Leitsatz

1. Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG kann auch für Erd- und Pflanzarbeiten im Garten eines selbst bewohnten Hauses zu gewähren sein.

2. Insoweit ist ohne Belang, ob der Garten neu angelegt oder ein naturbelassener Garten umgestaltet wird.

 

Normenkette

§ 35a Abs. 2 Sätze 1, 2 EStG

 

Sachverhalt

K, Eigentümer eines 2003 fertiggestellten selbst genutzten Wohnhauses, ließ 2006 durch einen Handwerksbetrieb umfangreiche Erd- und Pflanzarbeiten im Garten ausführen (Arbeitskosten 3.177 EUR). Weiter ließ er auch eine Stützmauer zum Nachbargrundstück errichten (Arbeitskosten 4.457 EUR). K machte für die Erd- und Pflanzarbeiten (3.177 EUR) eine Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen (§ 35a Abs. 2 S. 1 EStG) und für die Stützmauer (4.457 EUR) eine Ermäßigung für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsleistungen (§ 35a Abs. 2 S. 2 EStG) geltend. Das FA gewährte die Steuerermäßigung nicht. Das FG wies die Klage ab, weil hier etwas Neues, ein Garten, angelegt worden sei, was über die allein begünstigten Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsleistungen hinausgehe (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1.7.2010, 4 K 2708/07, HI2370889, EFG 2010, 1700).

 

Entscheidung

Der BFH gab aus den unter den Praxis-Hinweisen erläuterten Erwägungen der Klage teilweise statt. Er gewährte für die Erd- und Pflanzarbeiten sowie für die Errichtung der Stützmauer in den Grenzen des Höchstbetrags von 600 EUR die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen (§ 35a Abs. 2 Satz 2 EStG).

 

Hinweis

Im Streitfall ging es um 2 Fragen, nämlich (1.) ob die von einem Handwerksbetrieb erbrachte Leistung (Erd- und Pflanzarbeiten) noch als haushaltsnahe Dienstleistung i.S.d. § 35a Abs. 2 S. 1 EStG zu qualifizieren ist sowie (2.) ob die Neuerrichtung einer Mauer – in Anlehnung an die Differenzierung zwischen Herstellungs- und Erhaltungsaufwand – von vornherein nicht dem Steuerermäßigungstatbestand unterfällt.

1. Die erste Frage beantwortete der LSt-Senat unter Rückgriff auf seine jüngste Rechtsprechung zu § 35a EStG (BFH, Urteil vom 6.5.2010, VI R 4/09, BFH/NV 2010, 1899, BFH/PR 2010, 430). Danach werden seit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von ­Wachstum und Beschäftigung (FördWachsG) vom 26.4.2006 (BGBl I 2006, 1091, BStBl I 2006, 350) durch § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG sämtliche handwerkliche Tätigkeiten erfasst. Dazu zählen auch einfache handwerkliche Verrichtungen, die bisher als haushaltsnahe Dienstleistungen galten, also auch die hier streitigen Erd- und Pflanzarbeiten im Garten, weil sie über die übliche hauswirtschaftlich geprägte Pflege des Gartens hinausgehen; also schied hier eine Begünstigung als haushaltsnahe Dienstleistung aus.

2. Die zweite Frage beantwortete der BFH abweichend von der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 15.2.2010, BStBl I 2010, 140) und der überwiegenden Kommentarliteratur. Danach sollte der Fördertatbestand des § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG dann nicht greifen, wenn etwas Neues, etwa der Ausbau eines Dachbodens zur Wohnung oder der Anbau einer Garage hergestellt wurde. Dem folgte der BFH aber nicht. Merke:§ 35a Abs. 2 Satz 2 EStG begünstigt Instandsetzungsmaßnahmen unabhängig davon, ob diese Erhaltungs- oder Herstellungsaufwand darstellen. Die Grenze liegt nicht in den Tatbestandsmerkmalen "Renovierungs-, Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen", sondern im Tatbestandsmerkmal "im Haushalt". Begünstigt sind nur solche Handwerkerleistungen, die im räumlichen Bereich eines vorhandenen Haushalts erbracht werden. In Abgrenzung dazu sind Handwerkerleistungen, welche die Vorstufe, nämlich die Errichtung eines Haushalts, also einen Neubau, betreffen, von der Steuerermäßigung nicht erfasst. Der BFH stützt sich für diese Auffassung zum einen auf den Wortlaut der Norm, der ausdrücklich Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten einbezieht, obwohl solche Arbeiten auch Herstellungskosten begründen können, zum andern auf den Subventionszweck, nämlich Wachstum und Beschäftigung zu fördern (BT-Drucks. 16/643; 16/753), der naturgemäß in besonderer Weise auch durch Herstellung von Neuem erreicht wird. Die fiskalischen Auswirkungen bleiben angesichts der betragsmäßigen Begrenzung (im Streitjahr 600 EUR, gegenwärtig 1.200 EUR) dennoch überschaubar.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.7.2011 – VI R 61/10

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