rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Entstehung eines Auflösungsverlusts i.S. von § 17 Abs. 4 EStG vor Abschluss der Liquidation bei nicht unerheblichen Unsicherheiten über die Höhe des Verlusts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ausnahmsweise kann der Zeitpunkt, in dem der Auflösungsverlust i.S. von § 17 Abs. 4 EStG realisiert ist, schon vor Abschluss der Liquidation liegen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlusts nicht mehr zu rechnen ist; dabei kommt es nicht darauf an, inwieweit der später tatsächlich erzielte Auflösungsverlust von dem ursprünglich prognostizierten abweicht. Die Risiken des Ausfalls von Forderungen bzw. einer Inanspruchnahme aus Garantien sind in diesem Zusammenhang nicht allein mit den nach kaufmännischen Erfahrungen ermittelten Ausfall- und Gewährleistungsraten anzusetzen, weil hinsichtlich der Höhe des Auflösungsverlusts ein höheres Maß an Gewissheit erforderlich ist, um eine vorgezogene Realisierung zu bejahen.

2. Der mutmaßliche Auflösungsgewinn ist noch mit vielerlei Unsicherheiten behaftet und ist damit noch nicht i.S. von § 17 Abs. 4 EStG realisiert, wenn u.a.

  • nicht feststeht, ob die von der Gesellschaft aktivierten Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von knapp 20.000 Euro realisiert werden können, und nach dem streitigen Stichtag bis zum Abschluss der Liquidation tatsächlich 23 % dieser Forderungen ausgefallen sind,
  • der Geschäftsbetrieb noch nicht vollständig eingestellt und nicht abzusehen ist, welchen wirtschaftlichen Erfolg die am streitigen Stichtag bereits angebahnten Geschäfte künftig noch bringen werden,
  • noch Gewährleistungsrisiken für einen Garantieumsatz von über 400.000 DM bestehen und nicht abzusehen ist, inwieweit eine Inanspruchnahme für die am Stichtag bereits abgeschlossenen bzw. erst danach noch durchgeführten Geschäfte zu erwarten ist.
 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1-2, 4

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob ein Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft bereits im Streitjahr realisiert war.

Die Klägerin gründete mit einem weiteren Mitgesellschafter am 03.04.1989 die X-GmbH. Am 11.09.1990 erwarb die Klägerin die Anteile ihres Mitgesellschafters zum Nennwert und verfügte von nun an alleine über das Stammkapital von 50.000 DM. Zudem war sie die Geschäftsführerin der X-GmbH.

Die X-GmbH ermittelte ihren Gewinn nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr zum 31.03. Der Jahresabschluss zum 31.03.1993 wies einen Gewinnvortrag von 83.384 DM nach einem Verlust von 6.422,74 DM auf. Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Klägerin waren nicht passiviert. Der Jahresabschluss auf den 31.03.1994 wies einen Kapitalfehlbetrag in Höhe von 65.112,09 DM nach einem Verlust von 112.073,35 DM auf. Außerdem war ein Sonderposten für Sonderabschreibungen in Höhe von 6.784 DM passiviert. Zum 31.03.1994 waren Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin in Höhe von 118.766,51 DM passiviert. Die Verbindlichkeiten verringerten sich zum 31.03.1995 auf einen Betrag von 99.104,66 DM. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Jahresabschlüsse in der Bilanzakte der X-GmbH Bezug.

Bereits unter dem 02.01.1994 hatte die Klägerin gegenüber der X-GmbH eine persönliche Patronatserklärung abgegeben. Danach erklärte sie, dass sie die X-GmbH in finanzieller Hinsicht stets so ausgestattet halten werde, dass die X-GmbH ihren Verpflichtungen gegenüber allen anderen Gläubigern fristgerecht nachkommen könne. Sie (die Klägerin) werde deshalb weiterhin ausreichende Darlehensmittel zur Verfügung stellen, die nur aus zukünftigen Gewinnen, aus einem Liquidationsüberschuss oder einem die sonstigen Schulden übersteigenden Vermögen zu begleichen seien und deshalb im Rang hinter alle anderen Verbindlichkeiten ihrer Gesellschaft zurückträten. Alle von ihr gewährten oder noch zu gewährenden Darlehen seien dazu bestimmt, in der Krise dem Unternehmen erhalten zu bleiben. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 13 der Gerichtsakte -GA -Bezug.

Am 21.12.2001 beschloss die Klägerin im Rahmen einer Gesellschafterversammlung, die X-GmbH mit Ablauf des 30.12.2001 aufzulösen.

Im Rumpfwirtschaftsjahr vom 01.04.2001 – 30.12.2001 erzielte die X-GmbH Umsätze in Höhe von 223.691,54 DM.

In ihrer Liquidationseröffnungsbilanz auf den 31.12.2001, die am 13.08.2002 aufgestellt und am 09.09.2002 festgestellt und genehmigt wurde, passivierte die X-GmbH Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin in Höhe von 380.638,97 EUR = 744.465,11 DM. Ferner bestanden folgende Verbindlichkeiten:

Gegenüber Kreditinstituten

4.193,57 EUR

Aus Lieferungen und Leistungen

4.888,11 EUR

Aus Steuern

2.062,91 EUR

Im Rahmen der sozialen Sicherheit

2.601,23 EUR

Aus Lohn und Gehalt

4.576,76 EUR

Aus erhaltenen Anzahlungen

4.407,69 EUR

Summe

21.730,27 EUR = 44.456,54 DM

Ferner passivierte die X-GmbH eine Rückstellung für Abschluss und Prüfung in Höhe von 10.225,84 EUR = 20.000 DM. Zusammen mit den vorgen...

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