Leitsatz

Der Einsatz eines Arbeitnehmers auf einem Fahrzeug auf dem Betriebsgelände bzw. unter Tage im Bergwerk des Arbeitgebers stellt keine "Fahrtätigkeit" (Auswärtstätigkeit) i.S.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 3 EStG dar.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, § 9 Abs. 5, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2, 3 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger arbeitete als Großgerätefahrer unter Tage in einem Kaliwerk und beförderte Material innerhalb der Grube. Das Kaliwerk hat insgesamt eine unterirdische Ausdehnung von 6 km × 16 km. Von vier bestehenden Zugängen war nur ein Schacht genutzt. Der Grubenbetrieb ist in drei Abbaubereiche (Großreviere) aufgeteilt, die ihrerseits wiederum in Gewinnungsreviere untergliedert sind. Die Großreviere haben zwar Stammbelegschaften; entsprechend den betrieblichen Erfordernissen konnten die Mitarbeiter indessen an jeder Stelle der Grube eingesetzt werden. Die Mitarbeiter konnten während der Schichtpause entweder unter Tage mitgebrachte Verpflegung verzehren oder vor oder nach der Schicht die werkseigene Kantine über Tage aufsuchen.

Der Kläger machte Mehraufwendungen für Verpflegung für 160 Tage als Werbungskosten unter Hinweis auf seine Fahrtätigkeit geltend.

Nachdem das FA dies abgelehnt hatte, gab das FG der dagegen erhobenen Klage statt (FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29.06.2006, 1 K 2189/03, Haufe-Index 1674461, EFG 2007, 245).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage aus den unter Praxishinweisen dargestellten Erwägungen ab.

 

Hinweis

1. Der Kläger machte Verpflegungsmehraufwand geltend. Das setzt nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG und der geänderten Rechtsprechung (BFH, Urteil vom 11.05.2005, VI R 16/04, BFH/NV 2005, 1692, BFH/PR 2005, 406) eine Auswärtstätigkeit voraus. Die liegt vor, wenn der Arbeitnehmer entweder vorübergehend von seiner Wohnung und dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit (Tätigkeitsmittelpunkt) entfernt beruflich tätig wird oder dass er typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt wird, er also über keinen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt seiner beruflichen Tätigkeit verfügt. Andernfalls vermutet das Gesetz typisierend, dass er sich am Betriebssitz oder an anderen ortsfesten betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers (dazu BFH, Urteil vom 18.12.2008, VI R 39/07, BFH/NV 2009, 647 BFH/PR 2009, 169) regelmäßig kostengünstig verpflegen kann.

2. Für den Streitfall entscheidend war damit, ob hier das großräumige Untertageabbaugebiet die Voraussetzungen für eine Arbeitsstätte noch erfüllt. Nachdem der BFH bereits entschieden hatte, dass auch ein größeres Werksgelände oder ein Waldgebiet eine großräumige (regelmäßige) Arbeitsstätte oder einen Tätigkeitsmittelpunkt darstellen kann, ging er auch für die Tätigkeitsstätte unter Tage von einem Tätigkeitsmittelpunkt aus. Der Kläger war damit auf seinem Fahrzeug nur innerhalb einer großräumigen (regelmäßigen) Arbeitsstätte (Tätigkeitsmittelpunkt) tätig; er übte insbesondere keine "Fahrtätigkeit" i.S.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 3 EStG (i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG) aus.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.06.2009 – VI R 61/06

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