Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebssitz des Arbeitgebers als regelmäßige Arbeitsstätte eines Landmaschinenfahrers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein größeres, räumlich abgeschlossenes Gebiet kann nur dann regelmäßige Arbeitsstätte i. S. v. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG sein, wenn es sich um ein zusammenhängendes Gelände handelt, auf dem der Steuerpflichtige auf Dauer und mit einer gewissen Nachhaltigkeit tätig wird und sich auf diesem Gelände jedenfalls eine ortsfeste betriebliche Einrichtung befindet, die nach ihren infrastrukturellen Gegebenheiten mit einem Betriebssitz oder mit einer sonstigen betrieblichen Einrichtung eines Arbeitgebers vergleichbar ist.

2. Regelmäßige Arbeitsstätte eines Landmaschinenfahrers, der Flächen bearbeitet, die weder zusammenhängend noch mit ortsfesten betrieblichen Einrichtungen versehen sind, ist der Betriebssitz seines Arbeitgebers, den er regelmäßig vor Arbeitsbeginn aufsucht, um dort die Maschine zu übernehmen, mit der er seine Tätigkeit auf den von ihm zu bearbeitenden Flächen ausübt.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Werbungskostenansatzes für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Rahmen der Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer für das Jahr 2012.

Der Kläger bezog im gesamten Streitjahr 2012 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Landmaschinenfahrer/Traktorist. Arbeitgeberin des Klägers war die B… GmbH & Co. KG mit Betriebssitz in C…, Ortsteil D…. Der Betriebssitz der Arbeitgeberin des Klägers befindet sich von dessen Wohnung in E… 21 km entfernt.

Der Kläger fuhr im Streitjahr arbeitstäglich von E… nach D… zum Betriebssitz seiner Arbeitgeberin, um dort ein landwirtschaftliches Fahrzeug zu übernehmen, mit der er auf den verschiedenen Nutzflächen seiner Arbeitgeberin seine berufliche Tätigkeit verrichtete. Diese Flächen bildeten kein zusammenhängendes Gelände der Arbeitgeberin und lagen auch nicht in unmittelbarer Nähe zueinander. Abends kehrte er mit dem Fahrzeug zum Betriebssitz zurück und stellte es dort ab, um im Anschluss mit seinem eigenen Fahrzeug nach Hause zu fahren. In der Zeit vom 1. Januar 2012 bis 4. März 2012 war der Kläger zusätzlich an 14 Tagen in den Ställen seiner Arbeitgeberin in den Orten/Ortsteilen D… und F… mit der Fütterung der dort untergebrachten Tiere beschäftigt

Der Kläger machte für das Streitjahr u.a. Fahrtkosten in Höhe von 2.242,80 Euro (42 km × 0,30 Euro × 178 Tage) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid vom 21. Oktober 2013 demgegenüber lediglich die Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die aufgerundet 1.122,00 Euro betrug.

Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass er nicht in einem weiträumigen Arbeitsgebiet arbeite, da es sich nicht um ein zusammenhängendes Gelände seiner Arbeitgeberin handele. Die Felder, auf denen er regelmäßig eingesetzt sei, lägen in unterschiedlichen Orten und grenzten nicht aneinander. Auf diesen Feldern gebe es auch keine ortsfesten betrieblichen Einrichtungen der Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin betreibe zusätzlich noch zwei Ställe, einmal am Betriebssitz in D… und zum anderen in F…. In diesen beiden Ställen sei er, der Kläger, im Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 4. März 2012 zusätzlich zur Fütterung der Tiere beschäftigt gewesen. Einer bestimmten Arbeitsstätte sei er nicht zugeordnet. Im Übrigen verkenne der Beklagte, dass allein maßgeblich sei, wo ein Arbeitnehmer seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit nachgehe. Die Arbeitsleistung müsse an der betrieblichen Einrichtung in dem für sie charakteristischen Wesensbereich auch tatsächlich in nicht unwesentlichem Umfang ausgeübt werden. Qualitativ liege der Schwerpunkt einer Betätigung dort, wo der Steuerpflichtige die Handlungen vornehme und die Leistungen erbringe, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend seien. Bei ihm, dem Kläger, beginne die Auswärtstätigkeit mit dem Verlassen der Wohnung und ende mit Betreten derselben. Eine eventuelle Pflege des Traktors sei von untergeordneter Bedeutung und nicht wesentlich und prägend für seinen Beruf. Die Tätigkeit auf den Feldern sei zudem witterungsabhängig. Bei schlechtem Wetter sei er, der Kläger, zu Hause, bei gutem Wetter arbeite er mehr als 8 Stunden und, falls nötig, auch am Wochenende.

Am 12. Mai 2014 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, ohne jedoch dem Einspruch des Klägers im hier streitigen Punkt abzuhelfen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2014 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers hinsichtlich der begehrten Anerkennung erhöhter Fahrtkosten als Werbungskosten als unbegründet zurück. Soweit der Kläger an 164 Tagen am Sitz seiner Arbeitgeberin ein Fahrzeug übernommen habe, um von dort aus seine arbeitstägliche Tätigk...

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