Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchbrechung der Bestandskraft eines Kindergeldablehnungsbescheids aus Gründen von Treu und Glauben. Kindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch wenn der die Festsetzung von Kindergeld ablehnende Bescheid bestandskräftig geworden ist, kann dem Antragsteller nachträglich Kindergeld bewilligt werden, wenn ihm durch Zusendung eines sachlich falschen Formulars seitens der Familienkasse suggeriert worden war, dass er keinen Kindergeldanspruch habe, und er nur deswegen von der rechtzeitigen Einlegung eines Einspruchs und der geforderten Beibringung weiterer Unterlagen abgesehen hatte.

 

Normenkette

BGB § 242; EStG § 70; AO § 172 ff.

 

Tenor

I. Unter Abänderung des Kindergeldbescheides vom 17. Dezember 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01. Februar 2005 wird die beklagte Agentur für Arbeit verpflichtet, dem Kläger Kindergeld auch für den Zeitraum Oktober 2003 bis März 2004 zu gewähren.

II. Die beklagte Agentur für Arbeit trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger für seine am 06. April 2000 geborenen Kinder G. und R. Kindergeld auch für die Monate von Oktober 2003 bis März 2004 zu gewähren ist.

Der Kläger ist Vater der Zwillingskinder R. und G. Kindesmutter ist die Lebensgefährtin des Klägers, M. Am 01. Oktober 2003 zog er zusammen mit seiner Lebensgefährtin und seinen Kindern nach E. Dort stellte er am 15. Oktober 2003 einen Kindergeldantrag. Darin gab er an, bis 30. September 2003 bei der H. der Schweiz nichtselbständig erwerbstätig gewesen zu sein. Angaben über die Kindesmutter und ihre Unterschrift fehlten. Dem Antrag war beigefügt eine Bescheinigung des Finanzamtes, wonach er in Deutschland als Unternehmer tätig ist sowie eine Bescheinigung E 411 über eine in der Zeit von Januar bis September in der Schweiz ausgeübte berufliche Tätigkeit und damit verbunden einem Anspruch auf Familienleistungen.

Die beklagte Agentur für Arbeit teilte dem Kläger daraufhin mit, dass der Kindergeldvordruck von der Mutter der Kinder noch zu unterschreiben sei und dieser nicht vollständig ausgefüllt wäre. Außerdem erhielt der Kläger mit weiteren Schreiben der Agentur für Arbeit, ebenfalls vom 15. Januar 2004, einen Vordruck mit dem Betreff „Kindergeld nach Art. 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71” übersandt. Darin heißt es, dass er als Selbständiger nur Anspruch auf Kindergeld nach der Bestimmung der EG-Verordnung 1408/71 habe, wenn er für den Fall des Alters bzw. in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sei. In dem in der Akte verbliebenen Vordruck war im Schreiben „außerhalb Deutschland lebenden” durchgestrichen, so dass es nunmehr hieß „Selbständige haben für ihre Kinder nur dann Anspruch auf Kindergeld …, wenn sie versicherungspflichtig sind”, wogegen in dem dem Kläger zugegangenen Vordruck lediglich „außerhalb” durchgestrichen war und mit „in” überschrieben war, so dass es hieß „Selbständige haben für ihre in Deutschland lebenden Kinder nur dann Anspruch auf Kindergeld …, wenn sie versicherungspflichtig sind.”.

Nachdem der Kläger die Frist bis 25. Februar 2004 unbeachtet ließ, erging am 04. März 2004 ein ablehnender Bescheid worin ausgeführt ist, dass er es unterlassen habe, eine Bescheinigung über das Bestehen einer Altersversicherung vorzulegen sowie den Kindergeldantrag von der Mutter seiner Kinder unterschreiben zu lassen.

Am 09. Dezember 2004 sprach der Vater des Klägers bei der Agentur für Arbeit – Kindergeldkasse – vor. Dort erhielt er die Nachricht, dass die Kindergeldberechtigung von der gesetzlicher Rentenversicherungspflicht abhänge. Nachdem er sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden gegeben hatte, teilte ihm der zuständige Sachbearbeiter nach kurzfristiger Rücksprache außerhalb des Zimmers mit, dass es hierauf doch nicht ankomme.

Der Kläger übersandte daraufhin erneut den von der Kindesmutter mit unterschriebenen und hinsichtlich der fehlenden Daten ergänzten Kindergeldantrag. In dem ihm mit übersandten Vordruck führte er unter Bemerkungen aus, „Nach Beendigung meiner Tätigkeit in der Schweiz (AHV) besteht in Deutschland aufgrund meiner Selbständigkeit keine gesetzliche Altersversicherung mehr”.

Am 17. Dezember 2004 erging daraufhin ein hinsichtlich der Familienleistungen in Frankreich vorläufiger Kindergeldbescheid, mit dem dem Kläger Kindergeld für den Zeitraum ab April 2004 gewährt wurde. Darüber hinaus wurde der Kindergeldantrag für die Zeit davor bis März 2004 wegen Bestandskraft des Bescheides vom 04. März 2004 abgelehnt.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 01. Februar 2005 hielt die beklagte Agentur für Arbeit daran fest, dass wegen der Bestandskraft des vorgehenden Bescheides vom 04. März 2004 rückwirkend die Kindergeldfestsetzung ausgeschlossen sei.

Hiergegen richtet sich die bei Gericht eingegangene Klage mit der der Kläger im Wesentlichen vorträgt, dass er seitens der Agentur für Arbeit durch den falschen Vordruck BA II KG 56 – 1.98 irregeführt worden sei und er die Erfolgsaussichten für den Kindergeldan...

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