Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbarkeit, Anzahlungen, Personenbeförderungen mit Flugzeugen, Verfallene Flugtickets, Schadensersatz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 2 Nr. 1 und Art. 10 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 1999/59/EG des Rates vom 17. Juni 1999 und dann durch die Richtlinie 2001/115/EG des Rates vom 20. Dezember 2001 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass das Ausstellen von Flugscheinen durch eine Fluggesellschaft mehrwertsteuerpflichtig ist, wenn die Fluggäste die ausgegebenen Flugscheine nicht benutzt haben und sie für diese keine Erstattung erhalten können.

2. Art. 2 Nr. 1 und Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 1999/59 und dann durch die Richtlinie 2001/115 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass der Anspruch auf die Mehrwertsteuer, die ein Fluggast beim Erwerb eines von ihm nicht benutzten Flugscheins entrichtet hat, mit der Vereinnahmung des Preises für den Flugschein durch die Fluggesellschaft, einen in ihrem Namen und für ihre Rechnung handelnden Dritten oder einen in eigenem Namen, aber für Rechnung der Fluggesellschaft handelnden Dritten entsteht.

3. Art. 2 Nr. 1 und Art. 10 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 1999/59 und dann durch die Richtlinie 2001/115 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass dann, wenn ein Dritter im Rahmen eines Franchisevertrags die Flugscheine einer Fluggesellschaft für deren Rechnung vertreibt und an diese für ausgegebene und verfallene Flugscheine einen Pauschalbetrag zahlt, der als prozentualer Anteil des auf den entsprechenden Fluglinien erzielten Jahresumsatzes berechnet wird, dieser Betrag als Gegenleistung für diese Flugscheine steuerpflichtig ist.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 2 Nr. 1, Art. 10 Abs. 2

 

Beteiligte

Air France - KLM

Air France - KLM

Hop!-Brit Air SAS

Ministere des Finances et des Comptes publics

 

Verfahrensgang

Conseil d Etat (Frankreich) (Beschluss vom 21.05.2014; ABl. EU 2014, Nr. C 253/18)

 

Tatbestand

„Mehrwertsteuer ‐ Steuertatbestand und Steueranspruch ‐ Luftverkehr ‐ Flugschein, der gekauft, aber nicht benutzt wurde ‐ Erbringung der Beförderungsleistung ‐ Ausstellung des Flugscheins ‐ Zeitpunkt der Entrichtung der Steuer“

In den verbundenen Rechtssachen C-250/14 und C-289/14

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d´État (Staatsrat, Frankreich) mit Entscheidungen vom 21. Mai 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Mai 2014 und am 12. Juni 2014, in den Verfahren

Air France-KLM, ehemals Air France (C-250/14),

Hop!-Brit Air SAS, ehemals Brit Air (C-289/14)

gegen

Ministère des Finances et des Comptes publics

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter F. Biltgen, A. Borg Barthet (Berichterstatter), E. Levits und S. Rodin,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ von Air France-KLM und der Hop!-Brit Air SAS, vertreten durch A. Beetschen, avocate,

‐ der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, J.-S. Pilczer und S. Ghiandoni als Bevollmächtigte,

‐ von Irland, vertreten durch E. Creedon, J. Quaney und A. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von A. Keirse, BL,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch K. Nasopoulou und S. Lekkou als Bevollmächtigte,

‐ der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, R. Campos Laires und A. Cunha als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Soulay und L. Lozano Palacios als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 2 Nr. 1 und Art. 10 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 1999/59/EG des Rates vom 17. Juni 1999 (ABl. L 162, S. 63) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) bzw. der dann durch die Richtlinie 2001/115/EG des Rates vom 20. Dezember 2001 (ABl. L 15, S. 24) geänderten Fassung (im Folgenden: geänderte Sechste Richtlinie).

Rz. 2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen zum einen Air France-KLM, ehemals Air France, und zum anderen der Hop!-Brit Air SAS, ehemals Brit Air, auf der einen Seite und dem Ministère des Finances et des Comptes publics (Ministerium für Finanzen und Haushalt) auf der anderen Seite ...

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