Entscheidungsstichwort (Thema)

Verweigerung einer Steuergutschrift, die eine gebietsansässige Gesellschaft für eine Dividendenausschüttung einer anderen gebietsansässigen Gesellschaft erhält, gegenüber einer gebietsfremden Gesellschaft EG-rechtlich nicht unzulässig

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es verstößt nicht gegen die Artikel 43 EG und 56 EG, wenn ein Mitgliedstaat bei einer Dividendenausschüttung durch eine gebietsansässige Gesellschaft den diese Dividenden beziehenden Gesellschaften, die ebenfalls in diesem Staat ansässig sind, eine Steuergutschrift gewährt, die dem Steuerteilbetrag entspricht, den die ausschüttende Gesellschaft für die ausgeschütteten Gewinne entrichtet hat, eine solche Steuergutschrift aber den Dividenden beziehenden Gesellschaften, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind und hinsichtlich dieser Dividenden im erstgenannten Staat nicht der Steuer unterliegen, versagt.

2. Es verstößt nicht gegen die Artikel 43 EG und 56 EG, wenn ein Mitgliedstaat den Anspruch auf eine Steuergutschrift, der in einem Doppelbesteuerungsabkommen mit einem anderen Mitgliedstaat für im letztgenannten Mitgliedstaat ansässige Gesellschaften, die Dividenden von einer im erstgenannten Staat ansässigen Gesellschaft beziehen, vorgesehen ist, nicht auf Gesellschaften erstreckt, die in einem dritten Mitgliedstaat ansässig sind, mit dem er ein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen hat, das für die in diesem dritten Staat ansässigen Gesellschaften keinen solchen Anspruch vorsieht.

 

Normenkette

EGVtr Art. 43, 56

 

Beteiligte

Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation

Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation

Commissioners of Inland Revenue

 

Tatbestand

„Niederlassungsfreiheit ‐ Freier Kapitalverkehr ‐ Körperschaftsteuer ‐ Dividendenausschüttung ‐ Steuergutschrift ‐ Unterschiedliche Behandlung gebietsansässiger und gebietsfremder Anteilseigner ‐ Bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen“

In der Rechtssache C-374/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 25. August 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 30. August 2004, in dem Verfahren

Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation

gegen

Commissioners of Inland Revenue

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Lenaerts (Berichterstatter), R. Schintgen und J. Klŭcka sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues, M. Ilešič, J. Malenovský und U. Lõhmus,

Generalanwalt: L. A. Geelhoed,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation, vertreten durch G. Aaronson und D. Milne, QC, sowie P. Farmer und D. Cavender, Barristers,

‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch E. O’Neill und C. Gibbs als Bevollmächtigte im Beistand von G. Barling, QC, sowie D. Ewart und J. Stratford, Barristers,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing und U. Forsthoff als Bevollmächtigte,

‐ der französischen Regierung, vertreten durch J. C. Gracia als Bevollmächtigten,

‐ Irlands, vertreten durch D. J. O’Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von A. M. Collins, SC, und G. Clohessy, BL,

‐ der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und M. De Grave als Bevollmächtigte,

‐ der finnischen Regierung, vertreten durch A. Guimaraes-Purokoski als Bevollmächtigte,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. Februar 2006

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 43 EG, 56 EG, 57 EG und 58 EG.

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Unternehmensgruppen und den Commissioners of Inland Revenue (Steuerverwaltung des Vereinigten Königreichs) wegen deren Weigerung, gebietsfremden Gesellschaften dieser Unternehmensgruppen eine Steuergutschrift für Dividenden zu gewähren, die gebietsansässige Gesellschaften an sie ausgeschüttet haben.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3

Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 225, S. 6) bestimmt:

„Bezieht eine Muttergesellschaft als Teilhaberin ihrer Tochtergesellschaft Gewinne, die nicht anlässlich der Liquidation der Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, so

‐ besteuert der Staat der Muttergesellschaft diese Gewinne entweder nicht oder

‐ lässt er im Fall einer Besteuerung zu, dass die Gesellschaft auf die Steuer den Steuerteilbetrag, den die Toch...

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