Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug. zweifelsfreie Benennung des Leistungsempfängers in einer Rechnung erforderlich. Angabe einer inländischen anstelle einer ausländischen Rechtsform. Rechnungsberichtigung entfaltet keine Rückwirkung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die unzutreffende Angabe der Rechtsform des Leistungsempfängers führt zum Verlust des Vorsteuerabzugs, wenn bei Angabe einer inländischen anstelle einer ausländischen Rechtsform eine erhöhte Verwechselungsgefahr in Bezug auf die Person des Leistungsempfängers besteht.

2. Die Gefahr einer Verwechselung ist aus der Sicht Dritter, insbesondere der Finanzverwaltung, zu beurteilen. Es kommt daher nicht darauf an, ob dem Rechnungsaussteller die unter derselben Adresse ansässige Schwester-GmbH der Leistungsempfängerin bekannt war oder nicht.

3. Eine in einem späteren Veranlagungszeitraum erfolgte Rechnungskorrektur eröffnet nicht den Vorsteuerabzug bereits im Jahr des Leistungsbezugs, denn sie entfaltet keine Rückwirkung.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.10.2016; Aktenzeichen V R 54/14)

BFH (Urteil vom 20.10.2016; Aktenzeichen V R 54/14)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die in Polen ansässige Klägerin unterhält in B. eine Betriebsstätte. Im Ergebnis einer bei dieser durchgeführten Betriebsprüfung erließ der Beklagte geänderte Bescheide zur Umsatzsteuer 2003-2006. Die Änderung betraf insbesondere eine Vorsteuerkürzung aus diversen Eingangsrechnungen, die nach der Auffassung des Prüfers mit der Empfängerbezeichnung „C.” oder „D.” unzureichend adressiert waren, da die Klägerin eine Sp.z.o.o (GmbH polnischen Rechts) sei und unter derselben Anschrift eine Schwestergesellschaft der Klägerin, die E. GmbH, ansässig sei. Auf Textziffer 39 des Prüfungsberichts vom 15.7.2010 wird Bezug genommen. Am 17.12.2010 reichte die Klägerin in 2008 und 2009 berichtigte Rechnungen für die beanstandeten Rechnungen der Streitjahre ein. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte mit Bescheiden vom 26.1.2011 die Umsatzsteuerfestsetzungen, soweit sie auf einer Schätzung von Vorsteuerkürzungen beruhten, entsprechend den zwischenzeitlich berichtigten Umsatzsteuererklärungen der Klägerin und wies mit Entscheidung vom 3.4.2012 den Einspruch als unbegründet zurück.

Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin geltend, die (verbleibende) Kürzung der Vorsteuerbeträge sei rechtswidrig, da sich aus den streitigen Rechnungen der Name und die Anschrift ihres – der Klägerin – Unternehmens eindeutig und leicht nachprüfbar feststellen lasse. Eine Verwechselungsgefahr mit der unter derselben Anschrift ansässigen deutschen GmbH sei nicht gegeben. Die deutsche GmbH habe keine vertraglichen Beziehungen zu den Vertragspartnern der Klägerin gehabt, die die streitigen Rechnungen ausgestellten hätten. Dem Rechnungsaussteller mit dem größten Umsatzanteil, der F., sei die E. GmbH überhaupt nicht bekannt gewesen, wie sich aus deren als Anlage VI beigefügtem Schreiben vom 25.11.2009 ergebe. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30.4.2009 (V R 15/07) dürften die Anforderungen an die Rechnungstellung nicht über das hinausgehen, was erforderlich sei, um die Erhebung der Mehrwertsteuer und ihre Überprüfung durch die Finanzverwaltung zu sichern und Steuerhinterziehungen zu verhindern. Im Streitfall seien keine Anhaltspunkte für eine erschwerte Erhebung oder Überprüfung der Umsatzsteuer oder für einen steuerlichen Schaden erkennbar, zumal die leistenden Unternehmen die geschuldeten Umsatzsteuerbeträge nachprüfbar abgeführt hätten.

Unabhängig davon seien die streitigen Rechnungen in Abstimmung mit der Betriebsprüfung in der Zeit von November 2008 bis Februar 2009 berichtigt worden. Nach der neuen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 15.7.2010 (C-368/09 – Pannon Gep) sei der Rechnungsberichtigung Rückwirkung beizumessen mit der Folge, dass die Vorsteuerkorrektur in den Streitjahren vorzunehmen sei. Dies gelte nach den Urteilsausführungen jedenfalls dann, wenn – wie hier – der Steuerpflichtige der Finanzbehörde vor Erlass ihrer Entscheidung über die Versagung des Vorsteuerabzugs eine berichtigte Rechnung zugeleitet habe.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2006 vom 26.1.2011 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 3.4.2012 dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsteuerbeträge in Höhe von 59.467,17 EUR für 2003, 107.881,83 EUR für 2004, 110.237,19 EUR für 2005 und 60.107,37 EUR für 2006 berücksichtigt werden,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die in Rede stehenden ursprünglichen Rechnungen entsprächen nicht der ständigen Rechtsprechung des BFH zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Adressierung, insbesondere bestehe im Hinblick auf die unter der g...

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