Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorliegen einer atypischen stillen Beteiligung an einer GmbH. Berücksichtigung der nicht zurückgeleisteten Einlage als steuerlicher Verlust des stillen Gesellschafters. Erlöschen der Bekanntgabevollmacht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei Vorliegen einer atypisch stillen Beteiligung besteht zwischen der GmbH und dem stillen Gesellschafter eine Mitunternehmerschaft.

2. Die atypisch stille Gesellschaft ist mangels Gesamthandsvermögens nicht buchführungs- und bilanzierungspflichtig. Es gibt keine Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft, sondern nur des Inhabers des Handelsgeschäfts, der GmbH.

3. Der von der GmbH und dem stillen Gesellschafter gemeinsam erwirtschaftete Gewinn bzw. Verlust ist im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung auf die GmbH und den stillen Gesellschafter aufzuteilen.

4. Hat der stille Gesellschafter seine Einlage erbracht und hat er die Einlage aufgrund der Insolvenz der GmbH nicht zurückerhalten, ist für Berechnung seines steuerlichen Verlustes unter der Anwendung des § 15a EStG vom Stand der Einlage auszugehen.

5. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH erlischt die Bekanntgabevollmacht. Es muss hinsichtlich der Bekanntgabe des Körperschaftsteuerbescheids die Empfangsvollmacht des Insolvenzverwalters bzw. Liquidators vorgelegt werden.

6. Für das Bestreiten des Zugangs eines Verwaltungsaktes reicht es aus, wenn der Steuerpflichtige aussagt, dass er den Bescheid nicht erhalten habe.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 15a; AO § 122 Abs. 2 S. 1 2. HS, §§ 179-180

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.02.2015; Aktenzeichen IV R 48/11)

BFH (Urteil vom 12.02.2015; Aktenzeichen IV R 48/11)

 

Tenor

1. Der Feststellungsbescheid für 1995 vom 04.04.2003 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung wird abgeändert. Dem beklagten Finanzamt wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner dem Kläger das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekannt zu geben; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt das beklagte Finanzamt.

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

4. Das Urteil ist wegen der dem Kläger zu erstattenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Betragen diese nicht mehr als 1.500 EUR, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann in diesem Fall die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbe-schluss festgesetzten Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Übersteigt der Kostenerstattungsanspruch den Betrag von 1.500 EUR, ist das Urteil wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrages vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten der Feststellungsbescheid 1995 der atypisch stillen Gesellschaft zwischen Z GmbH – nachfolgende Z GmbH – und X, dem Kläger.

Der Kläger war Steuerberater der Firma Z GmbH, über deren Vermögen am November 1996 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Diese Firma betrieb einen Y-Handel und expandierte in den neuen Bundesländern mit Großbaustellen in C, D und E. Bereits in den Vorjahren hatte der Kläger der Z GmbH Darlehen gewährt.

Mit Darlehensvertrag vom 29. Dezember 1993 gewährte der Kläger der Z GmbH ein weiteres Darlehen. Nach § 1 dieses Vertrages stellte der Kläger der Darlehensnehmerin im Rahmen eines Kontokorrentkredites je nach Bedarf die erforderlichen Beträge zur Verfügung, die zum Liquiditätsausgleich erforderlich waren. Die in Anspruch genommenen Kredite werden nach § 2 mit 12 % nach der Zinsstaffelmethode verzinst. Dieses Darlehen entwickelte sich bis zum 31. Dezember 1994 auf einen Stand von 450.000 DM (ohne Zinsen).

Mit Darlehensvertrag vom 16. Dezember 1994 gewährte der Kläger A, AlleingesellschafterGeschäftsführer der Z GmbH, ein Darlehen bis zu 3.000.000 DM. Dieses Darlehen ist nach der vertraglichen Regelung mit 10 % zu verzinsen und kann von beiden Seiten jederzeit fristlos gekündigt werden. Als Sicherheit für die Darlehensgewährung verpfändete A seine Geschäftsanteile an der Z GmbH in vollem Umfang, insbesondere mit dem Gewinnbezugsrecht, an den Kläger.

Mit weiterem Darlehensvertrag vom 16. Dezember 1994, gewährte A seinerseits der Z GmbH ein Darlehen bis zu 3.000.000 DM. Nach diesem Vertrag ist die Darlehensnehmerin verpflichtet – solange A sein Darlehen aus einer Darlehensgewährung seitens des Klägers refinanziert – A die Zinsen zu erstatten, welche dieser an seinen Darlehensgeber zu entrichten hat (Erstattung der Refinanzierungsaufwendungen).

Am 20. Dezember 1994 überwies der Kläger von seinem Konto bei der „I...

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