Leitsatz

Einer grundstücksverwaltenden, nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegenden Gesellschaft ist die sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht deshalb zu verwehren, weil sie an einer rein grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt ist.

 

Normenkette

§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO

 

Sachverhalt

Die Geschäftstätigkeit der klagenden GmbH & Co. KG beschränkte sich auf das Halten einer Beteiligung an einer GbR, deren Vermögen ausschließlich aus Immobilen bestand. In den Streitjahren bezog die KG neben ihren Anteilen am Gewinn der GbR lediglich geringfügige Zinseinnahmen.

Das FA versagte der KG die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, weil das Halten der Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft nicht nach dieser Vorschrift begünstigt sei. Ebenso wie das FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6.5.2014, 6 K 6322/13, Haufe-Index 6805773, EFG 2014, 1420) war der für die Revision des FA zuständige IV. Senat des BFH der Meinung, die erweiterte Kürzung sei zu gewähren, denn der Grundbesitz sei steuerrechtlich der KG und nicht der GbR zuzurechnen. Weil er damit von einem Urteil des I. Senats des BFH abgewichen wäre (BFH, Urteil vom 19.10.2010, I R 67/09, BStBl II 2011, 367, BFH/NV 2011, 703, BFH/PR 2011, 183) und der I. Senat an seinem Urteil weiter festhalten wollte, rief der IV. Senat den Großen Senat des BFH an (BFH, Beschluss vom 21.7.2016, IV R 26/14, BStBl II 2017, 202, BFH/NV 2016, 1844, BFH/PR 2017, 26).

 

Entscheidung

Der Große Senat des BFH schloss sich der Auffassung des vorlegenden Senats an. Systematik, Zweck und Gesetzgebungshistorie sprächen übereinstimmend dafür, den Tatbestand eigenen Grundbesitzes i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht abweichend vom Grundtatbestand der gewerbesteuerrechtlichen Kürzung allein nach rein zivilrechtlichen, sondern in Übereinstimmung mit dem Grundtatbestand des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen auszulegen.

 

Hinweis

1. Mit der Entscheidung korrigiert der Große Senat eine Rechtsprechungswende des I. Senats des BFH zum Nachteil von Holding-Gesellschaften mit Beteiligungen an rein vermögensverwaltenden Tochterpersonengesellschaften und gewährt auch diesen wieder gewerbesteuerrechtlich die sog. erweiterte Kürzung.

Unternehmen, die nur eigenen Grundbesitz verwalten und allein ihrer Rechtsform wegen der GewSt unterliegen, werden durch die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Höhe der gesamten Erträge aus der Grundstücksverwaltung im Ergebnis von der GewSt vollständig freigestellt. Der Streit vor dem Großen Senat des BFH betraf die Frage, ob der Begriff "eigener Grundbesitz" i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zivilrechtliches Eigentum voraussetzt, wie der I. Senat des BFH meinte, oder ob es auf die steuerrechtliche Zurechnung des Grundbesitzes ankommt. Der Große Senat folgte der Meinung des vorlegenden Senats, dass die steuerrechtliche Zurechnung entscheidend sei.

2. Wann zivilrechtliches Eigentum und steuerrechtliche Zuordnung auseinanderfallen, ergibt sich aus § 39 Abs. 2 AO. Ein Anwendungsfall ist die für rein vermögensverwaltende Personengesellschaften geltende sog. Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO. Eine solche Gesellschaft wird auch als Zebragesellschaft bezeichnet, weil sie selbst vermögensverwaltende Einkünfte erwirtschaftet, ein gewerblicher Gesellschafter aber gewerbliche Einkünfte aus der Beteiligung bezieht. Alle Wirtschaftsgüter einer solchen Personengesellschaft und damit auch deren Grundstücke werden den Gesellschaftern nach Bruchteilen zugerechnet und erfüllen für gewerblich beteiligte Gesellschafter dann die Voraussetzungen "eigenen" Grundbesitzes.

3. Hält eine Personen- oder Kapitalgesellschaft Anteile an einer solchen Gesellschaft, die ihrerseits ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet, kommt der Obergesellschaft die erweiterte Kürzung zugute, wenn diese auch die weiteren Voraussetzungen der erweiterten Kürzung erfüllt. Das ­Halten der Beteiligung an der vermögensverwaltenden Zebragesellschaft ist in diesem Zusammenhang keine schädliche Tätigkeit, wie der Große Senat ausdrücklich klargestellt hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 25.9.2018 – GrS 2/16

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