Leitsatz

Hat der Bedachte die Schenkungsteuer entrichtet, kann sie auch dann nicht mehr gegenüber dem Schenker festgesetzt werden, wenn die Steuer dem Bedachten aufgrund eines durch unrichtige Angaben erwirkten Änderungsbescheids (teilweise) erstattet und später diesem gegenüber wieder in der ursprünglichen Höhe festgesetzt wird.

 

Normenkette

§ 38, § 44, § 47 AO, § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin schenkte der Bedachten im Jahr 2004 einen Geldbetrag. Die Bedachte entrichtete die vom FA gegen sie durch bestandskräftig gewordenen Bescheid festgesetzte Schenkungsteuer. In der Folgezeit betrieb die Bedachte die Rückzahlung der Schenkungsteuer. Dem FA wurde u.a. vorgetragen, die Klägerin habe die Schenkung widerrufen. Ferner wurde ein Darlehensvertrag vorgelegt, nach dem die Klägerin der Bedachten den geschenkten Betrag als verzinsliches Darlehen gewährt habe.

Das FA nahm daraufhin an, die gegen die Bedachte festgesetzte Schenkungsteuer sei gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit erloschen. Es setzte die Steuer unter Berücksichtigung des § 29 Abs. 2 ErbStG herab und erstattete den Unterschiedsbetrag.

Nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Änderungsbescheid durch unrichtige Angaben erwirkt worden war, setzte das FA gegen die Bedachte im Jahr 2008 durch Änderungsbescheid erneut Schenkungsteuer fest. Nachdem diese Steuer bei der Bedachten nicht beigetrieben werden konnte, setzte das FA die Schenkungsteuer gegen die Klägerin als Gesamtschuldnerin gem. § 20 Abs. 1 ErbStG fest.

Die von der Klägerin erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des FG Köln (Urteil vom 10.3.2010, 9 K 1550/09, Haufe-Index 2349915, EFG 2010, 1434) war die Schenkungsteuer zwar aufgrund der zunächst erfolgten vollständigen Entrichtung nach § 47 i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1 AO auch mit Wirkung gegenüber der Klägerin erloschen. Die Heraufsetzung der Schenkungsteuer durch den gegenüber der Bedachten im Jahr 2008 ergangenen Bescheid hätte aber zum Entstehen eines neuen Steueranspruchs geführt, für den das FA auch die Klägerin als Gesamtschuldnerin habe in Anspruch nehmen können.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung und den gegen die Klägerin ergangenen Schenkungsteuerbescheid auf. Die Schenkungsteuer war aufgrund deren vollständigen Entrichtung durch die Bedachte erloschen.

 

Hinweis

1. Die Schenkungsteuer schulden gem. § 20 Abs. 1 ErbStG der Erwerber und der Schenker. Diese sind Gesamtschuldner (§ 44 Abs. 1 Satz 1 AO); jeder von ihnen schuldet die gesamte Leistung (§ 44 Abs. 1 Satz 2 AO). Das FA hat sich bei der Anforderung der Steuer grundsätzlich an den Bedachten zu halten. Die nachträgliche Steuerfestsetzung gegen den anderen Gesamtschuldner (Schenker) ist zulässig; sie muss jedoch ermessensfehlerfrei sein und bedarf der Begründung.

2. Besondere Regeln gelten für die Gesamtschuldnerschaft von Bedachtem und Schenker, wenn das FA die Schenkungsteuer zunächst gegen den Erwerber festsetzt und es anschließend aufgrund eines Erlöschenstatbestands nach § 29 Abs. 1 ErbStG zu einer Herabsetzung bzw. Erstattung der Schenkungsteuer kommt:

  • Entrichtet der Bedachte die gegen ihn festgesetzte Schenkungsteuer an das FA, so liegt darin eine Erfüllung, die gem. § 47 i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1 AO zum Erlöschen des Steueranspruchs auch mit Wirkung für den Schenker führt. Die Steuer kann damit auch diesem gegenüber nicht mehr festgesetzt werden.
  • Die Gesamtschuld lebt auch nicht wieder auf, wenn die gezahlte Steuer dem Bedachten später vom FA wieder erstattet wird. Dies folgt aus § 44 Abs. 2 Satz 3 AO, wonach "andere Tatsachen" nur für und gegen den Gesamtschuldner wirken, in dessen Person sie eintreten. Die Steuererstattung an den Erwerber und die dieser Erstattung zugrunde liegende finanzbehördliche oder gerichtliche Entscheidung sind keine Tatsachen, die in der Person des Schenkers eintreten. Dabei ist es unerheblich, ob die Steuererstattung rechtmäßig oder rechtswidrig erfolgte, also z.B. das FA irrig die Voraussetzungen für ein Erlöschen der Steuerschuld gem. § 29 ErbStG bejaht hat. Ebenso unerheblich ist es, ob der Schenker selbst durch eigenes Verhalten (z.B. durch unrichtige Erklärungen) zur Steuerrückzahlung an den Erwerber beigetragen hat.

Aufgrund der Erlöschenswirkung des § 44 Abs. 2 Satz 1 AO ist schließlich auch kein Raum für die Annahme, das FA könne durch den Erlass eines Änderungsbescheids gegen den Erwerber einen neuen Steueranspruch zur Entstehung bringen und diesen Steueranspruch dann auch gegen den Schenker geltend machen. Für die Entstehung dieses neuen Steueranspruchs fehlt es an einer gesetz­lichen Grundlage.

3. Unbeschadet der Erlöschenswirkung des § 44 Abs. 2 Satz 1 AO kann das FA einen Schenker gem. § 71 AO aber als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen, wenn die Herabsetzung der gegenüber dem Bedachten festgesetzten Steuer auf einer Steuerhinterziehung beruht und der Schenker daran als (Mit-)Täter, Anstifter oder Gehilfe beteiligt war.

4. Selbstverständlich gilt die Erlöschenswirkung des § 44 Abs. 2 S...

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