Leitsatz

1. Beruht der (teilweise) Leerstand eines Gebäudes auf der Entscheidung des Steuerpflichtigen, die darin befindlichen Wohnungen zunächst nicht zur Vermietung anzubieten und vor einer Neuvermietung grundlegend zu renovieren oder zu sanieren, hat der Steuerpflichtige grundsätzlich den Leerstand zu vertreten.

2. Etwas anderes gilt, wenn der sanierungsbedingte Leerstand ein Gebäude betrifft, das in einem städtebaulichen Sanierungsgebiet belegen ist. Der Steuerpflichtige kann sich dann der zweckmäßigen und zügigen Durchführung der zur Erfüllung des Sanierungszwecks erforderlichen Baumaßnahmen nicht entziehen und hat den durch die Sanierung entstehenden Leerstand auch dann nicht zu vertreten, wenn er die Entscheidung über den Zeitpunkt der Sanierung getroffen hat.

 

Normenkette

Normenkette: § 33 GrStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit einem Mietshaus bebauten Grundstücks, das sich innerhalb eines städtebaulichen Sanierungsgebietes befindet. Das Gebäude wurde von der Klägerin im Jahr 2000 erworben und bis Ende 2004 grundlegend instand gesetzt und modernisiert. Mit Einheitswertbescheid auf den 1.1.2001 wurde das Grundstück der Klägerin zugerechnet und der auf den 1.1.1935 festgestellte Einheitswert nachrichtlich mitgeteilt.

Die Klägerin beantragte aufgrund einer Minderung des Rohertrags infolge teilweisen Leerstands des Gebäudes während der Sanierungsmaßnahmen den teilweisen Erlass der Grundsteuer für 2003 und 2004. Diese Anträge lehnte das FA ab.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des FG habe die Klägerin den Leerstand zu vertreten. Auch dürfte der Erlass deshalb nicht gerechtfertigt sein, weil eine Fortschreibung des Einheitswerts in Betracht gekommen wäre (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.6.2011, 3 K 3074/06 B, Haufe-Index 3591016, EFG 2013, 547).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Dieses muss feststellen, ob der Leerstand tatsächlich auf den städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen beruhte. Ferner müssen Feststellungen dazu getroffen werden, ob eine Ertragsminderung deshalb gemäß § 33 Abs. 5 GrStG als Erlassgrund ausscheidet, weil sie durch Wertfortschreibung berücksichtigt werden kann. Allerdings rechtfertigt der vorübergehende Leerstand eines Gebäudes oder Gebäudeteils wegen Umbau- und Renovierungsarbeiten keine Wertfortschreibung nach unten.

 

Hinweis

Die Grundsteuer wird bei bebauten Grundstücken teilweise erlassen, wenn der normale Rohertrag um mehr als 20 % (bis 2007) bzw. 50 % (ab 2008) gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat. Die vorliegende Entscheidung präzisiert die Anforderungen, unter denen ein Steuerpflichtiger eine wesentliche Ertragsminderung bei einem sanierungsbedingten Gebäudeleerstand zu vertreten hat.

1. Grundsätzlich hat ein Steuerpflichtiger eine Ertragsminderung nicht zu vertreten, wenn sie auf außerhalb seines Einflussbereichs liegenden Ursachen beruht. Der Steuerpflichtige darf also die Ertragsminderung nicht durch ein ihm zurechenbares Verhalten herbeigeführt haben und ihren Eintritt auch nicht durch geeignete und ihm zumutbare Maßnahmen hat verhindern können.

2. Eine durch Leerstand bedingte Ertragsminderung hat der Steuerpflichtige nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat. Das gilt jedoch nicht, wenn ein (teilweiser) Leerstand auf der Entscheidung des Steuerpflichtigen beruht, das Mietobjekt vor einer Neuvermietung zunächst grundlegend zu renovieren bzw. zu sanieren. Derartige Umstände liegen allein im Einflussbereich des Steuerpflichtigen.

3. Andere Grundsätze gelten hingegen, wenn der sanierungsbedingte Leerstand ein in einem städtebaulichen Sanierungsgebiet (§§ 136ff. BauGB) belegenes Gebäude betrifft. Bei einem solchen Gebäude kann sich der Steuerpflichtige der für den Sanierungszweck erforderlichen Baumaßnahmen letztlich nicht entziehen, zumal eine Gemeinde Sanierungsmaßnahmen auch hoheitlich durchsetzen kann. Der Steuerpflichtige hat daher den auf der städtebaulichen Sanierung beruhenden Leerstand nicht zu vertreten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.12.2014 – II R 41/12

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