Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit bei Inanspruchnahme des Organträgers für Umsatzsteuer der insolventen Organgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Festsetzung der Umsatzsteuer gegen den Organträger unter Einbeziehung der von der insolventen Organgesellschaft getätigten Umsätze ist auch dann nicht sachlich unbillig, wenn die Organgesellschaft unter der Verwaltung eines verläufigen Insolvenzverwalters steht.

2. Dies gilt auch dann, wenn der Organträger die Umsatzerlöse aufgrund des Einziehungsrechts des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht vereinnahmen konnte.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2; AO § 163

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.03.2012; Aktenzeichen XI R 28/09)

BFH (Urteil vom 14.03.2012; Aktenzeichen XI R 28/09)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 07.03.1975 als offene Handelsgesellschaft (OHG) vom Photolithographen a A und dem Maschinenschlosser b B gegründet. Unternehmensgegenstand war die Herstellung und der Vertrieb von Druckerzeugnissen im Siebdruckverfahren sowie von Reproduktionen und verwandten Produkten. Mit Wirkung ab 01.07.1982 nahm die Gesellschaft einen Kommanditisten auf und wurde unter der Firma A Siebdruck-Werbung KG weitergeführt.

Am 31.10.1990 erfolgte die Gründung der A Siebdruck-Werbung GmbH (im Weiteren GmbH). Das Stammkapital betrug zunächst xxx.xxx DM, das je zur Hälfte von den Gründungsgesellschaftern und alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern a A und b B gehalten wurde. Nach einer Kapitalerhöhung zeichneten zuletzt a A 150.300 DM, b B xxx.xxx DM und c C xxx.xxx DM der Geschäftsanteile.

Mit Pacht- und Betriebsüberlassungsvertrag vom 29.12.1990 übernahm die GmbH mit Wirkung ab 01.01.1991 das von der Klägerin bisher betriebene Unternehmen und pachtete auf unbestimmte Zeit das gesamte bewegliche und unbewegliche Anlagevermögen bestehend aus Betriebsgrundstücken nebst aufstehenden Gebäuden, technischen Anlagen und Maschinen, Betriebs- und Geschäftsausstattung. Die Vorräte erwarb sie entgeltlich. Der Pachtzins betrug zuletzt 38.000 DM. Jedoch liefen ab 1996 erhebliche Pachtrückstände auf.

Bereits im November 1990 hatte die Klägerin ihre Firma in A Handels- und Verwaltungs KG geändert. Nach Ausscheiden des alleinigen Kommanditisten am 06.08.1998 führten die persönlich haftenden Gesellschafter a A und b B die Klägerin unter unveränderter Firma als OHG fort.

Die Beteiligten gingen nach Gründung der GmbH und Abschluss des Pacht- und Betriebsüberlassungsvertrags einvernehmlich vom Bestehen einer Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 des UmsatzsteuergesetzesUStG) aus, mit der Klägerin als Organträgerin und der GmbH als Organgesellschaft.

Am 04.03.1999 beantragte die GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Noch am selben Tag bestellte das Amtsgericht X Rechtsanwalt i I zum vorläufigen Insolvenzverwalter und traf u. a. folgende Anordnungen:

„Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens sind nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO).

Den Schuldnern der Schuldnerin (Drittschuldnern) wird verboten, an die Schuldnerin zu zahlen. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen.”

Der Betrieb der GmbH lief unverändert weiter. Die beiden Geschäftsführer blieben im Unternehmen und gingen weiterhin ihrer Tätigkeit nach. Bis 30.04.1999 flossen ihnen durch den vorläufigen Insolvenzverwalter Gehaltszahlungen in Höhe von jeweils xx.xxx DM zu. Im Zeitraum 04.03. bis 30.04.1999 wickelte die GmbH xxx Aufträge ab und erzielte Umsatzerlöse in Höhe von xxx.xxx DM. Außenstände aus Lieferungen und Leistungen per Stichtag der Insolvenzantragsstellung realisierte sie in Höhe von xxx.xxx DM, die jedoch dem Absonderungsrecht der Bank AG aufgrund einer ihr am 16.08.1996 eingeräumten Globalzession unterlagen. Die Bank erklärte sich jedoch bereit, der Schuldnerin einen Anteil von 15 % zu belassen.

Am 01.05.1999 eröffnete das Amtsgericht X das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH. Schon mit Kauf- und Übernahmevertrag vom 10.05.1999 erwarb die Klägerin jedoch von der insolventen GmbH deren Geschäftsbetrieb einschließlich des beweglichen Anlagevermögens, der Vorräte, des Auftragsbestandes und der immateriellen Wirtschaftsgüter zum Gesamtkaufpreis von xxx.xxx DM. Durch Pacht- und Betriebsüberlassungsvertrag vom 28.08.2003 übertrug die Klägerin mit Wirkung ab 01.09.2003 ihren gesamten Betrieb mit allen dazugehörigen Verträgen, Konzessionen etc. auf die am 29.07.2003 gegründete B Sieb- und Digitaldruck GmbH (im Weiteren B GmbH), an die sie auch ihr bewegliches und unbewegliches Anlagevermögen verpachtete. Alleiniger Geschäftsführer und zu 98 % (ab 2009 100 %) Inhaber der Geschäftsanteile der B GmbH ist d D. 2009 verkaufte die Klägerin auch ihr gesamtes...

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