Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Innergemeinschaftliche Lieferung, Nachweis der Steuerbefreiung, Zeitpunkt des innergemeinschaftlichen Erwerbs, Liefergegenstände müssen Abgangsstaat physisch verlassen haben

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Art. 28a Abs. 3 Unterabs. 1 und 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2000/65/EG des Rates vom 17. Oktober 2000 geänderten Fassung sind im Hinblick auf den in diesen beiden Bestimmungen enthaltenen Begriff „versendet“/„versandt“ dahin auszulegen, dass der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands erst dann bewirkt ist und die Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung erst dann anwendbar wird, wenn das Recht, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übertragen worden ist und der Lieferant nachweist, dass der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert worden ist und aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat.

2. Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der Fassung der Richtlinie 2000/65 ist dahin auszulegen, dass die zuständigen Behörden des Liefermitgliedstaats nicht befugt sind, einen gutgläubigen Lieferanten, der Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen belegen, zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf diese Gegenstände zu entrichten, wenn die Beweise sich als falsch herausstellen, jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war, soweit er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt.

3. Wenn der Erwerber bei den Finanzbehörden des Bestimmungsmitgliedstaats eine Erklärung wie die im Ausgangsverfahren über den innergemeinschaftlichen Erwerb abgibt, kann dies einen zusätzlichen Beweis dafür darstellen, dass die Gegenstände tatsächlich den Liefermitgliedstaat verlassen haben, ist jedoch kein für die Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mehrwertsteuer maßgeblicher Beweis.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 28a Abs. 3 Unterabs. 1, Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1

 

Beteiligte

Teleos u.a

The Queen

Commissioners of Customs & Excise

 

Tatbestand

„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 28a Abs. 3 Unterabs. 1 und Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 ‐ Innergemeinschaftlicher Erwerb ‐ Innergemeinschaftliche Lieferung ‐ Befreiung ‐ Gegenstände, die in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert werden ‐ Beweise ‐ Nationale Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung“

In der Rechtssache C-409/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court) (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 6. Mai 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 24. September 2004, in dem Verfahren

The Queen auf Antrag der

Teleos plc,

Unique Distribution Ltd,

Synectiv Ltd,

New Communications Ltd,

Quest Trading Company Ltd,

Phones International Ltd,

AGM Associates Ltd,

DVD Components Ltd,

Fonecomp Ltd,

Bulk GSM Ltd,

Libratech Ltd,

Rapid Marketing Services Ltd,

Earthshine Ltd,

Stardex (UK) Ltd

gegen

Commissioners of Customs & Excise

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter A. Borg Barthet, J. Malenovský, U. Lõhmus (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2006,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Teleos plc, der Unique Distribution Ltd, der Synectiv Ltd, der New Communications Ltd, der Quest Trading Company Ltd, der Phones International Ltd, der AGM Associates Ltd, der DVD Components Ltd, der Fonecomp Ltd, der Bulk GSM Ltd, der Libratech Ltd, der Rapid Marketing Services Ltd, der Earthshine Ltd und der Stardex (UK) Ltd, vertreten durch N. Pleming, M. Conlon und E. Sharpston, QC, P. Hamilton, P. Moser und A. Young, Barristers, sowie durch D. Waelbroeck, avocat,

‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch C. Jackson als Bevollmächtigte im Beistand von R. Anderson und R. Haynes, Barristers,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch V. Kyriazopoulos, I. Bakopoulos, K. Georgiadis und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,

‐ der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und C. Jurgensen-Mercier als Bevollmächtigte,

‐ Irlands, vertreten durch D. O’Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von E. Fitzsimons, SC, und B. Conway, BL,

‐ der italienischen Regie...

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