rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung der auf tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit entfallenden Theaterbetriebszulage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Voraussetzung für die Steuerbefreiung von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit ist unter anderem, dass die Zuschläge neben dem Grundlohn geleistet werden; sie dürfen nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch an Sonn- und Feiertagen oder nachts geleistete Tätigkeit sein. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und den Erschwerniszuschlägen unterschieden und ein Bezug zwischen der zu leistenden Nacht- und Sonntags- sowie Feiertagsarbeit und der Lohnhöhe hergestellt ist.

2. Maßgeblich für die Frage, ob die steuerfreien Zuschläge neben dem Grundlohn geschuldet werden, ist allein die vertragliche Gestaltung (hier betreffend die den Arbeitnehmern laut Manteltarif- und Entgeltvertrag zustehende Theaterbetriebszulage in Höhe von 20%).

3. § 3b EStG verlangt gerade nicht, dass der Arbeitgeber einen feststehenden Bruttolohn (Grundlohn) schuldet, der ggf. um die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlten Zuschläge erhöht werden muss „on top”-Leistung).

 

Normenkette

EStG § 3b Abs. 1, 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.06.2021; Aktenzeichen VI R 16/19)

 

Tenor

Unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 vom 29. November 2016 und dem Einkommensteuerbescheid 2015 vom 12. Dezember 2016 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2017 wird die Einkommensteuer unter Berücksichtigung steuerfreier Zuschläge nach § 3b EStG für das Kalenderjahr 2013 in Höhe von 1.212 Euro, für das Kalenderjahr 2014 in Höhe von 7.770 Euro sowie für das Kalenderjahr 2015 in Höhe von 13.383 Euro festgesetzt. Die Berechnung wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin war Darstellerin bei der X GmbH in Y und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Ihr Arbeitgeber behandelte im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens Teile des Arbeitslohns – die sogenannte Theaterbetriebszulage – als steuerfreie Einkünfte nach § 3b Abs. 1 EStG, soweit tatsächlich geleistete und aufgezeichnete Sonn-, Feier- oder Nachtarbeit vorgelegen hat.

Der Arbeitgeber hielt sich insoweit an die mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft e.V abgeschlossene Tarifverträge „Manteltarifvertrag Cast” und den „Entgelttarifvertrag”. Diese sahen u.a. folgendes vor:

Manteltarifvertrag:

㤠16 ENTGELT

  1. Das Arbeitsentgelt setzt sich aus der Grundvergütung und der vereinbarten Zulage bzw. den Zuschlägen nach § 5 des Entgelttarifvertrages zusammen und ist in einem gesonderten Entgelttarifvertrag geregelt. Das vereinbarte Entgelt wird für jeweils einen Kalendermonat berechnet und ist so zu zahlen, dass am letzten Werktag eines jeden Monats darüber verfügt werden kann […].
  2. Dem Castmitglied sind vor Vertragsunterzeichnung die Zusammensetzung der Jahresberechnung und die damit zusammenhängenden Auswirkungen zu erläutern. Ihm sind im Übrigen das sich im Einzelfall ergebende voraussichtliche Gesamtentgelt und die das Gesamtentgelt beeinflussenden Faktoren schriftlich und in Form eines Merkblattes mit dem Vertragsangebot vorzulegen. […]”

Entgelttarifvertrag:

„§ 5 Theaterbetriebszulage / Überstundenzuschläge

  1. Jedes Castmitglied hat Anspruch auf die Zahlung einer Theaterbetriebszulage (TBZ) in Höhe von 20% des Arbeitsentgelts.
  2. Die TBZ wird als tariflicher Zuschlag für Nachtarbeit und für Sonn- und Feiertagsarbeit gezahlt und ist bereits in den jeweiligen Tabellenstufen der Vergütungstabelle enthalten.
  3. Die Arbeitszeiten, für die gemäß § 3 b EStG Zuschläge steuerfrei sind, müssen gesondert ausgewiesen werden. Die anteiligen Zuschläge sind steuerfrei auszuzahlen. Die Gesellschaft stellt den erforderlichen Nachweis für die Steuerfreiheit sicher.
  4. Angefangene Stunden unter 30 Minuten werden auf halbe Stunden, angefangene Stunden über 30 Minuten werden auf volle Stunden aufgerundet.
  5. Die Stundenvergütung errechnet sich aus der jeweiligen Monatsvergütung (gekürzt um die 20%-ige TBZ) geteilt durch 173,33. Monatsvergütung ist die Vergütung die ein Castmitglied erhält, wenn es gemäß § 4 Buchstabe a) Satz 1 MTV vollbeschäftigt ist.”

Daneben hatte der Arbeitgeber ein Merkblatt zu § 16b Manteltarifvertrag Cast erstellt, wonach u.a. folgendes galt:

„Die Höhe...

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