Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Freier Kapitalverkehr. Körperschaftsteuer. Bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen. Besteuerung von durch eine gebietsfremde Gesellschaft ausgeschütteten Dividenden, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat besteuert wurden. Obergrenze für die anrechenbare Steuergutschrift. Rechtliche Doppelbesteuerung

 

Normenkette

AEUV Art. 63

 

Beteiligte

Société Générale

Société Générale SA

Ministre de l'Action et des Comptes publics

 

Verfahrensgang

Conseil d' Etat (Frankreich) (Beschluss vom 24.04.2019; ABl. EU 2019, Nr. C 270/22)

 

Tenor

Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, mit der im Rahmen einer Regelung zum Ausgleich der Doppelbesteuerung von Dividenden, die von einer in diesem Mitgliedstaat, in dem sie ansässig ist, der Körperschaftsteuer unterliegenden Gesellschaft bezogen wurden und von einem anderen Mitgliedstaat besteuert wurden, einer solchen Gesellschaft eine Steuergutschrift gewährt wird, die auf den Betrag begrenzt ist, den der erste Mitgliedstaat erhalten würde, wenn allein diese Dividenden der Körperschaftsteuer unterlägen, ohne dass die in dem anderen Mitgliedstaat entrichtete Steuer in voller Höhe ausgeglichen wird.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d'État (Staatsrat, Frankreich) mit Entscheidung vom 24. April 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Mai 2019, in dem Verfahren

Société Générale SA

gegen

Ministre de l'Action et des Comptes publics

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Richter A. Kumin, T. von Danwitz (Berichterstatter) und P. G. Xuereb sowie der Richterin I. Ziemele,

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Société Générale SA, vertreten durch C. Rameix-Séguin, E. Meier und R. Torlet, avocats,
  • der französischen Regierung, vertreten durch P. Dodeller, E. de Moustier, A. Alidière und A.-L. Desjonquères als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch R. Kanitz und J. Möller als Bevollmächtigte,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch S. Jiménez García als Bevollmächtigten,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. M. De Socio, avvocato dello Stato,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch C. S. Schillemans und M. Bulterman als Bevollmächtigte,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch S. Hartikainen als Bevollmächtigten,
  • der schwedischen Regierung, vertreten durch H. Eklinder, C. Meyer-Seitz, H. Shev, A. Falk und J. Lundberg als Bevollmächtigte,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Z. Lavery als Bevollmächtigte im Beistand von R. Baldry, QC,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels und N. Gossement als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 63 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Société Générale SA und dem Ministre de l'Action et des Comptes publics (Minister für staatliches Handeln und öffentliche Haushalte, Frankreich) wegen einer Entscheidung der Steuerverwaltung, dieser Gesellschaft in ihrer Eigenschaft als Muttergesellschaft des steuerlichen Konzerns, zu dem die Société Générale Asset Management (SGAM) Banque (im Folgenden: SGAM Banque) gehört, zusätzliche Körperschaftsteuern für die 2004 und 2005 abgeschlossenen Wirtschaftsjahre aufzuerlegen.

Rechtlicher Rahmen

Das französisch-italienische Abkommen

Rz. 3

Art. 10 des am 5. Oktober 1989 in Venedig unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Französischen Republik und der Regierung der Italienischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Einkommen- und Vermögensteuer und zur Verhinderung von Steuerumgehung und Steuerhinterziehung (im Folgenden: französisch-italienisches Abkommen) bestimmt:

  1. „Dividenden, die eine in einem Staat ansässige Gesellschaft an eine im anderen Staat ansässige Person zahlt, können im anderen Staat besteuert werden.
  2. Diese Dividenden können jedoch auch in dem Staat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden …”

Rz. 4

Art. 24 Abs. 1 Buchst. a dieses Abkommens sieht vor, dass die Doppelbesteuerung, was die Französische Republik angeht, wie folgt vermieden wird:

„Gewinne und andere positive Einkünfte, die aus Italien stammen und die dort nach dem Abkommen besteuert werden können, können auch in Frankreich besteuert werden, wenn sie einer in Frankreich ansässigen Person zufließen. Die italienische Steuer ist für die Berechnung der in Frankreich steuerpflichtigen Einkünfte nicht abzugsfähig. Der Empfänger hat jedoch Anspruch auf eine Steuergutschrift, d...

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