAE Abschn. 24.3 Abs. 5; MwStSystRL Art. 295 Abs. 1 Nr. 5, Art. 300

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Leistungen des Klägers für Ersatzaufforstungen nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UmsatzsteuergesetzUStG– zu besteuern sind oder ob diese dem Regelsteuersatz unterliegen.

Der Kläger betrieb in den Streitjahren eine gemischte Landwirtschaft in mehreren Einzelbetrieben im Zuständigkeitsbereich mehrerer Finanzämter. Diese bestanden überwiegend aus Waldflächen. Die Einkommensteuer lag im Zuständigkeitsbereich des Beklagten.

Der Kläger reichte seine Umsatzsteuererklärungen 2011 am 21.05.2013, 2012 am 24.07.2014 und 2013 am 17.06.2015 ein. Diese standen einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§§ 168, 164 Abs. 1 Abgabenordnung –AO–).

Das Finanzamt B… führte im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers eine Außenprüfung für die Jahre 2011 bis 2013 durch.

Der Prüfer sah die Tätigkeiten des Klägers als einen einzigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb an, der vom Wohnort des Klägers aus betrieben werde. Die weiteren angemeldeten Betriebe, die bislang in den Finanzämtern C…, D… und B… geführt wurden, sah der Prüfer als unselbständige Betriebsstätten an. Dies hatte keine Auswirkung auf die Umsatzsteuerfestsetzungen (Textziffer 13).

Weiter stellte der Prüfer fest, dass der Kläger Leistungen für Ersatzaufforstungen der Besteuerung nach Durchschnittssätzen unterworfen hatte. Der Prüfer hielt die Besteuerung mit dem Regelsteuersatz für zutreffend und ermittelte die Bemessungsgrundlage im Wege der Schätzung. Dabei ging er von Bruttoumsätzen aus Ersatzaufforstungen in Höhe von 214.427,91 EUR (2011), 29.371,83 EUR (2012) und 1.475,25 EUR (2013) aus. Die daraus herausgerechnete Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz betrug 34.236,39 EUR (2011), 4.689,62 EUR (2012) und 235,54 EUR (2013). Als Vorsteuer berücksichtigte der Prüfer 20 % der ermittelten Umsatzsteuer, und zwar in Höhe von 6.847,28 EUR (2011), 937,92 EUR (2012) und 47,11 EUR (2013). Danach verblieb eine Umsatzsteuerzahllast aus Ersatzaufforstungen in Höhe von 27.389,11 EUR (2011), 3.751,70 EUR (2012) und 188,44 EUR (2013). Weitere Feststellungen zur Umsatzsteuer traf der Prüfer nicht.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 10.08.2017, insbesondere Textziffer 14, verwiesen (am Ende der nicht blattierten Handakte II Betriebsprüfung).

Der Beklagte folgte den Feststellungen und Einschätzungen des Prüfers und setzte die Umsatzsteuer 2011 bis 2013 mit Bescheiden vom 17.11.2017 entsprechend geändert fest. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob er jeweils gemäß § 164 Abs. 3 AO auf. Die Zahllasten entsprachen bis auf Rundungsdifferenzen den vom Prüfer errechneten.

Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und berief sich darauf, dass es sich bei den betroffenen Umsätzen um Dienstleistungen handele, welche der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen würden. Dies ergebe sich aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen –BMF– vom 27.08.2015, III C 2-S 7410/07/10005 (2015/0735706), Bundessteuerblatt –BStBl.– I 2015, 656. Die den Umsätzen zugrundeliegenden Dienstleistungen bestünden in der Begründung von Forstkulturen. Die gleichzeitig damit verbundene Kompensation einer Forstfläche an anderer Stelle würde daran n...

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