rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

EuGH-Vorlage: Verstoß der sofortigen Besteuerung der Wertsteigerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft „Wegzugsbesteuerung” nach § 6 Abs. 1 AStG) bei Umzug des Gesellschafters in die Schweiz gegen EU-Recht?

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gem. Art. 19 Abs. 3 Buchst. b des Vertrags über die EU und Art. 267 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU wird dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind die Vorschriften des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21.6.1999, in Kraft getreten am 1.6.2002 (Freizügigkeitsabkommen – FZA –), insbesondere dessen Präambel sowie Art. 1, 2, 4, 6, 7, 16 und 21 und Anhang I Art. 9 dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, nach der, damit kein Besteuerungssubstrat entgeht, latente, noch nicht realisierte Wertsteigerungen von Gesellschaftsrechten (ohne Aufschub) besteuert werden, wenn ein in diesem Staat zunächst unbeschränkt steuerpflichtiger Staatsangehöriger dieses Mitgliedstaats seinen Wohnsitz von diesem Staat in die Schweiz und nicht in einen Mitgliedstaat der EU oder in einen Staat verlegt, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet?

2. Für einen Steuerpflichtigen, der zum Zeitpunkt des Wegzugs in die Schweiz als Geschäftsführer einer GmbH nichtselbstständig tätig ist, findet das FZA unabhängig davon Anwendung, ob die Wohnsitzverlegung von Deutschland in die Schweiz beruflich oder privat veranlasst ist.

3. Es bestehen Zweifel an der Vereinbarkeit der Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG mit dem Freizügigkeitsabkommen.

 

Normenkette

AEUV Art. 19 Abs. 3 Buchst. b, Art. 21 Abs. 1-3, Art. 45, 49, 63 Abs. 1, Art. 216 Abs. 1-2, Art. 267 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2; AStG § 6 Abs. 1 Sätze 1, 4, Abs. 4-5; EStG § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 1 Abs. 1; FZA Art. 1-2, 4, 6-7, 16, 21; FZA Anhang I Art. 9

 

Nachgehend

EuGH (Urteil vom 26.02.2019; Aktenzeichen C-581/17)

 

Tenor

1. Das Verfahren wird ausgesetzt.

2. Gemäß Art. 19 Abs. 3 Buchst. b des Vertrags über die Europäische Union und Art. 267 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union wird dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind die Vorschriften des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999, in Kraft getreten am 1. Juni 2002, insbesondere dessen Präambel sowie Art. 1, 2, 4, 6, 7, 16 und 21 und Anhang I Art. 9 dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, nach der, damit kein Besteuerungssubstrat entgeht, latente, noch nicht realisierte Wertsteigerungen von Gesellschaftsrechten (ohne Aufschub) besteuert werden, wenn ein in diesem Staat zunächst unbeschränkt steuerpflichtiger Staatsangehöriger dieses Mitgliedstaats seinen Wohnsitz von diesem Staat in die Schweiz und nicht in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen Staat verlegt, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet?

 

Tatbestand

A.

I. Ausgangssachverhalt

Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und seit dem 1. Februar 2008 Geschäftsführer der GmbH (im Weiteren GmbH) mit Sitz in X, Schweiz. Zugleich ist er, seit Anbeginn der Gesellschaft, mit einer Stammkapitaleinlage in Höhe von 10.000,– Schweizer Franken (CHF) zu 50 % an ihr beteiligt. Die GmbH besteht seit Juli 2007. Im Streitjahr war der Kläger zwar verheiratet, beantragte aber eine von seiner Ehefrau getrennte Veranlagung zur Einkommensteuer. Seit dem 1. März 2011 ist er in der Schweiz wohnhaft (s. Schweizer Aufenthaltsbewilligung, Mietvertrag vom 28. Februar 2011 sowie dem Beklagten vorgelegte Nachweise über die Beförderung des Umzugsguts in die Schweiz; Einkommensteuerakten Blatt 27 ff.).

II. Verfahrensablauf und Beteiligtenvortrag im Besteuerungsverfahren

In seiner am 5. März 2013 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung für 2011 teilte der Kläger dem Beklagten unter anderem mit, dass er zwar am 1. März 2011 in die Schweiz, nach Y, verzogen sei. Seine Ehefrau wohne aber weiterhin in Z Deutschland. Seit dem 1. Februar 2008 sei er als Grenzgänger in der Schweiz beschäftigt. Im Streitjahr sei er „an mehr als 60 Arbeitstagen” wegen beruflich begründeter Übernachtungen nicht an seinen Wohnsitz zurückgekehrt (laut der Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 10. August 2011 ist der Kläger vom 1. Januar bis 28. Februar 2011 an mehr als 10 Arbeitstagen wegen seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz zurückgekehrt; s. Einzelaufstellung). Gemäß Art. 15a Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. ...

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