Entscheidungsstichwort (Thema)

Einzelveranlagung von Ehegatten. hälftige Zuordnung der insgesamt geleisteten Vorsorgeaufwendungen vor Durchführung der Höchstbetragsberechnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Beantragen einzeln veranlagte Ehegatten, dass Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigungen nach § 35a EStG ihnen jeweils zur Hälfte zugerechnet werden, so sind zunächst die insgesamt angefallenen Aufwendungen zu addieren und den Ehegatten je zur Hälfte zuzuordnen. Dieser Betrag ist danach bei jedem Ehegatten nach Maßgabe einer für ihn individuell durchzuführenden Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung in Abzug zu bringen.

 

Normenkette

EStG § 26a Abs. 2 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.11.2019; Aktenzeichen III R 11/18)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 16. September 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. März 2016 wird dahingehend abgeändert, dass abziehbare Vorsorgeaufwendungen aufgrund der im Rahmen der Einzelveranlagung gewählten hälftigen Aufteilung anstelle von 2.981 Euro in Höhe von 4.557 Euro berücksichtigt werden.

2. Die Berechnung der Einkommensteuer 2013 wird dem Beklagten übertragen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der noch zu erlassende Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500,– EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Liegt der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch im Wert bei 1.500,– EUR oder darunter, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In diesem Fall kann der Beklagte der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.

6. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Klägerin im Rahmen einer Einzelveranlagung von Ehegatten den hälftigen Abzug der ihr und ihrem Ehemann entstandenen beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben vor Durchführung der Höchstbetragsberechnung und der Günstigerprüfung beanspruchen kann.

Die Klägerin ist verheiratet und erzielt im Inland steuerpflichtige Einkünfte. Für das Jahr 2013 (Streitjahr) beantragte sie Einzelveranlagung nach § 26a EStG. Übereinstimmend mit ihrem Ehemann beantragte sie außerdem, die Sonderausgaben, die außergewöhnlichen Belastungen sowie die Steuerermäßigung nach § 35a EStG gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG hälftig aufzuteilen (vgl. Einkommensteuerakten der Klägerin, Blatt 10 rückseitig).

Der Beklagte (das Finanzamt – FA) führte die Veranlagung mit Bescheid vom 13. Juli 2015 durch und setzte die Einkommensteuer 2013 auf 7.780 Euro fest. Die beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben wurden in Höhe von 2.981 Euro (474 Euro für den Ehemann zuzüglich 2.507 Euro für die Klägerin) berücksichtigt. Hierbei wurden zunächst die Vorsorgeaufwendungen unter der Anwendung der Höchstbetragsberechnung und der Günstigerprüfung berücksichtigt, die die Klägerin und ihr Ehemann jeweils wirtschaftlich getragen hatten. Anschließend wurde die Summe berechnet, die sodann hälftig auf die Ehegatten aufgeteilt wurde.

Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 13. Juli 2015 richtete sich der Einspruch vom 12. August 2015, mit dem sich die Klägerin u. a. gegen die Berechnung der Vorsorgeaufwendungen wendete. Zur Begründung führte sie aus, dass § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG ein hälftiger Abzug der beschränkt abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen nach der Günstigerprüfung nicht entnommen werden könne. Vielmehr seien die Aufwendungen vor der Günstigerprüfung den Ehegatten hälftig zuzuteilen, und die Günstigerprüfung habe erst im Anschluss an die Aufteilung zu erfolgen. Dem Schreiben vom 12. August 2015 beigefügt war eine entsprechende Berechnung, nach der bei der Klägerin beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben in Höhe von 4.557 Euro zu berücksichtigen seien. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage zum Schreiben vom 12. August 2015 Bezug genommen (vgl. Einkommensteuerakten, Blätter 28 ff.).

Der Einkommensteuerbescheid vom 13. Juli 2015 wurde mit Bescheid vom 16. September 2015 nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) AO geändert und die Einkommensteuer auf 7.636 Euro ermäßigt. Die Vorsorgeaufwendungen blieben unverändert, dem Einspruchsbegehren wurde nicht in vollem Umfang entsprochen. Dieser Bescheid wurde gemäß § 365 Abs. 3 Satz 1 AO Gegenstand des Verfahrens.

Gegen den Bescheid vom 16. September 2015 richtete sich der Einspruch vom 21. Oktober 2015, mit dem sich die Klägerin erneut gegen die Berechnung der Vorsorgeaufwendungen wendete. Das FA wertete den Einspruch vom 21. Oktober 2015 als Ergänzung des Einspruchs vom 12. August 2015.

Mit Einspruchsentscheidung vom 10. März 2016 wies das FA den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, dass für den Fa...

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