Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer, Vorsteuervergütungsverfahren, Antragsfrist, Antragsfrist als Ausschlussfrist

 

Leitsatz (amtlich)

Die Frist von sechs Monaten, die für die Stellung eines Antrags auf Mehrwertsteuererstattung in Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 1 letzter Satz der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige vorgesehen ist, ist eine Ausschlussfrist.

 

Normenkette

EWGRL 1072/79 Art. 7 Abs. 1

 

Beteiligte

Elsacom

Agenzia delle Entrate

Ministero dell Economia e delle Finanze

Elsacom NV

 

Verfahrensgang

Corte Suprema di Cassazione (Italien) (Urteil vom 03.03.2011; ABl. EU 2011, Nr. C 252/35)

 

Tatbestand

„Achte Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige ‐ Frist für die Stellung des Erstattungsantrags ‐ Ausschlussfrist“

In der Rechtssache C-294/11

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Corte suprema di cassazione (Italien) mit Entscheidung vom 3. März 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Juni 2011, in dem Verfahren

Ministero dell’Economia e delle Finanze,

Agenzia delle Entrate

gegen

Elsacom NV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Safjan, des Richters M. Ilešič und der Richterin M. Berger (Berichterstatterin),

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Elsacom NV, vertreten durch S. Petrecca, avvocato,

‐ der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Galluzzo, avvocato dello Stato,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch K. Paraskevopoulou und Z. Chatzipavlou als Bevollmächtigte,

‐ der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér, K. Szíjjártó und Z. Tóth als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Soulay und D. Recchia als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 1 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige (ABl. L 331, S. 11, im Folgenden: Achte Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits des Ministero dell’Economia e delle Finanze und der Agenzia delle Entrate (im Folgenden zusammen: Finanzverwaltung) gegen die Elsacom NV, eine in den Niederlanden ansässige Gesellschaft (im Folgenden: Elsacom), über die Erstattung von Mehrwertsteuer, die Elsacom im Jahr 1999 in Italien gezahlt hatte.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (ABl. L 44, S. 23) hat die Achte Mehrwertsteuerrichtlinie aufgehoben und ersetzt. Nach Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9 gilt jedoch die Achte Mehrwertsteuerrichtlinie weiter für Erstattungsanträge, die vor dem 1. Januar 2010 gestellt worden sind. Dies ist im Ausgangsverfahren geschehen.

Rz. 4

Der dritte Erwägungsgrund der Achten Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„Die Unterschiede zwischen den gegenwärtig in den Mitgliedstaaten geltenden Bestimmungen, die mitunter Verkehrsverlagerungen und Wettbewerbsverzerrungen verursachen, sind zu beseitigen.“

Rz. 5

Art. 2 dieser Richtlinie sieht vor:

„Jeder Mitgliedstaat erstattet einem Steuerpflichtigen, der nicht im Inland, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, unter den nachstehend festgelegten Bedingungen die Mehrwertsteuer, mit der die ihm von anderen Steuerpflichtigen im Inland erbrachten Dienstleistungen oder gelieferten beweglichen Gegenstände belastet wurden oder mit der die Einfuhr von Gegenständen ins Inland belastet wurde, soweit diese Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke der in Artikel 17 Absatz 3 Buchstaben a) und b) der Richtlinie 77/388/EWG bezeichneten Umsätze oder der in Artikel 1 Buchstabe b) bezeichneten Dienstleistungen verwendet werden.“

Rz. 6

Art. 3 Buchst. a der genannten Richtlinie bestimmt:

„Um die Erstattung zu erhalten, muss ein in Artikel 2 genannter Steuerpflichtiger, der im Inland keine Gegenstände liefert oder Dienstleistungen erbringt,

a) bei der … zuständigen Behörde … einen Antrag stellen …“

Rz. 7

Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 1 letzter Satz der Achten Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Der Antrag ist spätestens sechs Monate nach Ende des Kalenderjahres, in dem die Steuer fällig geworden ist, an die … zuständige Behörde zu stellen.“

Rz. 8

In Anhang C Hinweis B...

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