Leitsatz

Bei der Ermittlung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist für Werbungskosten der Arbeitnehmer-Pauschbetrag abzuziehen, wenn nicht tatsächlich entstandene höhere Werbungskosten nachgewiesen werden. Werden innerhalb eines Veranlagungszeitraums neben inländischen Einkünften auch ausländische Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) unter Progressionsvorbehalt von der Einkommensteuer freizustellen sind, so ist bislang nicht geklärt, inwieweit der Arbeitnehmer-Pauschbetrag oder tatsächlich entstandene Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Nach Ansicht des FG Rheinland-Pfalz ist bei der Einkunftsermittlung der Arbeitnehmer-Pauschbetrag in voller Höhe von den inländischen Einnahmen abzuziehen, wenn die tatsächlichen inländischen Werbungskosten niedriger sind. Getrennt davon seien bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte für die Anwendung des Progressionsvorbehalts die tatsächlich entstandenen ausländischen Werbungskosten in voller Höhe von den ausländischen Einnahmen abzuziehen.

 

Sachverhalt

Die unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmerin erzielte im Veranlagungszeitraum Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Inland und im Ausland. Ihr entstanden Werbungskosten, die für die inländischen Einnahmen unterhalb des Arbeitnehmer-Pauschbetrags lagen und für die ausländischen Einnahmen darüber. Die im Ausland erzielten Einkünfte waren in Deutschland nach einem DBA unter Progressionsvorbehalt von der Steuer freizustellen. Das Finanzamt ermittelte die inländischen Einkünfte, indem es von den Einnahmen den Arbeitnehmer-Pauschbetrag in voller Höhe abzog, da die tatsächlichen Werbungskosten geringer waren. Die im Rahmen des Progressionsvorbehalts für die Festsetzung des besonderen Steuersatzes zu berücksichtigenden ausländischen Einkünfte ermittelte das Finanzamt, indem es von den ausländischen Einnahmen nur diejenigen insgesamt entstandenen Werbungskosten abzog, die den Arbeitnehmer-Pauschbetrag überstiegen. Die Steuerpflichtige wollte die für die ausländischen Einnahmen entstandenen Werbungskosten jedoch in voller Höhe berücksichtigt wissen.

 

Entscheidung

Das FG hat der Steuerpflichtigen Recht gegeben. Die Einkunftsermittlung und die Ermittlung der ausländischen Einkünfte für die Festsetzung des besonderen Steuersatzes seien in einer "zweistufigen Veranlagung" voneinander getrennt durchzuführen. Auf der ersten Stufe, der Einkunftsermittlung, seien die inländischen Einkünfte nach allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln. Das Finanzamt habe daher zu Recht den Arbeitnehmer-Pauschbetrag in voller Höhe von den inländischen Einnahmen abgezogen. Auf der zweiten Stufe seien die ausländischen Einkünfte zu ermitteln, die für die Festsetzung des besonderen Steuersatzes zu berücksichtigen seien. Diese seien ebenfalls nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln, also durch Abzug der mit den ausländischen Einnahmen zusammenhängenden Werbungskosten von den Einnahmen. Für die getrennte Ermittlung der Einkünfte auf beiden Stufen spreche der Wortlaut des § 32b Abs. 2 S. 2 EStG in der seit 1996 geltenden Fassung, nach dem das zu versteuernde Einkommen für die Steuersatzermittlung zu vermehren oder zu vermindern sei um die nach dem DBA steuerfreien Einkünfte. Dies stelle einen Unterschied zu der bis 1995 geltenden Fassung der Vorschrift dar, nach der die ausländischen Einkünfte bei der Einkommensteuerberechnung einzubeziehen gewesen seien. Der Gesetzgeber habe durch die Änderung eine Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens erreichen wollen und dabei bewusst in Kauf genommen, dass es in Fällen wie dem vorliegenden möglicherweise zu einer zusätzlichen Berücksichtigung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags kommen könne. Eine Kürzung der ausländischen Werbungskosten sei nicht vorgesehen. Auch sei der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nicht aufzuteilen, da sich dies mit dem Gesetzeswortlaut nicht begründen ließe und es auch dem Gedanken der Vereinfachung der Besteuerung widersprechen würde.

 

Hinweis

Das FG Rheinland-Pfalz folgt mit seiner Entscheidung einer Entscheidung des FG Berlin aus dem Jahr 2000 (FG Berlin, Urteil v. 27.01.2000, 7 K 7423/99, EFG 2000 S. 495). Höchstrichterlich ist die Problematik jedoch noch nicht entschieden. Einigkeit scheint zu herrschen hinsichtlich des Abzugs des Arbeitnehmer-Pauschbetrags allein von den inländischen Einnahmen, in beiden Fällen gingen auch die Finanzämter entsprechend vor. Kritisch ist jedoch der von den Finanzgerichten vertretene ungekürzte Abzug der ausländischen Werbungskosten von den ausländischen Einnahmen, auch wenn gute Gründe hierfür genannt werden. Hier vertritt die Finanzverwaltung eine andere Auffassung, folglich wurde in dem vorliegenden Fall auch Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH I B 216/02). Die für den Steuerpflichtigen positiven Entscheidungen der Finanzgerichte können daher zwar durchaus als Grundlage für entsprechende Rechtsmittel dienen, bis zu einer Klärung durch den Bundesfinanzhof wird die Rechtslage aber wohl unsiche...

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