Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahmevermächtnis. Betriebsvermögensfreibetrag nach § 13a ErbStG. Abzugsverbot nach § 25 ErbStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Übernahmerecht wird erbschaftsteuerlich nicht mit dem Steuerwert (Einheitswert) derjenigen Sache angesetzt, die der Übernahmeberechtigte zu erwerben in der Lage ist. Vielmehr ist das Erwerbsrecht als solches nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 Abs. 1 BewG mit seinem gemeinen Wert zu bewerten.

2. Hat der Erbe durch Vorausvermächtnis ein Übernahmerecht hinsichtlich eines landwirtschaftlichen Betriebs erworben, ist der Wert nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 Abs. 1 BewG mit dem gemeinen Wert des übernommenen landwirtschaftlichen Betriebs anzusetzen; mangels anderer Wertmaßstäbe ist dieser nach dem Verkehrswert der Gegenstände zu schätzen, auf die sich das Übernahmerecht bezieht.

3. Der Wortwahl kommt bei der Auslegung eines von einem Notar beurkundeten Vertrages besondere Bedeutung zu.

4. Ein Übernahmevermächtnis, das den Erwerb von Betriebsvermögen zum Gegenstand hat, fällt unter § 13a ErbStG.

5. Es besteht keine Bindung des Veranlagungsfinanzamts hinsichtlich der Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit durch das Lagefinanzamt.

6. Der Wortlaut des Abzugsverbots nach § 25 Abs. 1 S. 1 ErbStG erfasst auch das Kaufrechtsvermächtnis, wenn die Gegenleistung darin besteht, eine Rente zugunsten der Ehefrau des Erblassers zahlen zu müssen.

 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 1, § 13a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 25 Abs. 1 S. 1; BewG § 9 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.08.2008; Aktenzeichen II R 7/07)

 

Tenor

1. Die Einspruchsentscheidung vom 13.12.2004 wird aufgehoben. Der Erbschaftsteuerbescheid vom 04.04.2006 wird dahin geändert, dass die Erbschaftsteuer auf 219.849,– DM, hiervon zinslos gestundet 48.199,– DM, festgesetzt wird.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 45 % und der Beklagte zu 55 %.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kostengläubiger vor der Vollstreckung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrages Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Bewertung eines Übernahmerechts und der Ansatz des Betriebsvermögensfreibetrages nach § 13a Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG).

Der Kläger ist der älteste Sohn des am…11.1997 verstorbenen Landwirts …. Dieser hinterließ drei weitere Söhne und seine Ehefrau. Der Erblasser hatte, ohne die Aufgabe seinen Betriebes erklärt zu haben, seinen Hof bereits ab 01.07.1997 an den Kläger verpachtet.

Zur Regelung der Erbfolge hatte der Erblasser zwei Verfügungen von Todes wegen getroffen:

Am 21.03.1983 hatte er mit seiner Frau einen Erbvertrag geschlossen. Unter Ziffer II. § 1 des Vertrages setzte er seine vier Söhne zu gleichen Teilen als Erben ein, seine Ehefrau bedachte er mit Vermächtnissen. Unter § 4 traf er Regelungen in Bezug auf seinen landwirtschaftlichen Betrieb:

”Der Ehemann verfügt folgende Übernahmerechte:

1) Zur Übernahme seines landwirtschaftlichen Betriebes ist berechtigt:

  1. in erster Linie der Sohn A. G.,
  2. in zweiter Linie ersatzweise der Sohn B. G.,
  3. in dritter Linie …,

sofern der jeweilige Übernehmer zur eigenen Bewirtschaftung des Betriebs bereit ist.

Die Übernahme erfolgt mit allen Aktiven und Passiven zum Ertragswert. Außerdem hat der Übernehmer die an die Ehefrau als überlebenden Teil nach § 2 dieses Erbvertrages zu entrichtende Geldrente zur Erfüllung zu übernehmen und das Wohnungsrecht § 3 gegen sich gelten zu lassen.

2) …

Für das Übernahmerecht gelten im übrigen folgende weitere Bestimmungen:

1. …

4. Der von den jeweiligen Übernehmern zu entrichtende Übernahmepreis ist innerhalb von 12 Monaten nach Ausübung der Übernahmerechte zur Zahlung fällig ….”

Der Erbvertrag wurde am 07.05.1991 hinsichtlich einzelner Bestimmungen geändert und neu gefasst. Ziffer II § 4 1), 2) erhielt folgenden – neuen – Wortlaut:

”Der Ehemann verfügt folgende Übernahmerechte:

A.

Zur Übernahme seines landwirtschaftlichen Betriebes ist berechtigt:

  1. in erster Linie der Sohn A. G.,
  2. in zweiter Linie…,
  3. in dritter Linie…,

sofern der jeweilige Übernehmer zur eigenen Bewirtschaftung des Betriebes bereit ist.

Die Übernahme erfolgt mit allen Passiven und Aktiven. Der Übernehmer hat die an die Ehefrau als überlebenden Teil nach § 2 dieses Erbvertrages zu entrichtende Geldrente zur Erfüllung zu übernehmen und das Wohnungsrecht § 3 gegen sich gelten zu lassen. Weitere Gegenleistungen sind jedoch nicht zu erbringen. … Für das Übernahmerecht gelten im übrigen folgende weitere Bestimmungen:

  1. Das Übernahmerecht ist innerhalb von 6 Monaten nach dem Erbfall auszuüben. Erfolgt keine fristgerechte Erklärung, so erlischt das Übernahmerecht und der als weiterer Übernehmer vorgesehene Sohn hat sich ebenfalls innerhalb von 6 Monaten zu erklären. …
  2. …”

Wegen der weiteren Inhalte der Erbverträge wird auf Bl. 7 – 28 der Erbschaftsteuerakte Bezug genommen.

Die Erben und Vermächtnisne...

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