Leitsatz

Dem EuGH wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Erfasst die Steuerpflicht der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen gemäß Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL

  • nur die isolierte (eigenständige) Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen oder auch
  • die Vermietung (Verpachtung) derartiger Vorrichtungen und Maschinen, die aufgrund einer zwischen denselben Parteien erfolgenden Gebäudeverpachtung (und als Nebenleistung zu dieser) nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL steuerfrei ist?
 

Normenkette

§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG, Art. 135 Abs. 2 Buchst. c EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)

 

Sachverhalt

Der Kläger verpachtete in den Jahren 2010 bis 2014 (Streitjahre) Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Es handelte sich bei diesen um speziell abgestimmte Ausstattungselemente für die vertragsgemäße Nutzung als Stall zur Putenaufzucht. Die Vorrichtungen dienten der Fütterung in der Putenhaltung, um die Tiere mit einer Industrieförderspirale (vom Silo bis zur speziell entworfenen Futterschale) in der vorgegebenen Zeit zur Schlachtreife aufzuziehen. Heizungs- und Lüftungsanlagen dienten der Sicherung des jeweils erforderlichen Stallklimas (Aufzucht der Küken bei 29 Grad Celsius, Absenkung der Stalltemperatur bis zur fünften Lebenswoche stufenweise auf 20 bis 22 Grad Celsius). Spezielle Beleuchtungssysteme sorgten für eine gleichmäßige Ausleuchtung zur Vermeidung schädlicher Schattenplätze (entsprechend besonderen Rechtsvorschriften und Verbandsrichtlinien mit einer Beleuchtungsstärke zwischen 0,5 Lux während der Nachtruhe und ca. 20 Lux am Tag). Der Kläger ging davon aus, dass seine Leistung bei der Verpachtung der Stallgebäude zur Putenaufzucht mit den auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen insgesamt umsatzsteuerfrei sei. Es lag hierfür ein einheitliches Entgelt vor, das nach den vertraglichen Regelungen nicht auf die Überlassung des Stalls einerseits und Vorrichtungen und Maschinen andererseits aufgeteilt war. Demgegenüber vertrat das FA die Auffassung, dass das einheitlich vereinbarte Pachtentgelt nach Maßgabe der beim Kläger entstehenden Kosten zu 20 % auf die Vorrichtungen entfalle und insoweit umsatzsteuerpflichtig sei. Es erließ daher entsprechende Änderungsbescheide. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Demgegenüber gab das FG der hiergegen eingelegten Klage statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 11.6.2020, 11 K 24/19, Haufe-Index 14058289, EFG 2020, 1725).

 

Entscheidung

Der BFH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die im Leitsatz genannte Frage zur Vorabentscheidung vor. Das Verfahren ist beim EuGH unter dem Az. C-516/21 als Rechtssache Finanzamt X anhängig.

 

Hinweis

1. Bei der Steuerfreiheit der Grundstücksvermietung nach § 4 Nr. 12 UStG bestehen Abgrenzungsprobleme zu der in Satz 2 dieser Vorschrift angeordneten Steuerpflicht. Letztere schließt die Steuerfreiheit insbesondere für die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen (Fahrzeugstellplatzvermietung) und die VuV von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), aus. Dies gilt auch dann, wenn es sich um wesentliche Bestandteile eines Grundstücks handelt.

Dies entspricht im Wesentlichen dem Unionsrecht, das ergänzend zur Steuerfreiheit der Grundstücksvermietung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL in Art. 135 Abs. 2 Buchst. b und c MwStSystRL anordnet, dass die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen und die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen von der Steuerfreiheit ausgeschlossen ist.

2. Zur Fahrzeugstellplatzvermietung ist der BFH bislang davon ausgegangen, dass § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG einer Steuerfreiheit als Nebenleistung zu einer steuerfreien Grundstücksvermietung nicht entgegensteht. Der BFH hat dies erst kürzlich nochmals bekräftigt (BFH, Urteil vom 10.12.2020, V R 41/19, BFH/NV 2021, 949). Dies entspricht der Rechtsprechung des EuGH (EuGH-Urteil Henriksen vom 13.7.1989, C-173/88, EU:C:1989:329).

3. Im Gegensatz zur Fahrzeugstellplatzvermietung geht der BFH in Bezug auf die ebenso in § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG genannten Betriebsvorrichtungen bislang von einem zwingenden Aufteilungsgebot aus (BFH, Urteil vom 28.5.1998, V R 19/96, BStBl II 2010, 307). Allerdings hat der BFH dabei die Bedeutung des Unionsrechts ausdrücklich offengelassen.

4. Ob an den vorstehenden Unterschieden festzuhalten ist, soll durch ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH geklärt werden. Dabei geht es um die Bedeutung, die der in Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL angeordneten Steuerpflicht für die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen zukommt.

Der BFH geht bei seiner Vorlage davon aus, dass § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG in Bezug auf die dort genannten Betriebsvorrichtungen dieselbe Bedeutung wie Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL zukommt und zudem auch nicht zwischen Vermietung und Verpachtung zu unterscheiden ist.

Betrachtet man die P...

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