rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzinsung eines auf unbestimmte Dauer gewährten Gesellschafterdarlehens. Schätzung der Darlehensrestlaufzeit in Anlehnung an § 13 Abs. 2 BewG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein der Kapitalgesellschaft vom Gesellschafter unverzinslich gewährtes Darlehen mit unbestimmter Laufzeit ist abzuzinsen, wenn der Darlehensvertrag zwar nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden kann, mit einer kurzfristigen Kündigung am Bilanzstichtag aber nicht ernstlich gerechnet werden musste.

2. Bei Gesellschafterdarlehen, die nicht über eine bestimmte Laufzeit verfügen, ist die Laufzeit zu schätzen. Dies kann nur aus der Sicht des Bilanzstichtages, für den die Abzinsung festgestellt werden soll, geschehen, wobei wertaufhellende Ereignisse bis zum Tag der Feststellung der Bilanz zu berücksichtigen sind.

3. Ist bis zum Tag der Bilanzaufstellung nicht absehbar, wann ein Gesellschafterdarlehen tatsächlich getilgt wird, ist eine Schätzung einer Restlaufzeit der Darlehensverbindlichkeit anhand der sich später herausstellenden tatsächlichen Laufzeit nicht gerechtfertigt; vielmehr ist mangels sonstiger geeigneter Schätzungsmöglichkeiten eine Schätzung der Darlehensrestlaufzeit in analoger Anwendung des § 13 Abs. 2 BewG entsprechend dem BMF-Schreiben v. 26.5.2005 (BStBl I 2005, 699, Tz. 7) sachgerecht.

 

Normenkette

EStG 2002 § 6 Abs. 1 Nr. 3; KStG § 8 Abs. 1; BGB § 488; BewG § 13 Abs. 2; AO § 162

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 05.01.2011; Aktenzeichen I B 118/10)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine GmbH. Sie erhielt im Mai 2002 von ihrer Alleingesellschafterin MB sowie deren Ehemann JB und deren Sohn TB zinslose und mit einer Frist von drei Monaten kündbare Darlehen. Das Darlehen von MB wurde im Dezember 2004, die Darlehen von JB und TB im Oktober 2005 getilgt bzw. durch Umwandlung in Eigenkapital der Kapitalrücklage zugeführt.

Nach einer bei der Klägerin im Jahre 2006 durchgeführten Außenprüfung zinste der Beklagte diese Darlehen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab, und zwar unter Zugrundelegung eines Abzinsungsfaktors von 0,503, was einer Laufzeit von zwölf Jahren entspricht. Der Gewinn der Klägerin für das Streitjahr erhöhte sich dadurch um EUR ….

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die hier streitigen Darlehen angesichts der jederzeitigen Kündbarkeit als kurzfristige Darlehen, die nicht der Abzinsung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG unterfallen, anzusehen seien. Dies sei gerechtfertigt, weil das – insoweit anderslautende – Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), das Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Abzinsungsregelung betreffe, erst vom 26. Mai 2005 datiere und demzufolge zum Zeitpunkt der Hingabe der hier streitigen Darlehen noch nicht bekannt gewesen sei. Nach Bekanntwerden dieses Schreibens seien die von JB und TB gewährten Darlehen alsbald getilgt worden, weil danach davon auszugehen gewesen sei, dass auch Darlehen, die unter den hier vorliegenden Bedingungen gewährt worden seien, abzuzinsen seien. Sie, die Klägerin, könne allenfalls eine Abzinsung unter Zugrundelegung der tatsächlichen Laufzeiten der Darlehen akzeptieren.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 01. Juni 2010 die Klage wegen der zunächst auch angefochtenen Bescheide über Solidaritätszuschlag 2003 und Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags 2003 zurückgenommen. Das Verfahren ist insoweit mit Beschluss vom 04. Juni 2010 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 12 K 12119/10 eingestellt worden.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über Körperschaftsteuer 2003, Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer 2003 sowie gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2003, sämtlich vom 23. Juli 2007, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Dezember 2007, dahingehend zu ändern, dass die aus der Abzinsung der von MB, JB und TB gewährten Darlehen resultierende Gewinnerhöhung in Höhe von EUR … rückgängig gemacht wird,

sowie

die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

a) Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusetzen und mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Ausgenommen von der Abzinsung sind nur Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.

b) Danach waren die hier streitigen Darlehen abzuzinsen.

aa) Die Darlehen waren unstreitig unverzinslich.

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