Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Behandlung von überobligatorischen Arbeitgeberbeiträgen zu einer öffentlich-rechtlichen Schweizer Pensionskasse

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Überobligatorische Beiträge des Schweizer Arbeitgebers eines Grenzgängers zu einer öffentlich-rechtlichen Schweizer Pensionskasse führen bei dem Grenzgänger im Zeitpunkt der Beitragszahlung zu Arbeitslohn. Dieser ist nicht nach § 3 Nr. 62, § 3 Nr. 56 oder § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei.

2. Voraussetzung für einen Abzug der an eine ausländische Versorgungseinrichtung geleisteten Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist, dass die ausländische Versorgung mit der deutschen Basisversorgung, d.h. insbesondere der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist.

3. Im Bereich des Überobligatoriums ist das streitige Vorsorgeverhältnis als eigenständig zu betrachtendes Rechtsverhältnis anzusehen. Dieses ist nicht mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 3 Nrn. 56, 62-63, § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.10.2023; Aktenzeichen VI R 46/20)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Behandlung von überobligatorischen Arbeitgeberbeiträgen zu einer öffentlich-rechtlichen Schweizer Pensionskasse.

Die Kläger sind Eheleute, die im Veranlagungszeitraum 2016 (Streitjahr) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie hatten ihren Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung –AO–) und ihre ständige Wohnstätte (Art. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971, BGBl II 1972, 1022, i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 21. Dezember 1992, BGBl II 1993, 1888; im Folgenden: DBA-Schweiz) im Inland.

Die […] Klägerin ging im Inland einer sozialversicherungspflichtigen nichtselbständigen Tätigkeit nach.

Der […] Kläger ist von Beruf […]. Von April 2001 bis Februar 2009 war er als öffentlich-rechtlicher Angestellter beim […] des Kantons St. Gallen/Schweiz beschäftigt. Seit März 2009 ist er […] des Kantons St. Gallen […] Er erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die nach der Grenzgängerregelung gemäß Art. 15a DBA-Schweiz im Inland besteuert wurden.

Seit Beginn seiner Tätigkeit in der Schweiz unterlag der Kläger den Schweizer Regelungen über die berufliche Vorsorge (vgl. Art. 53 des Personalgesetzes St. Gallen –PersG–, Gesetzessammlung des Kantons St. Gallen –sGS–143.1, www.gesetzessammlung.sg.ch, Anlagenband Fach 2). Von seinem Arbeitslohn wurden im Streitjahr Beiträge zur Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) und Invalidenversicherung (IV) als Säule 1 des Schweizer Systems der Altersvorsorge sowie zur beruflichen Vorsorge durch die St. Galler Pensionskasse (PK) als Säule 2 einbehalten (vgl. Lohnausweis für das Streitjahr, Einkommensteuerakten Bl. 101).

Im Streitjahr leisteten der Kläger und sein Arbeitgeber, der Kanton St. Gallen (im Folgenden Kanton), die folgenden Beiträge zur beruflichen Vorsorge:

Kläger

Kanton

AHV/IV (4,9 %)

7.809,09 CHF

7.809,09 CHF

PK Sparbeiträge Obligatorium

4.494,30 CHF

4.494,30 CHF

PK Sparbeiträge Überobligatorium

6.012,30 CHF

8.877,30 CHF

PK Risikobeiträge Obligatorium

599,25 CHF

599,25 CHF

PK Risikobeiträge Überobligatorium

1.538,55 CHF

2.121,75 CHF

PK Verwaltungskosten

244,20 CHF

310,80 CHF

PK Ausfinanzierung

1.388,40 CHF

0,00 CHF

Wegen der Höhe der Beiträge zur AHV/IV (vgl. hierzu die synoptische Tabelle der anwendbaren Beiträge und Prämiensätze der Schweizer Sozialversicherung Stand 1. Januar 2016; www.ahv-iv.ch) wird auf den Lohnausweis Bezug genommen. Die Höhe und Aufschlüsselung der Beiträge zur PK ergeben sich aus dem Lohnausweis und der Bescheinigung der PK (Einkommensteuerakten Bl. 102).

Seit dem 1. Januar 2014 ist der Kläger Mitglied der PK. Die PK ist eine öffentlich-rechtliche Stiftung mit Sitz in St. Gallen (vgl. Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes über die St. Galler Pensionskasse vom 9. Juni 2013 –PKG–, sGS 864.1, www.gesetzessammlung.sg.ch, Anlagenband Fach 5; Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 67 Abs. 3 der im Streitjahr geltenden 3. Fassung des Vorsorgereglements der PK gültig ab 1. Januar 2015 –VR–, Anlagenband Fach 4), in die die Versicherungskasse für das Staatspersonal und die kantonale Lehrerversicherungskasse zum 1. Januar 2014 überführt wurden (vgl. Art. 825 PKG).

Die Gründung der PK erfolgte aufgrund der Änderung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG; Systematische Rechtssammlung –SR– 831.40, www.admin.ch) vom 17. Dezember 2010 (Anlagenband Fach 6). Die teilweise im Teilkapitalisierungsverfahren geführten öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen sollten innerhalb von 40 Jahren ausfinanziert und rechtlich sowie organisatorisch verselbständigt werden. Ein weiteres Ziel war die...

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