Zu den Nachlassverbindlichkeiten zählen insbesondere die Schulden des Erblassers und die durch den Sterbefall entstandenen Kosten. Das sind die aus Rechtsgründen bestehenden Erblasserschulden. Darunter fallen alle vertraglichen, außervertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen, die in der Person des Erblassers begründet worden und mit seinem Tod nicht erloschen sind bzw. kraft § 10 Abs. 3 ErbStG als nicht erloschen gelten.[1] Handelt es sich um öffentlich-rechtliche Pflichten, z. B. zur Beseitigung von Mängeln an geerbten Gebäuden, stellen diese nur dann Erblasserschulden dar, wenn bereits eine entsprechende rechtsverbindliche, behördliche Anordnung gegen den Erblasser erlassen worden war.

Nachlassverbindlichkeiten sind auch wiederkehrende Leistungen. Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen sind grundsätzlich mit dem Kapitalwert anzusetzen.

Dies erfolgt nach der Formel: Jahreswert × Vervielfältiger.

 
Praxis-Beispiel

Berechnung des Kapitalwerts einer wiederkehrenden Leistung (Nießbrauch)

Der Cousin C vermacht seiner Cousine CO im Wege des Vermächtnisses am 25.1.2024 den lebenslangen Nießbrauch an einem nicht zu Wohnzwecken vermieteten Grundstück. Die Cousine ist im Zeitpunkt der Schenkung 34 Jahre. Für das Grundstück ist ein Grundbesitzwert i. H. v. 354.100 EUR festgestellt worden. Der tatsächliche Jahreswert für den Nießbrauch beträgt 21.400 EUR. C hat seine Schwester S zur Alleinerbin eingesetzt.

Die Nießbrauchsverpflichtung stellt eine Nachlassverbindlichkeit für S dar. Diese ist mit dem Kapitalwert anzusetzen.

Dabei berechnet sich der Kapitalwert für die Nießbrauchsverbindlichkeit in 3 Schritten:

1. Ermittlung des Jahreswerts

Es ermittelt sich ein Jahreswert unter Berücksichtigung der Begrenzung nach § 16 BewG i. H. v. 19.038 EUR (354.100 EUR/18,6). Der tatsächliche Jahreswert i. H. v. 21.400 EUR ist größer und findet somit keine Anwendung.

2. Ermittlung des Vervielfältigers

Das Alter der nießbrauchsberechtigten Person (Cousine CO) beträgt 34 Jahre. Es ergibt sich ein Vervielfältiger von 17,379.[2]

3. Berechnung des Kapitalwerts für das Nießbrauchsrecht

Jahreswert 19.038 EUR × Vervielfältiger 17,379 ergibt einen Kapitalwert für die Nießbrauchsverpflichtung i. H. v. 330.862 EUR.

Zur Abzugsfähigkeit von Schulden und Lasten gilt Folgendes:

  • Nicht abzugsfähig sind Schulden und Lasten, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die nicht der Besteuerung nach dem Erbschaftsteuergesetz unterliegen (z. B. bei Grundbesitz, der der Denkmalspflege unterstellt ist; vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 2b ErbStG).
  • Weiterhin nicht abzugsfähig ist die eigene Erbschaftsteuer des Erwerbers. Ferner auch die verjährten Pflichtteilsansprüche.
  • Beschränkt sich die Besteuerung auf einzelne Vermögensgegenstände (bei der beschränkten Steuerpflicht), sind nur die damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten abzugsfähig. Um den vollen Abzug zu erreichen, besteht seit 2012 die Möglichkeit zur unbeschränkten Steuerpflicht zu optieren.
  • Schulden und Lasten, die mit teilweise befreiten Vermögensgegenständen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem steuerpflichtigen Teil entspricht. Dies gilt z. B. bei Anwendung des 10 %igen Verschonungsabschlags nach § 13d ErbStG (s. "Anlage Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke").
  • Schulden und Lasten, die mit dem nach § 13a ErbStG und § 13c ErbStG befreiten Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung des § 13a ErbStG und § 13c ErbStG anzusetzenden Werts dieses Vermögens zu dem Wert vor Anwendung des § 13a ErbStG und § 13c ErbStG entspricht. Hierunter fällt insbesondere der Übergang von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Ist das nach § 13a ErbStG begünstigte Vermögen in vollem Umfang von der Steuer befreit, ist kein Abzug vorzunehmen. Letzteres ist dann der Fall, wenn die Optionsverschonung (100 %ige Verschonungsabschlag) gewählt wird.

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang von Schulden (Lasten) mit Vermögensgegenständen i. S. d. § 10 Abs. 6 ErbStG setzt voraus, dass die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die diesen Vermögensgegenstand betreffen und die Schuld den Vermögensgegenstand wirtschaftlich belastet. Dieser Zusammenhang ist insbesondere dann zu bejahen, wenn die Schuld zum Erwerb, zur Sicherung oder zur Erhaltung des jeweiligen Vermögens eingegangen worden ist. Dagegen reicht es nicht aus, wenn lediglich ein rechtlicher Zusammenhang zwischen der Schuld und dem begünstigten Vermögen besteht.

 
Wichtig

Wirtschaftlicher Zusammenhang

Der wirtschaftliche Zusammenhang mit dem Vermögensgegenstand muss beim Erbfall bereits bestanden haben; er wird durch die Gesamtrechtsnachfolge nicht herbeigeführt, wenn er beim Erblasser nicht bestanden hat.[3]

Bei allgemeinen Nachlassverbindlichkeiten besteht kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einzelnen erworbenen Vermögensgegenständen.

Zu den allgemeinen Nachlassv...

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