rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine doppelte Haushaltsführung eines jüngeren unverheirateten Polizisten nach seiner Ausbildung durch Zimmer in der elterlichen Wohnung und Wohnung am Beschäftigungsort. Polizeidienststelle als regelmäßige Arbeitsstätte eines Streifenpolizisten. Entfernungspauschale für Fahrten des Streifenpolizisten zur Dienststelle

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für unverheiratete, jüngere Arbeitnehmer, die nach Beendigung der Ausbildung neben einer Unterkunft am Beschäftigungsort weiterhin – und sei es gegen Kostenbeteiligung – im elterlichen Haushalt ihr Zimmer (weiter-)bewohnen, stellt die elterliche Wohnung auch dann keinen eigenen Hausstand als Voraussetzung für eine doppelte Haushaltsführung dar, wenn dort der Mittelpunkt der Lebensinteressen liegt.

2. Bei einem Polizeibeamten, der jeden Arbeitstag seine Dienststelle anfährt und anschließend den Großteil der jeweiligen 10- bis 12-Stundenschichten im Einsatzwagen im Bereich seines Reviers Streife fährt, stellt die Polizeidienststelle seine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der vor dem Veranlagungszeitraum 2014 gültigen Fassung dar. Er kann daher sowohl für die von der elterlichen Wohnung (siehe 1.) als auch für die von seiner Wohnung am Beschäftigungsort zur Dienststelle durchgeführten Fahrten nur die Entfernungspauschale geltend machen und nicht Werbungskosten nach Reisekostengrundsätzen abziehen. Soweit er im Streifendienst länger als 8 Stunden von seiner Wohnung bzw. der Dienststelle abwesend ist, kann er gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c, Satz 5 EStG 2010 für die ersten drei Monate einen Verpflegungsmehraufwand von 6 EUR pro Arbeitstag geltend machen.

3. Für die Gewährung der Entfernungspauschale kommt es grundsätzlich nicht darauf an, dass der Steuerpflichtige die Nutzung eines Kfz nachweisen kann. Die Entfernungspauschale ist verkehrsmittelunabhängig ausgestaltet.

 

Normenkette

EStG 2010 § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4 Sätze 1-2, Nr. 5 S. 1, Abs. 5, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 Buchst. c, § 4 Ab S. 5, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.05.2020; Aktenzeichen VI R 38/18)

 

Tenor

Die Einkommensteuer 2010 wird abweichend von dem Einkommensteuerbescheid 2010 vom 8. Juli 2013 des FA B… in Gestalt der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 9. Juni 2016 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von insgesamt 2.565 EUR bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger zu 81 % und dem Beklagten zu 19 % auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der am 10. September 1984 geborene Kläger wendet sich gegen die Einkommensteuerfestsetzung 2010, um im Rahmen seiner Polizeidiensttätigkeit bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit weitere Werbungskosten in Form von Kostenlasten betreffend Fahrten zwischen B… sowie C… und jeweils seiner polizeilichen Diensteinsatzstelle, betreffend Verpflegungsmehraufwendungen sowie hinsichtlich seiner (Neben-)Unterkunft in C… in Ansatz bringen zu können.

Der Kläger stand im Streitjahr 2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses in Diensten des Polizeipräsidenten in F…. Im Rang eines Polizeimeisters war er bei der (F…) Bereitschaftspolizei eingesetzt. Seinen Hauptwohnsitz hatte er seinerzeit B…. In einer Entfernung von rund 17 km zu seinem Diensteinsatzort in der D…-straße in E… stand ihm eine (Neben-/Zweit-)Wohnung in C… zur Verfügung. Hierhin verlegte er zum 1. April 2012 seinen Hauptwohnsitz.

Seinen eigenen Angaben nach bestand seine damalige reguläre Diensttätigkeit in 10- bis 12-Stundenschichten. Diese sollen sich jeweils in eine rund einstündige Dienstsporteinheit sowie daran anschließende Streifendienste aufgeteilt haben. Ansonsten sei er bisweilen über mehrere Tage hinweg in Sondereinsätze bei verschiedenen Großveranstaltungen eingebunden gewesen.

Im Rahmen seiner am 23. April 2013 eingereichten Einkommensteuererklärung 2010 reklamierte der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit werbungskostenbezogen eine sogenannte [sog.] Auswärtstätigkeit im Sinne von § 9 Abs. 5, 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr 2010 geltenden Fassung – EStG 2010 – und brachte insoweit einkünftemindernd mit 5.130,60 EUR seine Wegstreckenaufwendungen, im Einzelnen an 51 Tagen jeweils Hin- und Rückfahrten zwischen B… zu seinem 107 km entfernten Arbeitsort in F… sowie an 182 Tagen zwischen seiner F… Nebenwohnung und 17 km weggelegenen Dienststelle, für 182 Tage zudem mit 4.368,– EUR einen Verpflegungsmehraufwand und schließlich mit 4.145,31 EUR die Kosten seiner F… Nebenwohnung, insgesamt Kosten in Höhe von 13.643,91 EUR, in Ansatz.

Das Finanzamt – FA –...

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