Leitsatz

Zur Vermögensverwaltung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 68 Nr. 9 AO gehören nur solche Beteiligungsveräußerungen, die mangels einer unternehmerischen (wirtschaftlichen) Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht steuerbar sind. Die Veräußerung der Beteiligung an einer Gesellschaft, an die der Gesellschafter zuvor entgeltliche Leistungen im Rahmen seines Unternehmens erbracht hat, erfolgt daher nicht im Rahmen der Vermögensverwaltung.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG, § 64 Abs. 1, § 68 Nr. 9 AO, Art. 12 Abs. 3 Buchst. a, Anh. H Nr. 14 6. EG-RL (= RL 388/77/EWG)

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine gemeinnützige GmbH, ist Rechtsnachfolgerin der auf sie verschmolzenen gemeinnützigen G-GmbH. Die G-GmbH war im Bereich der Auftragsforschung tätig. In den Jahren 2002 bis 2005 war die G-GmbH Alleingesellschafterin der H-GmbH, die ihrerseits Alleingesellschafterin der X-GmbH und der Y-GmbH war. Die G-GmbH vereinnahmte von der H-GmbH Beteiligungserträge und Mieteinnahmen.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die Leistungen der G-GmbH im Bereich der Auftragsforschung nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterlägen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Mit Zwischenurteil gemäß § 99 Abs. 2 FGO entschied das Finanzgericht, dass im Rahmen des § 68 Nr. 9 AO zu den schädlichen Einnahmen nur die entsprechenden Nettozuflüsse zählten, nicht aber auch die auf sie entfallende Umsatzsteuer, und dass zu der im Rahmen des § 68 Nr. 9 AO unschädlichen Vermögensverwaltung nicht auch die Einnahmen (Beteiligungserträge und Mieteinnahmen) zählten, die die G-GmbH in den Jahren 2002 bis 2005 von der H-GmbH erhalten habe. Aufgrund einer Betriebsaufspaltung entstammten die der G-GmbH von der H-GmbH zugeflossenen Einnahmen (Beteiligungserträge und Mieteinnahmen) nicht dem Bereich der im Rahmen des § 68 Nr. 9 Satz 1 AO unschädlichen Vermögensverwaltung, sondern seien gewerblicher Art gewesen. Die für die Betriebsaufspaltung erforderliche sachliche Verflechtung habe sich aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks samt aufstehenden Gebäuden durch die G-GmbH an die H-GmbH ergeben.

Der BFH hob mit Urteil vom 10.5.2017, V R 43/14, V R 7/15 (BFHE 257, 478) das Urteil des FG insoweit auf, als es Beteiligungserträge vom Begriff der Vermögensverwaltung in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 68 Nr. 9 AO ausgenommen hatte.

Im Anschluss hieran blieb streitig, ob der im Streitjahr 2004 durch die G-GmbH vereinnahmte Veräußerungserlös aus dem Verkauf der Beteiligung an der H-GmbH am 8.6.2004 zur Versagung der Zweckbetriebseigenschaft i.S.d. § 68 Nr. 9 AO geführt habe. Ausgehend von einer Dreijahresbetrachtung berechnete das Finanzamt die Finanzierungsgrenzen für die Jahre 2002 bis 2005 neu und ordnete den Erlös aus der Beteiligungsveräußerung in Höhe von 1.713.000 EUR dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu, da die Beteiligung zum unternehmerischen Bereich gezählt habe. Aufgrund der Dreijahresbetrachtung ging es davon aus, dass die überwiegende Finanzierung aus Zuwendungen und Vermögensverwaltung für die Jahre 2002 und 2003 zu bejahen sei, und erließ später Abhilfebescheide für diese Jahre. Demgegenüber verneinte es die überwiegende Finanzierung aus Zuwendungen und Vermögensverwaltung für die verbleibenden Streitjahre 2004 und 2005, indem es eine unschädliche Finanzierungsquote von nur 41,42 % und 43,2 % errechnete.

Das FG (Sächsisches FG, Urteil vom 14.1.2020, 3 K 492/13, Haufe-Index 13888414) verneinte ebenso die überwiegende Finanzierung aus Zuwendungen und Vermögensverwaltung in seinem zu den Streitjahren 2004 und 2005 ergangenen Urteil.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Die Frage nach der zeitlichen Bestimmung der Finanzierungsgrenzen erwies sich dabei als nicht entscheidungserheblich.

 

Hinweis

1.§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG ermäßigt den Steuersatz für die Leistungen der nach §§ 51ff. AO steuerbegünstigten Körperschaften. Dies gilt gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. § 64 Abs. 1 AO für die Leistungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nur, wenn es sich bei diesem um einen Zweckbetrieb handelt. Unabhängig von den Bedingungen der allgemeinen Definition in § 65 AO sind auch "Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen" Zweckbetriebe unter den Voraussetzungen von § 68 Nr. 9 AO. Dies gilt für "Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanziert."

Eine unionsrechtliche Grundlage für diese Steuersatzermäßigung besteht nicht. Dies führt zu einer einschränkenden Auslegung der Begriffe, die eine Steuersatzermäßigung über den unionsrechtlich zulässigen Rahmen hinaus ermöglichen (BFH, Urteil vom 10.8.2016, V R 11/15, BStBl II 2018, 113).

2. Auf dieser Grundlage geht der BFH davon aus, dass die Vermögensverwaltung i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 68 Nr. 9 AO nur nichtunternehmerische (n...

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