rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für die Anschaffung einer Computeranlage einer Lehrerin an einer Schule für sprachbehinderte Kinder als Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Rechtsauffassung des 1. Senats des FG Baden-Württemberg im Urteil vom 18.1.2000 1 K 221/99, wonach der Stpfl. seiner Aufklärungspflicht nur dann genüge, wenn er den Umfang der beruflichen Nutzung eines häuslichen Computers einerseits und der privaten Nutzung andererseits durch vollständige, zeitnahe, wahrheitsgemäße und belegbare Aufzeichnungen über die jeweilige Art und Dauer der Nutzung des PCs vorlege, steht mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht in Einklang.

2. Der in § 96 Abs. 1 FGO normierte Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass das FG als Tatsacheninstanz bei der Feststellung und Gewichtung der entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnisse nicht starren Regeln unterworfen ist, sondern nur an die eigene innere Überzeugung des einzelnen Richters bzw. der Mehrheit des Spruchkörpers gebunden ist. Entscheidend ist allein, dass die richterliche Überzeugung vom Vorliegen der entscheidungsrelevanten Tatsachen ausreichend objektivert werden muss. Nichts anderes gilt auch für das Verfahren der Finanzbehörde.

3. Für den Bereich der Berücksichtigung von Aufwand für Arbeitsmittel nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 und 7 EStG als Werbungskosten bestehen keine gesetzlichen Aufzeichnungspflichten.

4. Ist ein Stpfl. an das Internet angeschlossen, sind an den Nachweis der nahezu ausschließlichen beruflichen Nutzung der häuslichen PC-Anlage im Hinblick auf die hierdurch deutlich erhöhte Vielfalt der privaten Nutzungsmöglichkeiten dieses Mediums erheblich höhere Anforderungen zu stellen als ohne einen solchen Anschluss.

5. Zur nahezu ausschließlich beruflichen Nutzung einer PC-Anlage ohne Internetanschluss, mit Graphik- und Soundkarte, CD-ROM-Laufwerk und Lautsprecherboxen einer an einer Schule für sprachbehinderte Kinder beschäftigten Sonderschullehrerin, die die Schüler in dem Umgang mit dem Computer einzuweisen hatte. Die Anschaffung der PC-Anlage war erst aufgrund der Entwicklung der Verhältnisse an ihrer Schule notwendig geworden; auch der erstmalige Erwerb der Kenntnisse in der Computeranwendung war der beruflichen Sphäre zuzuordnen; dem Haushalt gehörten keine Kinder im computerfähigen Alter an.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nrn. 6-7, § 12 Nr. 1 S. 2; AO 1977 § 90 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen für die Anschaffung eines Computers als Werbungskosten (WK) bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigungsfähig sind.

Die Klägerin (Klin) war im Veranlagungszeitraum 1998 – wie in den Vorjahren – als Sonderschullehrerin an einer Schule für sprachbehinderte Kinder tätig, wo sie während des Streitjahres u. a. in den Fächern Deutsch, Heimat- und Sachunterricht, Mathematik sowie Musik in den Klassen 2 und 4 unterrichtete, nachdem sie dort zuvor in den Klassen 3, 5 und 6 eingesetzt war. Ausweislich einer Bescheinigung des Sonderschulrektors vom 15. März 2000, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat die Klin die Schüler in den Umgang mit dem Computer einzuweisen. Sie nutzte für ihre Tätigkeit als Lehrerin u. a. die in ihrem häuslichen Arbeitszimmer stehende PC-Anlage.

Mit ihrer Einkommensteuer (ESt)-Erklärung 1998 machte sie bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Absetzungen für Abnutzung (AfA) für die Computeranlage, deren Anschaffungskosten im Februar 1998 DM 5.017,90 betragen hatten, in Höhe von DM 1.255 als WK geltend. Die PC-Anlage (Intel Pentium II mit 233 MHz) verfügt über einen Arbeitsspeicher mit 64 MB, eine Festplatte mit 4,3 GB, ein CD-ROM-Laufwerk mit 24-facher Geschwindigkeit, eine Grafikkarte mit 4 MB, eine Soundkarte sowie als Zubehör über eine Tastatur, eine Maus, einen Monitor, zwei Lautsprecher-Boxen und einen Laser-Drucker. In der Anlage sind die Programme Windows 95, Word 97 und Works 4.0 installiert. Wegen der Ausstattung der Computeranlage mit Hard- und Software im Einzelnen wird auf die Lieferrechnungen vom 7. Februar und 9. Februar 1998 Bezug genommen (Bl. 19 u. 20 der ESt-Akten).

Die von der Klin geltend gemachte AfA für die Computeranlage blieben im ESt-Bescheid 1998 vom 31. August 1999 unberücksichtigt. In den Erläuterungen zu dem Bescheid, auf den wegen der Einzelheiten hingewiesen wird, vertrat der Beklagte (Bekl) die Auffassung, die inzwischen immer stärker verbreitete Nutzung einer PC-Anlage, insbesondere als Kommunikations- und Informationsmittel, bewirke die grundsätzliche Nichtabziehbarkeit dieser Aufwendungen auch dann, wenn eine berufliche Mitbenutzung – auch in erheblichem Umfang – vorliege.

Hiergegen legte die Klin form- und fristgerecht Einspruch ein. Mit dem Einspruchsschreiben brachte sie vor, der Computer werde von ihr ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt. Die Kultusministerin des Landes Baden-Württemberg habe angeordnet, daß in den Schulen künftig mit Computern gearbeitet werden ...

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