Entscheidungsstichwort (Thema)

Wechsel der örtlichen Finanzamtszuständigkeit bei Wohnsitzwechsel des Steuerpflichtigen nach Erlass eines Säumniszuschläge festsetzenden Abrechnungsbescheids, aber vor Erlass der Einspruchsentscheidung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für den Erlass eines Abrechnungsbescheids ist die Finanzbehörde zuständig, die den Anspruch i. S. d. § 218 Abs. 1 AO aus dem Steuerschuldverhältnis, um dessen Verwirklichung gestritten wird, festgesetzt hat. Nachträgliche Änderungen der die örtliche Zuständigkeit für die Besteuerung begründenden Umstände – wie z.B. ein Wohnsitzwechsel des Steuerpflichtigen – führen grundsätzlich nicht zu einem Wechsel jener Zuständigkeit. Die Entscheidung durch Abrechnungsbescheid trifft damit nach § 218 Abs. 2 S. 1 AO „die Finanzbehörde”, die den Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, um dessen Verwirklichung gestritten wird, festgesetzt hat (vgl. BFH, Urteil v. 12.7.2011, VII R 69/10).

2. Diese Rspr. (s. Tz. 1.) trifft nach Auffassung des Senats nicht auf Fälle zu, in denen wie z. B. bei Abrechnung über Säumniszuschläge nicht über Ansprüche i. S. d. § 218 Abs. 1 AO abgerechnet wird und der Abrechnungsbescheid daher die Grundlage der Anspruchsverwirklichung ist. Ändert sich nach Erlass eines mit einem Einspruch angefochtenen Abrechnungsbescheids, mit dem Säumniszuschläge festgesetzt worden sind, wegen eines Wohnsitzwechsels die örtliche Zuständigkeit für den Steuerpflichtigen, so ist das „neue” nunmehr örtlich zuständige FA für den Erlass der Einspruchsentscheidung betreffend den Abrechnungsbescheid zuständig und nicht mehr das früher zuständige FA, das den Abrechnungsbescheid erlassen hat.

 

Normenkette

AO § 218 Abs. 2 S. 1, Abs. 1, §§ 47, 240, 19, 26

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.03.2019; Aktenzeichen VII R 27/17)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Auf Antrag des Klägers erließ das Finanzamt B… am 27. Mai 2014 einen Abrechnungsbescheid über die Säumniszuschläge zur Einkommensteuer für das Jahr 2005 in Höhe von EUR 87.607,50 mit der Fälligkeit 25. Juni 2007 und in Höhe von EUR 21.002,50 mit der Fälligkeit 13. September 2012.

Zur Begründung des Abrechnungsbescheids führt das Finanzamt B… aus, die Bemessungsgrundlage für den Säumniszuschlag ergebe sich aus dem Bescheid vom 22. Mai 2007. Die verwirkten Säumniszuschläge (SZ) wurden wie folgt erläutert (Beträge in EUR):

„Erläuterung der verwirkten SZ zur Einkommensteuer 2005 mit der Fälligkeit 25.06.07

Betrag

Wertstellung/Anlass

Berechnung SZ von / bis

Angefangene Monate

Bemessungsgrundlage

Verwirkte SZ

670.793,00

fällig 25.06.2007

Bescheid v. 22.05.07

577.267,00

fällig 25.06.2007

Minderung ber. Bescheid v. 12.06.07 (Stichtag 05.06.07)

./. 3.173

Minderung ab Fälligkeit (erhöhte Steuerabzugsbeträge) lt. Bescheid v 03.09.08

574.094,00

25.06.07 – 27.08.08

15

574.050,00

86.107,50

50.000,00

fällig 25.06.07

Minderung ber. Bescheid v. 03.09.08

(Stichtag 27.08.08)

25.09.08 – 22.12.08

3

50.000

1.500,00

Verwirkte SZ insgesamt

87.607,50

Erläuterung der verwirkten SZ zur Einkommensteuer 2005 mit der Fälligkeit 13.09.12

Betrag

Wertstellung/Anlass

Berechnung SZ von / bis

Angefangene Monate

Bemessungsgrundlage

Verwirkte SZ

987.438,00

fällig 13.09.12

Ber. Bescheid v 10.08.12

./. 550.000,00

13.09.12 / Zahlung

428.438,00

./. 428.438,00

21.01.13 / Zahlung

13.09.12 – 21.01.13

5

428.400,00

21.420,00

Am 10.03.14 wurde

der berichtigte Bescheid v 17.03.14 gebucht i. H. v.

1.941.218,00

eigentlich eine Erhöhung,

jedoch eine Minderung ab Fälligkeit, wegen erhöhter Steuerabzugsbeträge

Somit ergab sich eine maschinelle Rückrechnung des SZ

i. H. v.

./. 417,50

Verwirkte SZ insgesamt

21.002,50”

Das hiergegen bei dem Beklagten, dem Finanzamt C…, aufgrund eines Zuständigkeitswechsels geführte Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg. Seine Entscheidung begründete der Beklagte im Wesentlichen wie folgt:

Zum Zeitpunkt des Erlasses des Abrechnungsbescheides seien Säumniszuschläge in Höhe von EUR 108.610 verwirkt und zum Zeitpunkt des Abrechnungsbescheides, als auch noch am 30. September 2015 rückständig gewesen. Die Hauptschuld sei mit der letzten Teilzahlung in 2014 beglichen worden.

Der antragsgemäß erlassene Abrechnungsbescheid sei rechtmäßig und weise zweifelsfrei die Steuerart und das Jahr, für die die Säumniszuschläge berechnet worden sei, ebenso aus wie die Teilbeträge, für die die Säumniszuschläge jeweils verwirkt gewesen seien. Die Gründe des Erlöschens (der Hauptschuld), hier durch Zahlung (§ 47 Abgabenordnung (AO)) seien vollständig für jede einzelne Teilleistung aufgeführt. Unabhängig davon sei der Abrechnungsbescheid korrekt aufgebaut, inhaltlich zutreffend und auch für nicht Fachkundige leicht zu verstehen.

Eine Stundung, wie vom Kläger behauptet, habe nicht vorgelegen. Vielmehr sei dem Kläger mit dem Schreiben des Finanzamtes B… vom 17. Mai 2006 eine befristete Ratenzahlung gewährt worden. Dies bedeute, dass auf die Rückstände für die Zeit der Rat...

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