rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilwertzuschreibung von Fremdwährungsverbindlichkeiten. nachhaltige Werterhöhung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro zum 31.12.2010

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Fremdwährungsverbindlichkeiten sind grundsätzlich mit dem Rückzahlungsbetrag zu bewerten, der sich aus dem Kurs im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme ergibt. Der Teilwert der Verbindlichkeit kann jedoch – in sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG – angesetzt werden, wenn er aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertveränderung höher ist als der ursprüngliche Rückzahlungsbetrag.

2. Eine voraussichtlich dauernde Erhöhung des Kurswerts einer Verbindlichkeit liegt nur bei einer nachhaltigen Erhöhung des Wechselkurses gegenüber dem Kurs bei Entstehung der Verbindlichkeit vor.

3. Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten, die eine Restlaufzeit von ca. zehn Jahren haben, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sich Währungsschwankungen ausgleichen. Demnach ist bei diesen Verbindlichkeiten nicht jede Kursveränderung als dauerhafte Wertänderung anzusehen. Nicht gefolgt werden kann jedoch der Ansicht der baden-württembergischen Finanzverwaltung, dies gelte bereits für Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von über einem Jahr.

4. Bei verzinslichen Fremdwährungsdarlehen mit kürzerer Restlaufzeit (im Streitfall war zum maßgeblichen Bilanzstichtag noch eine Mindestlaufzeit von drei Jahren und neun Monaten zu erwarten) ist eine Teilwertzuschreibung zulässig, wenn die Kursschwankung eine Grenze von 20% für den einzelnen Bilanzstichtag bzw. von 10% für zwei aufeinanderfolgende Stichtage überschreitet.

5. Am 31.12.2010 war angesichts der erheblichen Staatsverschuldung etlicher Euro-Mitgliedstaaten, die die Stabilität des Finanz- und Währungssystems der EU infrage stellte und die Einführung des Euro-Rettungsschirms und massive Käufe von Staatsanleihen der betroffenen Staaten durch die Europäische Zentralbank nach sich zog, von einer fundamentalen Veränderung der Wirtschaftsdaten auszugehen, die zu einer nachhaltigen Werterhöhung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro geführt hat.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, Nr. 2 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.06.2021; Aktenzeichen IV R 18/18)

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 12. August 2015 über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. November 2016 wird abgeändert und ein Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von […] EUR festgestellt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch einfache Erklärung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin berechtigt war, zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2010 eine Teilwertzuschreibung bei einem Fremdwährungsdarlehen in Schweizer Franken (CHF) vorzunehmen.

Die Klägerin ist eine Personengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Komplementärin ist die A Verwaltungs GmbH. Die Kommanditisten sind Mitglieder der Familie A. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn im Wege des Betriebsvermögensvergleichs.

Am 21. Dezember 1999 nahm die Klägerin bei der Bank I ein Fremdwährungsdarlehen in Schweizer Franken im Wert von […] DM (˜ […] EUR) auf. Die Auszahlung des Darlehens erfolgte in Höhe von […] CHF (Umrechnungskurs ˜ 1,61 CHF/EUR).

Am 16. Januar 2004 vereinbarte die Klägerin mit der Bank I zwei sog. Universalverträge (Nr. I und II) für Geschäftskredite über jeweils […] EUR, zusammen […] EUR, innerhalb derer Einzelkredite in wechselnder Höhe in Anspruch genommen werden konnten. Die Krediteinräumungen erfolgten unbefristet. Die Konditionen der Kredite sollten jeweils bei Abschluss der Einzelkredite festgelegt werden, die auch bei der Bank II und in Fremdwährung aufgenommen werden konnten. Als Sicherheiten dienten u. a. eine selbstschuldnerische Bürgschaft des Kommanditisten P A über […] EUR und Grundschulden in Höhe von […] EUR. Weiter wird in den Verträgen ausgeführt, dass die Universalkredite vom 13. Mai 2002 und 17. Mai 2002 über […] EUR und […] EUR ihre Gültigkeit verlieren (vgl. die Verträge vom 16. Januar 2004, auf die hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, auf Bl. 106 ff. und 112 ff. der Akte des Verfahrens 2 V 2763/15 des Finanzgerichts –FG– Baden-Württemberg).

Ebenfalls am 16. Januar 2004 schlossen die Klägerin und die Bank I zwei Grundvereinbarungen und Garantieaufträge für Darlehen in Fremdwährung ab. Unter 7. der Grundvereinbarungen ist geregelt, dass die Bank I ggf. berechtigt war, zur Begrenzung des Währungsrisikos Kurssicherungsgeschäfte für die jeweilige Restlaufzeit des Darlehens auf Rechnung der Klägerin zu schließen, falls der Euro-Gegenwert ...

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